Die Würfel Gottes
ein paar Jahre später sein Direktor. Als David Gupta interviewte, war es ein echtes Problem gewesen, ihn beim Thema Einstein zu halten. Alles, worüber er reden wollte, waren Roboter.
David überflog mindestens hundert Suchergebnisse, bevor er hinreichend beruhigt war, dass es keine schrecklichen Neuigkeiten über Gupta gab. Aber ein großer Trost war es nicht. Er konnte schon tot sein, und es hatte nur noch niemand seine Leiche gefunden.
Während er auf den Bildschirm des Laptops starrte, kam Keith mit zwei Bechern Kaffee zum Tisch zurück. Er gab David einen. »Hier bitte«, sagte er. »Wollen Sie Milch oder Zucker haben?«
David nahm den Becher dankbar entgegen. Seine grauen Zellen schrien förmlich nach Koffein. »Nein, nein, schwarz ist prima. Vielen Dank.«
Keith reichte Monique den anderen Becher. »Hör mal, Mo, ich geh dann nach oben. Ich muss morgen früh um acht in der Werkstatt sein.« Er legte ihr die Hand auf die Schulter und beugte sich zu ihr hinüber, sodass sein Gesicht neben ihrem war. »Ist das in deinem Sinn?«
Sie drückte seine Hand und lächelte. »Ja, das geht völlig in Ordnung. Hol dir eine Mütze Schlaf, Baby.« Sie küsste ihn auf die Wange und gab ihm einen Klaps auf den Po, als er abzog.
David musterte ihr Gesicht, während er seinen Kaffee schluckte. Man konnte darin lesen wie in einem Buch. Sie hatte den Burschen offenbar gern. Und obwohl Monique zwanzig Jahre älter war als ihr Freund, sah sie in diesem Augenblick genauso jung aus wie er. Ihr Gesicht hatte sich seit dem letzten Mal, als David sie auf der Couch in ihrem winzigen Studentenapartment gesehen hatte, kaum verändert.
Nach ein paar Sekunden bemerkte Monique, dass er sie
anstarrte. Verlegen hob David den Becher Kaffee an seine Lippen und trank die Hälfte in großen Schlucken, die ihm heiß die Kehle hinunterliefen. Dann stellte er ihn auf dem Tisch ab und wandte sich wieder dem Laptop zu. Es gab noch einen Namen, den er überprüfen musste. Er tippte Alastair MacDonald in die Suchmaschine.
MacDonald war der Unglücksrabe unter Einsteins Assistenten. 1958 erlitt er einen Nervenzusammenbruch und musste das Institute for Advanced Study verlassen. Er ging nach Hause zu seiner Familie in Schottland, aber er wurde nie wieder richtig gesund; er fing an, sich unberechenbar zu benehmen, schrie Passanten auf den Straßen von Glasgow an. Ein paar Jahre später griff er einen Polizisten an, und seine Familie ließ ihn in eine psychiatrische Klinik einweisen. David besuchte ihn dort im Jahr 1995, und obwohl MacDonald ihm die Hand schüttelte und sich zu einem Gespräch hinsetzte, antwortete er nicht auf Davids Fragen über seine Arbeit mit Einstein. Er saß einfach da und starrte ins Leere.
Eine lange Liste mit Ergebnissen erschien auf dem Bildschirm, aber bei näherer Betrachtung stellte sich heraus, dass es sich um andere Personen handelte – Alastair MacDonald, der schottische Volkssänger, Alastair MacDonald, der australische Politiker und so weiter. Keine Spur von Alastair MacDonald, dem Physiker.
Monique stand auf und schaute ihm über die Schulter. »Alastair MacDonald? Wer ist das?«
»Noch einer von Einsteins Assistenten. Er ist quasi vom Erdboden verschwunden, und deshalb ist es schwer, irgendwelche Informationen über ihn zu finden.«
Sie nickte. »Ach ja, du hast ihn in deinem Buch erwähnt. Er ist der Typ, der verrückt geworden ist, stimmt’s?«
David fühlte sich geschmeichelt. Sie hatte Auf den Schultern von Riesen ziemlich sorgfältig gelesen. Er ging zum Fensterbrett, griff sich Moniques Ausgabe seines Buchs und schlug
das Kapitel über MacDonald auf. Er fand den Namen der Anstalt, Holyrood Mental Institution, und tippte ihn direkt neben Alastair MacDonald in die Suchmaschine.
Nur ein Ergebnis tauchte auf, aber das war noch nicht lange her. David klickte auf die Web-Adresse, und einen Augenblick später erschien eine Seite aus der Online-Version des Glasgow Herald auf dem Bildschirm. Es war ein kurzer Artikel, der am 3. Juni erschienen war, vor neun Tagen erst.
UNTERSUCHUNG IN HOLYROOD
Das schottische Executive Health Department kündigte heute an, dass es eine Untersuchung eines Unfalls mit tödlichem Ausgang in der Holyrood Mental Institution veranlassen würde. Einer der Insassen, der einundachtzigjährige Alastair MacDonald, wurde Montag früh tot im Hydrotherapieraum der Anstalt aufgefunden. Angehörige des Departments gaben bekannt, MacDonald sei in einem der Therapiebecken ertrunken, nachdem
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