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Die Wundärztin

Die Wundärztin

Titel: Die Wundärztin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heidi Rehn
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stünden sie eng mit ihm in Verbindung. Die Bauersfrau Berta und ihre Leute jedenfalls behandelten alle drei wie gute Freunde. Nach dem Tod der Frau kümmerte sie sich wie eine zweite Mutter um das Kind.
    Magdalena wurde schwarz vor Augen. Sie schwankte und suchte mit dem linken Arm nach Halt, fand ihn ausgerechnet an den letzten Resten der eingestürzten Mauer. Schon rieselte der Mörtel heraus. Sie musste aufpassen, dass die Steine nicht nachrutschten.
    Das Schnaufen in ihrem Schoß wurde lauter. Sie sah wieder hinab. Rupprechts Augen schwammen in Tränen. Die Reue stand ihm ins blutverschmierte Gesicht geschrieben. Sie rang mit sich. Kein Zweifel: Die blonde Frau mit dem rotblonden Kind, das mussten Elsbeth und Carlotta sein! Rupprecht hatte es gewusst. Seit anderthalb Jahren schon hatte er gewusst, wo sie steckten. Doch weder hatte er ihr etwas davon gesagt, noch hatte er sie zum Aufbruch gedrängt. Nicht einmal, seit klar war, dass jeder gehen konnte, wohin er wollte.
    »Warum?«, fragte sie leise. Ihre Lippen bebten.
    In den Resten seines Gesichts suchte sie nach einer Antwort. Die Wunde an der Schläfe klaffte weit auseinander. Von den wulstigen Augenbrauen war nicht viel geblieben. Ängstlich wie die Augen eines Kaninchens kurz vor dem sicheren Abschuss starrten seine dunklen Augen zu ihr herauf. Immer hatte er Angst gehabt. Immer war er der verhuschte, flinke, kleine, düstere Mann gewesen. Zugegeben: Verglichen mit dem hochgewachsenen, aufrechten, rotblonden Eric machte er nicht viel her. Aber im Gegensatz zu ihm war er stets da gewesen, wenn sie in Gefahr geraten war: damals im Lager, als Seume über sie herfiel, wenig später, als Strecker sie auf der Kuppe vergewaltigen wollte, und auch, als Englund sie im Würzburger Kloster seinen Leuten zur Beute hatte vorwerfen wollen. Immer wieder hatte Rupprecht sie gerettet, vor Schlimmem bewahrt. Seit Königsberg hatte sie ihm zu zeigen versucht, wie sehr sie ihn dafür liebte. Bitter, ausgerechnet in diesem Moment erkennen zu müssen, dass ihn das wohl nicht restlos überzeugt hatte, dass sein Misstrauen all die Jahre weiterhin bestand.
    Ein heiseres Krächzen drang aus seinem Mund. Sie bedeutete ihm zu schweigen. Sie konnte nicht anders: Sie musste ihm vergeben.
    Weinend sank sie über seinem geschundenen Körper zusammen. Mehrmals bebte seine Brust, zwei, drei Seufzer entfuhren ihm. Sie weinte und weinte, bis sie spürte, dass sich unter ihr nichts mehr regte. Rupprecht war tot.
    3
    Das kleine Dorf Gebsattel lag hinter ihnen. Am Horizont schob sich bereits die Silhouette Rothenburgs mit den vielen Türmen und Mauern heraus. Wie durch ein Wunder hatte die Stadt mitsamt ihren prächtigen Bauwerken die Kriegsjahrzehnte unbeschadet überstanden. Stolz brachte die späte Herbstsonne das Rot der Dächer zum Strahlen.
    Nicht mehr lange, und Magdalena hatte ihr Ziel erreicht. Seit Tagen sehnte sie diesen Moment herbei. Gleichzeitig erfüllte sie die Aussicht mit großem Unbehagen. Die Frage, ob sie das Richtige tat, nagte an ihr. Rupprecht fehlte ihr. Mit ihm hätte sie sich gern darüber beraten. Ihre Augen füllten sich mit Tränen. Er war der Letzte gewesen, der ihr von all den lieben Menschen aus ihrem bisherigen Leben geblieben war. Nun hatte sie nicht einmal mehr ihn. Was sollte sie tun, wenn sie Carlotta auf dem Gehöft nicht antreffen würde, wenn dort nicht einmal eine Spur von Eric zu finden war? Musste sie die Hoffnung dann für immer begraben, ihr Kind jemals wieder in die Arme zu schließen?
    Je länger sie darüber grübelte, umso gewaltiger türmte sich noch eine ganz andere Frage vor ihr auf: Was, wenn sie die drei dort tatsächlich antraf? Ein Schwall Hitze erfasste ihr Gesicht, überflutete ihren Körper. In Gedanken tasteten ihre Finger nach dem Bernstein. Seit Rupprechts Tod trug sie ihn wieder an der gewohnten Stelle zwischen den Brüsten unter dem Mieder. Ein weiteres Mal schluchzte sie auf. Schmerzlich brannte der Verlust Rupprechts auf ihrer Seele. Er allein hätte ihr die Kraft spenden können, das alles zu ertragen. Viel zu überstürzt war sie gleich nach seiner Beerdigung aus Memmingen abgereist. Nie und nimmer konnte sie das, was er in den letzten Jahren für sie getan hatte, gutmachen. Vor allem würde sie niemals wieder einen Menschen finden, der ihr das alles zugleich war: Freund und Geliebter.
    »He!« Der Ellbogen des Fuhrmanns stieß ihr in die Rippen. Erschrocken wurde ihr klar, dass sie seinem Reden nicht zugehört, sondern sich

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