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Die Wundärztin

Die Wundärztin

Titel: Die Wundärztin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heidi Rehn
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Schlendrian wieder eingekehrt sein, noch bevor wir Köln erreicht haben. Schade für deinen Herrn, dass er dann wieder nur Bohnensuppe und Brei vorgesetzt bekommt.«
    »Dafür wird er nachts wieder mehr Ruhe finden und kann schlafen, statt dir zwischen die Beine zu greifen. Und ich muss mir dein Gestöhne und Geschrei nicht mehr länger anhören.«
    »Du bist nur neidisch, weil er nicht mehr zu dir in die Kammer schleicht.«
    »Vielleicht freue ich mich auch, dass ich endlich meine Ruhe habe vor dem geilen Bock?« Luise schob sich und den schweren Korb an ihr vorbei und verschwand in der Küche.
    Erleichtert atmete Elsbeth auf, als sich die Tür schloss. Luise hatte doch keine Ahnung, was es hieß, wenn Doktor Mattes unter ihre Decke kroch. Schwer vorstellbar, dass er das bei dieser grantigen Frau mit dem breiten Hintern versucht haben sollte. Ihr konnte es gleich sein. Sie freute sich jedenfalls daran, was sie des Nachts mit dem bei Tageslicht so unansehnlichen Männlein erlebte. Das tröstete sie etwas über die vergeudete Zeit in Würzburg hinweg.
    »Aua!« Im schummrigen Licht stolperte sie über etwas. Ein empörtes Fauchen verriet ihr, dass es sich um die getigerte Katze handelte, die Luise sich hielt. Flink huschte das Tier zwischen ihren Beinen hindurch. Kurz darauf vernahm Elsbeth ein Brabbeln aus dem vorderen Raum des Hauses. Carlotta! Wie hatte sie vergessen können, dass die Kleine sich dorthin verzogen hatte, als sie mit dem Wischen der Treppe begonnen hatte. Dass sie still und ruhig dort geblieben war, verhieß nichts Gutes. Ahnungsvoll eilte Elsbeth in das Zimmer, das Doktor Mattes als Wohn- und Empfangsraum galt. »Ach, du Schreck!« Entsetzt schlug sie die Hand vor den Mund.
    Carlotta hockte in dem spärlich möblierten Raum inmitten des sonnigen Lichtkegels vor dem Fenster und strahlte über ihr pausbäckiges Gesichtchen. Munter brabbelnd streckte sie zwei honigverschmierte Händchen in die Luft. Sie musste einen Honigtopf entdeckt und geöffnet haben. Der goldene Saft klebte überall in den rotblonden Locken, an den Armen und Beinen sowie an dem hellen Leinenhemdchen, das sie am Leib trug. Beim Näherkommen erschrak Elsbeth allerdings noch mehr: In den Topf hatte das Kind ein gutes Dutzend Golddukaten gesteckt. Wo hatte sie die her? Unwillkürlich tastete Elsbeth über ihre Hüften und ließ die Hand suchend über die Leiste gleiten. In der Kuhle dort verwahrte sie tagsüber das Säckchen mit dem Geld, das sie aus Seumes Truhe genommen hatte. Sicher vor fremden Blicken und langen Fingern, trug sie es auf Schritt und Tritt bei sich – nur nicht in diesem Moment!
    Also war es ihr Geld, das Carlotta quietschvergnügt in den Honigtopf eintauchte. Sie musste den Beutel stibitzt haben, den Elsbeth gewöhnlich morgens unter der Matratze herauszog und an den Gürtel band. Zum ersten Mal hatte sie das heute vergessen. Dass ihr das nicht früher aufgefallen war!
    »Komm her, du kleines Ferkel!« Verärgert nahm sie die Kleine vom Boden und trug sie in die Küche. Um das Geld würde sie sich später kümmern. Solange Doktor Mattes oben in seiner Studierstube und die bucklige Luise in der Küche hockte, bestand keine Gefahr. Eric war noch zu schwach, um ohne Hilfe aus der Kammer im ersten Stock hinunterzukommen.
    »Hier steht es schwarz auf weiß«, sagte Luise, als Elsbeth mit Carlotta auf dem Arm die Küche betrat. Längst trug die Wirtschafterin eine Brille auf der Nase und saß, ohne den Gemüsekorb ausgeräumt oder gar die Mittagssuppe aufgesetzt zu haben, mit einem der Zeitungsblätter am Küchentisch. Stattdessen studierte sie eifrig einen Artikel. »Wrangels schwedisches Heer ist mitsamt seinen hessischen Verbündeten nach Bayern gezogen. Der Nachschub soll dort bestens funktionieren, selbst Bier soll es ausreichend geben. Deshalb hat inzwischen auch von Werth die kaiserlichen Truppen gen Süden gelenkt. Die Bauern in Franken und Schwaben werden sich freuen, wenn sie jetzt zigtausend gefräßige Soldatenmäuler stopfen dürfen. Dafür bleibt Turenne mit seinen Franzmännern wohl jenseits des Rheins. Das heißt, bis Winter wird der nicht mehr Richtung Osten ziehen. Ein Glück, sage ich dir. Damit ist ein bisschen Zeit gewonnen, und die Herren oben in Westfalen können endlich klären, in welcher Reihenfolge wer mit wem verhandelt oder spricht. Vielleicht erleben wir den Frieden doch noch!«
    Das Scheppern eines blechernen Deckels stoppte Luises Redefluss. Gerade noch rechtzeitig duckte sie sich weg,

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