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Die Wundärztin

Die Wundärztin

Titel: Die Wundärztin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heidi Rehn
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gelblich braunes Laub, dem es an jedweder flüsternden Leichtigkeit mangelte. Viel zu nass fiel es auf die Erde, verwandelte sich dort unten alsbald in dicken, zähen Schlamm statt in trockenes, herrlich raschelndes Laub, wie es sonst den goldenen Oktober zierte. Eine dicke, bräunliche Schmutzschicht bedeckte den Boden. Die Spuren von Stiefelschritten und Karren hatten sich tief darin eingegraben wie sonst nur im winterlichen Schnee. Darüber brausten kräftige Sturmböen. Selten hatte der Herbst sich so unwirtlich gezeigt.
    »Königsberg war der richtige Ort für unsere Stimmung«, sagte Magdalena und drehte sich zu Rupprecht um. Erstaunt hob er eine Augenbraue. Das verlieh seiner verkniffenen Miene einen Hauch von Offenheit. »Wie meinst du das?« Umständlich erhob er sich von dem Schemel an der Wand und trat zu ihr an das kleine Giebelfenster. Wie zufällig legte er ihr den Arm über die Schultern, zog sie dichter an sich heran. »Nicht«, wies sie ihn zurecht, befreite sich aus der Umarmung und rückte zwei Schritte zur Seite.
    Stille umfing sie, die nur von dem steten Klopfen des Regens auf dem Dach durchbrochen wurde. Draußen versank alles in diesem Rhythmus. Schweigend sahen sie auf die Straße hinunter. Nach Norden fiel sie leicht ab, zur inneren Stadt nach Süden stieg sie an. Der letzte Durchmarsch eines Regiments hatte sie übel zugerichtet. Die nassen Pflastersteine waren zum Teil herausgerissen, die Löcher klafften wie frische Wunden, in denen lehmiges Wasser stand. Geflickt hatte sie bislang keiner, obwohl sich genug Männer in der Stadt fanden, die einfach nur die Steine hätten einsetzen müssen. Andere Arbeit gab es ohnehin nicht. Die wenige auf den Feldern verbliebene Ernte war mittlerweile zu nass, um noch eingefahren zu werden.
    »Drei Wochen sitzen wir schon hier fest, sehen uns Tag für Tag die rußgeschwärzten Ruinen an oder inspizieren die halbverfallenen Gemäuer, ob sich darin nicht doch was Brauchbares oder gar Essbares finden lässt«, erklärte Magdalena. »Mehr aber tun wir nicht. Dabei könnten wir zusammen mit den anderen, die versteckt in den Löchern kauern, einfach mal anfangen aufzuräumen und ein Haus nach dem anderen wieder aufzubauen. Dann gäbe es bald nicht nur einige trockene Unterkünfte mehr, sondern auch die viele Zeit wäre sinnvoll genutzt. So aber sitzen wir alle hier, tagaus, tagein, und warten auf Dinge, die nicht passieren.«
    »Ich verstehe dich nicht.« Rupprecht senkte den Arm, steckte die Hände in die Hosentaschen und rückte von ihr ab. »Warum bist du nicht damit zufrieden, wie es ist: Du hast überlebt und bist unbeschadet hier angekommen. Englund beschützt dich, du hast leidlich zu essen und bist gut untergebracht. Wir haben Glück, dass Englund sich mit dem ehemaligen Stadthauptmann so gut versteht. Sonst wären wir nie in diesem Haus untergekommen. Du hast selbst gesehen, dass es eines der wenigen ist, das nicht von den durchziehenden Soldaten zerstört wurde.«
    »Das liegt wohl auch an unserem Hausherrn.« Magdalena verschränkte die Arme vor der Brust. »Soweit ich das verstanden habe, stellt er sich mit jedem gut, ganz gleich, ob Schwede oder Kaiserlicher, einfacher Soldat oder hoher Offizier. Kein Wunder, dass sie ihm das lohnen. Die Kaufleute, die gemeinsam mit uns hier angekommen sind, zählt er wohl ebenfalls zu seinen Freunden. Und gewiss auch Eric, denn den will Englund doch hier treffen. Das Haus hier am Steinweg ist offenbar der Ausgangspunkt für so manches Geschäft, das zwischen den Fronten betrieben wird, ganz gleich, zu welchem Lager sich die Beteiligten auch zählen. Wenn es ums Geldverdienen geht, interessiert das alles nicht. Dann vergessen sie ihre Feindschaften und schließen neue Bündnisse.«
    »Was stört es dich? Du bist undankbar! Hast du vergessen, welches Schicksal dich stattdessen erwartet hätte? Eine Frau, ganz allein unterwegs in diesen Zeiten, überall marodierende Soldaten, aufgebrachte Bauern, erboste Städter und Räuberbanden – keinen Tag hätte es gedauert, bis einer über dich hergefallen wäre. Sei also besser dankbar, dass du deinen Nutzen aus Englunds Geschäften ziehen kannst. Immerhin bist du hier die einzige Frau im Haus, mal abgesehen von der alten Magd unten, die gar nicht mehr aus ihrer Küche herausfindet. Englund hat dir nicht nur großzügig diese Kammer überlassen, sondern jedem in der Stadt klargemacht, dass du unter seinem persönlichen Schutz stehst. Und das scheint hier viel zu

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