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Die Wundärztin

Die Wundärztin

Titel: Die Wundärztin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heidi Rehn
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dahinter, wie sie seit jener Nacht im Kloster zu wissen glaubte. »Was war der Grund für Erics Vater, mit seiner Familie aus Königsberg wegzugehen? Wisst Ihr das wirklich nicht, oder wollt Ihr es nicht erzählen? Immerhin schien der Abschied allen aus der Familie sehr schwergefallen zu sein.«
    »Ganz sicher.« Er verschloss sein Gesicht so sorgfältig wie vorhin. »Mehr weiß ich aber nicht. Erzähl mir doch lieber, wie es mit dir und Eric nach dem Fall von Magdeburg weitergegangen ist. Warum hat deine Familie ihn nicht bei sich aufgenommen und sich um ihn gekümmert? Immerhin hat er dir das Leben gerettet. In eurem Tross scheint er es dagegen nicht immer leicht gehabt zu haben als Waise aus einer fremden Stadt, lutherisch noch dazu. Die Fürsprache vonseiten deines Vaters hätte ihm sicherlich sehr geholfen.«
    Er ahnt es nicht, jubelte es in Magdalena, er scheint tatsächlich keine Verbindung zwischen dem Vorfall damals in Königsberg an der Ostsee und meinem Vater zu vermuten. »Was hätte mein Vater schon groß für ihn tun können?« Trotz ihrer Erleichterung beschloss sie, weiterhin vorsichtig zu bleiben, und überlegte, wie viel sie ihm von dem Leben bei den Kaiserlichen preisgeben sollte. Dabei gab es nicht sonderlich viel zu verheimlichen, noch dazu, wenn er selbst beim Regiment aufgewachsen war. Bei den Schweden dürfte es nicht anders zugehen als bei ihnen, also verriet sie ihm nichts, was er nicht ohnehin schon wusste.
    »Soweit es ging, hat mein Vater sich für Eric eingesetzt. In unsere Familie konnte er ihn allerdings nicht aufnehmen. Meine Mutter war damals sehr oft krank und hatte schon mit mir allein genug zu tun. Außerdem war da noch meine Cousine, die seit dem Tod ihrer Mutter bei uns lebte. Also hat mein Vater Eric bei einem befreundeten Zimmermann untergebracht. Dort konnte er sich gleich nützlich machen. Die haben ihn gerne aufgenommen, auch wenn damals viele Fremde gekommen sind. Außerdem ist Eric Lutheraner, noch dazu mit Wurzeln oben an der Ostsee. Die Kaiserlichen sind katholisch, überwiegend zumindest. Viele sind dagegen gewesen, dass Lutheraner überhaupt im Tross bleiben dürfen. Mein Vater konnte sich nicht gegen alle stellen. Eher hätten die sich mit dem Teufel verbündet, als einem Protestanten, einem Heringfresser noch dazu, Beistand zu leisten.«
    Belustigt nahm sie zur Kenntnis, wie der schwedische Hauptmann, ebenfalls ein überzeugter Lutheraner, empört aufschnaubte.
    »Obwohl dein Vater deinen Lebensretter also im Stich gelassen hat, hat Eric dir seinen Bernstein, den wertvollsten Besitz, den er je hatte, überlassen? Erzähl mir keine Märchen! Du wirst ähnliche Vorbehalte gegen die Lutherischen gehabt haben wie die anderen aus deinem Tross. Sei ehrlich: Er wollte den Stein bald wieder zurückhaben, aber du hast ihn nicht mehr hergegeben.«
    »Erstens hat mein Vater ihn nicht im Stich gelassen, sondern ihm geholfen, im Tross eine Heimat zu finden. Und zweitens: Warum hätte Eric den Stein wiederhaben wollen? Er hat ihn mir geschenkt. Damit wollte er mir einfach etwas Gutes tun, ob es Euch passt oder nicht.«
    Sie betonte das »mir« so deutlich, dass sie sich gar nicht hätte umdrehen brauchen, um zu wissen, wie er es aufnahm. Dennoch warf sie ihm einen prüfenden Blick über die Schultern zu und verbuchte seine verbissene Miene als weiteren Triumph. Sie würde ihm das alles schon heimzahlen! »Das andere, also das mit der Religion, hat für uns beide sowieso nie eine Rolle gespielt.« Sie sagte es leise, mehr zu sich selbst, und schwieg eine Weile, als prüfte sie die Bedeutung der Worte erst noch einmal, bevor sie entschlossen nachsetzte: »Eric ist niemand, der ein gegebenes Wort oder Geschenk zurücknimmt. Das solltet Ihr eigentlich wissen, wenn Ihr ihn wirklich so gut kennt, wie Ihr behauptet. Aber Vettern müssen sich nicht unbedingt sehr nahestehen. Ihr wart doch beide noch Kinder, als ihr euch aus den Augen verloren habt.«
    Kaum ausgesprochen, spürte sie Englunds Zurückzucken im Rücken und lächelte. Vorerst hatte sie ihn zum Schweigen gebracht. Ein weiteres Mal spornte er das Pferd zum Traben an und zog die Zügel erst wieder an, als Ambrosius von weit hinten dagegen protestierte. Es war gefährlich, den Abstand zwischen den Pferden zu groß werden zu lassen und möglichen Angreifern damit Angriffsfläche zu bieten.
    Doch Englund gab immer noch nicht auf, sie nach Eric auszufragen. Nach einem guten Stück Wegs begann er von neuem. Der Stachel steckte wohl

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