Die Wundärztin
erfand er bei jedem nächtlichen Besuch neue Worte, um den Liebreiz ihres Körpers und die lustvollen Vergnügungen mit ihr zu preisen. Für alles jenseits ihres nackten Busens und ihrer üppigen Schenkel zeigte er sich blind.
Eric ahnte nicht im Geringsten, wie falsch er seinen alten Freund einschätzte. Elsbeth war das nur recht. Auch Luises anzügliche Bemerkungen wurden mit der Zeit weniger. Statt zu reden, hockte sie lieber den ganzen Tag über arg zerfledderten Büchern im dunkelsten Winkel der Küche. Nicht einmal Erics ungewöhnlich langsam voranschreitender Genesungsprozess interessierte sie sonderlich. Dafür entlockte ihr das Zusammensein mit der kleinen Carlotta offensichtlich Freude. Für das Kind legte sie immer öfter ihre Lektüre beiseite.
Noch hielt das Sommerwetter an. Golden glänzten die Dächer der unzähligen Kirchen und der furchteinflößenden Marienfeste in der Sonne. Doch die schlierenartigen Wolken am Himmel, die die dicken weißen Wolkentürme vertrieben hatten, und die immer kräftiger auffrischenden Windböen deuteten an, dass bald schon mit einer unfreundlichen Witterung zu rechnen war.
Vier Wochen waren seit ihrer Ankunft in der Stadt am Main bereits verstrichen, dennoch behauptete Eric, sich weiterhin zu schwach für die Strapazen der Abreise zu fühlen. Dabei hütete er längst nicht mehr das Bett, sondern machte bereits einen munteren Eindruck und verließ das Haus täglich.
»Wenn wir noch lang hierbleiben, wird der Regen die Reise nach Köln unmöglich machen«, wagte Elsbeth eines Morgens einen Vorstoß.
»Dann warten wir eben ab, bis die Straßen wieder trocken sind«, wischte er ihren Einwurf vom Tisch.
»Du hast dich hier wohl gemütlich eingerichtet, so dass es dich gar nicht mehr fortzieht«, warf sie ihm einige Tage später ungeduldig an den Kopf. Wieder einmal hatte sie ihn zuvor vergeblich gedrängt, sich der nächsten Reisegesellschaft flussabwärts anzuschließen. »Kein Wunder, das Leben ist auch viel einfacher hier: Du musst dich nicht sorgen, dass dein Bauch voll wird. So kurz Luise den guten Doktor hält, so üppig füllt sie dir die Schüsseln. Da könnte einer glatt auf die Idee verfallen, du machst ihr schöne Augen.«
»Nimm den Mund nicht so voll, Elsbeth. Du fristest hier auch nicht gerade das Dasein einer Klosterfrau, wie ich oft genug hören kann. Von den sonstigen Vorteilen, die dir hier im Haus meines Freundes zuteilwerden, ganz zu schweigen. Auch die Kleine hat es hier vortrefflich.«
»Vergiss nicht, dass Carlotta dein Kind ist.«
»Das du seiner Mutter weggenommen hast.«
»Weggenommen habe ich niemandem irgendwen oder irgendetwas.« Erbost verschränkte sie die Arme vor der Brust und erwiderte selbstbewusst seinen Blick. »Ich habe mich nur um das Kind gekümmert, als kein anderer für sie sorgen wollte. Was kann ich dafür, dass Magdalena nicht wie vereinbart bei uns in Würzburg auftaucht? Ich halte mich an alles, was wir abgemacht haben.« Diese Version der Ereignisse hatte sie in den letzten Wochen schon so oft wiederholt, dass sie mittlerweile selbst davon überzeugt war, es handele sich um die Wahrheit. Umso mehr ärgerte es sie, dass Eric sie weiterhin in Frage stellte, wie es sie ohnehin aufbrachte, dass es immer wieder zum Streit zwischen ihnen beiden kam. Warum hatte sie ihn bloß mitgenommen? Ohne ihn wäre sie längst mit Carlotta in Köln. Geld hatte sie genug, um sich dort notfalls auch ohne Babettes Hilfe durchzuschlagen.
Einen Augenblick lang starrten sie einander an, dann senkte er als Erster den Blick. »Ich habe noch was zu erledigen«, murmelte er und wandte sich zur Tür.
»Was treibst du da draußen eigentlich Tag für Tag?« Sie stemmte die Hände in die Hüften und versperrte ihm den Weg. Da sie nahezu gleich groß waren, fiel es ihr leicht, ihm direkt ins Gesicht zu sehen. Der einst so betörende Glanz seiner tiefblauen Augen war erloschen. Zu gern wollte sie seinem Geheimnis auf die Spur kommen. Möglicherweise hinderte eine törichte Liebesgeschichte ihn am Verlassen der Stadt. »In letzter Zeit verschwindest du schon im Morgengrauen aus dem Haus und kommst erst bei Anbruch der Dämmerung zurück. Steckt eine Frau dahinter? So schnell also wirst du meiner Cousine untreu? Lass dir gesagt sein, dass ich mein Leben nicht für dich riskiert habe, damit du jedem Rock hinterhersteigst und verhinderst, dass ich rechtzeitig vor Wintereinbruch mit der Kleinen nach Köln komme.«
»Du ärgerst dich doch nur, weil ich dir
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