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Die Wundärztin

Die Wundärztin

Titel: Die Wundärztin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heidi Rehn
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letzten Winter. Das Leinen war jedoch an einigen Stellen angeknabbert, ein deutlicher Hinweis, dass die Mäuse und Ratten sich bereits an den Schätzen labten. Um den ungebetenen Gästen zu Leibe zu rücken, hatte Elsbeth mitten im Vorratskeller einen großen Kupferkessel aufgestellt, in den sie Öl geträufelt hatte. Um das Gefäß herum hatte sie reichlich Pottasche gestreut. Der Erfolg der Maßnahme ließ nicht lange auf sich warten. Gestern hatte sie die letzten toten Nager auf den Unrathaufen im Garten geworfen.
    Der Brei begann von jetzt auf gleich so heftig zu köcheln, dass die ersten Tropfen auf die Wand neben dem Herd spritzten. Elsbeth fluchte. Die weißgekalkte Wand hatte sie gestern erst mit unermüdlichem Schrubben vom Ruß befreit. Schon verzierten hässliche gelbe Schlieren den Putz. So gut es ging, wischte sie mit ihrer Schürze darüber.
    »Elsbeth!«, rief es mitten in ihre Gedanken hinein aus dem oberen Geschoss herunter. Eric! Nicht eben erfreut über die Störung, schlurfte sie in den viel zu großen Holzpantinen über die enge, ausgetretene Treppe in den ersten Stock.
    »Bin schon da«, murmelte sie, als sie die Tür zu dem schmalen Zimmer aufstieß. Seit ihrer Ankunft vor gut zwei Wochen lag Eric dort. An der gegenüberliegenden Schmalseite stand das Fenster zum Hof sperrangelweit offen. Ein süßlicher Geruch nach reifen Pflaumen wehte herein. Verloren irrte eine dicke Hummel in wellenförmigen Bewegungen durch die Luft, ängstlich brummend, bis sie den Weg nach draußen fand. Weil der Luftzug beim Öffnen der Tür zu stark wurde, eilte Elsbeth zum Fenster und schloss es.
    »Gibt es heute Mittag nichts zu essen?« Schwer atmend schob Eric sich in dem schmalen Bett auf und sah sie erwartungsvoll an. »Ist was passiert? Sonst steht Schlag zwölf die Suppe auf dem Tisch.«
    »Du hast wohl nichts anderes zu tun, als an dein Essen zu denken? Nicht so ungeduldig, gleich bring ich dir was.« Sie wollte wieder nach unten eilen, doch Eric hob die Hand, um sie zum Bleiben zu bewegen.
    »Fast könnte man meinen, du weichst mir mit Absicht aus.« Er suchte ihren Blick. Seine tiefblauen Augen versenkten sich in den ihren. Eine Hitzewelle flutete durch ihren Körper. Rasch senkte sie die Lider. Dass er diesen Zauber noch immer besaß! Schon damals in Freiburg hatte sie sich ihm schwer entziehen können. Umso schlimmer war es für sie gewesen, mit ansehen zu müssen, wie Magdalena sein Herz erobert hatte. Ausgerechnet die kleine, dürre, rothaarige Cousine, deren Reize sich auf ihre für Frauen so untypische Klugheit beschränkten! Ein Mann, der darauf hereinfiel, war doch eigentlich nichts für sie. Schon drängte sie auf die Tür zu.
    »Warum hast du es immer so eilig, von mir fortzukommen?« Eric richtete sich noch etwas höher im Bett auf. Die anstrengende Reise nach Würzburg hatte ihm arg zugesetzt. Noch immer konnte er kaum für längere Zeit das Bett verlassen, allzu rasch verließen ihn die Kräfte. »Habe ich etwas falsch gemacht? Dabei dachte ich, du hilfst mir aus ganz besonderem Antrieb.«
    Wie sie diese vermeintlich harmlose Fragerei hasste! Er wusste genauso gut wie sie, worauf das hinauslaufen würde.
    »Was meinst du damit?« In ihren Augenaufschlag legte sie alle Unschuld, deren sie fähig war. »Unten in der Küche gibt es genug zu tun. Luise hat es bislang nicht für wichtig erachtet, sich um den Haushalt zu kümmern.«
    »Dann brauchst du das jetzt auch nicht zu tun.« Einladend streckte Eric die Hand aus, damit sie sich zu ihm auf die Bettkante setzte. Züchtig achtete sie darauf, ihn nicht zu berühren.
    »Was ist nur los mit dir? Früher warst du nicht so scheu wie ein Reh.« Die schlanken Finger Erics berührten ihr Kinn und zwangen sie sanft, aber bestimmt, das Gesicht zu ihm zu wenden. Vorsichtig glitten die Fingerkuppen an ihrem Hals hinab, verharrten kurz in der Kuhle des Schlüsselbeins, strichen sanft über die Wölbung. Ihr Herz schlug schneller. Was hatte er vor? Hatte sie sich doch über seinen Zustand getäuscht? Anscheinend ging es ihm weitaus besser, als er sie durch sein Verharren im Bett glauben machte.
    Seine Hand wanderte weiter über ihren Busen, bis sie auf dem Schenkel zu liegen kam. Ihr Bein zitterte noch stärker. »Mehr als einmal hast du mir Avancen gemacht«, sprach Eric leise weiter. Obwohl sie den Drang spürte, diese freche Bemerkung mit einer Maulschelle zu quittieren, blieb sie sitzen.
    Schmeichelnd fuhr er fort: »Oder meinst du, das wäre mir

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