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Die Wundärztin

Die Wundärztin

Titel: Die Wundärztin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heidi Rehn
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müssen fort von hier. Es hat keinen Sinn, noch länger zu bleiben. Dabei drehen wir alle noch durch.«
    Rupprecht schien eine Weile zu brauchen, bis er verstanden hatte, dass der kurze Moment der Nähe schon wieder verronnen war. Er schüttelte die schwarzen Locken und fuhr sich mit den kurzen, kräftigen Fingern durchs Haar, als wäre er gerade aufgestanden und müsste sich für den Tag herrichten. »Du hast doch mitbekommen, dass nicht einmal die Kaufleute ihn umstimmen konnten«, erwiderte er brüsk. »Die kennen ihn seit Jahren. Trotzdem hat er ihren Rat in den Wind geschlagen. Wieso sollte er dann ausgerechnet auf mich hören? Selbst Ambrosius ist es bislang nicht gelungen, ihn zu überzeugen.«
    »Wir müssen uns etwas einfallen lassen. So geht das nicht mehr weiter. Tag für Tag hockt Englund unten am Fenster, rollt den Bernstein zwischen den Fingern und starrt auf das Schützentor gegenüber, als müsste Erics Geist dort erscheinen.«
    »Ich hätte es gleich wissen müssen: Dir geht es wieder nur um Eric. Gott, wie konnte ich nur so einfältig sein! Nie wirst du ihn vergessen.« Er warf ihr einen misstrauischen Blick zu.
    Sie lächelte und ging noch einmal zurück, nahm seine Hand, drückte sie fest und legte ihre zweite auf seine Schultern.
    »Das mit Eric ist vorbei, glaub mir. Allerdings muss ich ihn noch einmal sehen. Er allein weiß, wo mein Kind steckt, wenn Carlotta nicht ohnehin noch bei ihm ist. Nur deshalb will ich Englund dazu bringen, von hier aufzubrechen. Er hat die Möglichkeit, an Informationen über Erics wahren Aufenthaltsort zu gelangen. Wie wir gesehen haben, stehen die beiden über gemeinsame Freunde quer durch alle Lager miteinander in Verbindung. Am Beispiel der Kaufleute, die uns hierherbegleitet haben, war das gut zu erleben. Bitte hilf mir also, Englund davon zu überzeugen, dass wir schnell von hier fortmüssen.«
    Die Schatten auf Rupprechts Gesicht verschwanden. Auch er lächelte endlich, spitzte wieder den Mund und nickte. »Ja, du hast recht. Lass uns etwas tun. Bringen wir Englund auf andere Gedanken.«
    »Ich habe auch schon eine Idee, wie uns das gelingen kann. Komm mit. Ich zeige dir etwas!« Unternehmungslustig nahm sie ihr Wolltuch vom Haken und schlang es sich um Kopf und Schultern. Draußen trommelte der Regen zwar wieder stärker aufs Dach, aber das kümmerte sie nicht. Die nasse Kleidung und die Schuhe konnten sie später am Herd wieder trocknen. Holz zum Verbrennen gab es genug, das Einzige, woran es in dem ehemals so reichen Städtchen an der Salzroute nach Thüringen nicht mangelte. Zuversichtlich, dass es ihr gelingen würde, Rupprecht und damit gewiss auch bald Englund für ihre Pläne zu gewinnen, hüpfte sie die Treppen hinab und verließ das Haus, ohne sich umzusehen, ob Rupprecht ihr tatsächlich folgte.
    Als sie durch das steinerne Hoftor auf die Straße traten, rann das Wasser in schmutzigen, schmalen Bächen die Steige hinab. Dass der Wind sein stetes Klagelied durch die trostlosen Gassen pfiff, trübte Magdalenas gute Laune nicht. Fast war sie versucht, vor Übermut ein Lied vor sich hin zu trällern, so wohl fühlte sie sich angesichts dessen, was sie gleich erwartete. Wie gut, dass Rupprecht Ambrosius erwähnt hatte und sie auf die Idee gebracht hatte.
    »Wo willst du eigentlich hin? Hast du doch einen versteckten Hinweis auf Eric und Carlotta gefunden?«, rief Rupprecht ihr nach. Er rannte immer noch einige Schritte hinter ihr, weil er erst umständlich seinen Kragen aufgeschlagen und den Filzhut auf dem Kopf zurechtgerückt hatte, bevor er ihr nach draußen gefolgt war. »Dabei wird es wohl kaum noch einen Stein in Königsberg geben, den du in den letzten Wochen nicht schon mehrmals umgedreht hast, um auf eine Spur von ihnen zu treffen. Ich dachte, wir waren uns eben einig, dass wir unbedingt mit Englund reden müssen. Du hast ja recht: Wenn wir ihn nicht bald zum Aufbruch bewegen, werden sie in seinem Regiment schon am Galgen zimmern, um ihn wegen Fahnenflucht aufzuknüpfen. Unterstützung von seinen Männern wird er wohl keine erwarten können. Die hat er vor Ochensfurt ordentlich vor den Kopf gestoßen. Lindström hat sich gewiss längst auf seinen Posten gesetzt. Wer so lang von seinem Trupp weg ist wie Englund, der darf kein Pardon erwarten. Der Krieg tobt weiter. Noch sieht es ganz und gar nicht danach aus, als würde es je eine Einigung in Münster oder Osnabrück geben.«
    »Lass dich überraschen! Es wird alles gut«, verkündete Magdalena

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