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Die Wundärztin

Die Wundärztin

Titel: Die Wundärztin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heidi Rehn
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Magdalena sich um. Ein verschmitztes Lächeln huschte über das faltige, wettergegerbte Gesicht der Hebamme.
    »Brauchst dir nichts denken, mein Liebes.« Sie tätschelte ihr die Wange. Die helle Haut glühte, dass die Sommersprossen darauf kaum mehr zu sehen waren. »Ich freue mich doch, dass du endlich wieder an so was denkst. Darfst deiner Cousine Elsbeth nicht allein das Feld überlassen, erst recht nicht, wenn sich so ein schmucker Bursche für dich interessiert. Das Leben ist zu kurz, um jahrelang Trauer um Eric zu tragen. Oder willst du fortan wie eine Nonne leben? Dann kannst du auch gleich hinter Klostermauern verschwinden. Dafür ist das Dasein im Tross beileibe nicht geeignet. Brauchst nicht denken, du wirst Eric untreu, wenn du deine Fühler nach ein bisschen Liebe ausstreckst. Er hätte es bestimmt nicht anders gehalten. Wenn ich mich recht entsinne, war er alles andere als ein Trauerkloß.«
    Bei der Erwähnung ihres seit zwei Jahren verschollenen Geliebten entfuhr Magdalena ein tiefer Seufzer. Auch wenn es längst eine Tatsache schien, sträubte sie sich nach wie vor, an seinen Tod zu glauben. Abend für Abend erzählte sie ihrer kleinen Tochter Carlotta, dass er bestimmt noch irgendwo lebte und eines Tages auftauchen und sie beide zu sich nehmen würde. Zwar verstand das knapp fünfzehn Monate alte Mädchen kaum, wovon sie sprach, doch eines Tages würde sie es ganz sicher begreifen. Jedenfalls brabbelte Carlotta bereits jetzt fröhlich »Eric« vor sich hin. Magdalenas Cousine Elsbeth, die sich seit ihrer Totgeburt um die Kleine kümmerte, hatte es längst aufgegeben, etwas dagegen einzuwenden.
    »Der Sohn des Stadtkommandanten macht übrigens einen ganz guten Eindruck.« Verschwörerisch zwinkerte Roswitha ihr zu. »Mit einer klugen Frau wie dir kann er bestimmt was anfangen. Musst ihn nur überreden, sich endlich fürs Heer anwerben zu lassen. Oder willst du in diesem Nest da oben versauern? Auch was das Zustandekommen eines Treffens mit dir betrifft, ist der Gute noch ein bisschen einfallslos. Dass er gestern bei der Geburt seines Neffen so nachdrücklich auf deiner Anwesenheit bestanden hat, war einfach zu auffällig. Eine alte Hebamme wie ich reicht wirklich aus, wenn eine Frau mit dem dritten Kind niederkommt. Nichts lag quer, nichts Ungewöhnliches gab es zu befürchten. Selbst das Mutterkorn weiß ich nach so vielen Jahrzehnten als Wehmutter noch zu dosieren, damit bei einem vorübergehenden Stillstand alles wieder in Gang kommt. Als der Gute obendrein so ungeschickt um dich herumgeschlichen ist, war allen klar, was er von dir will.«
    Bei den letzten Worten ging ihr Krächzen in ein heiseres Lachen über, das alsbald in einem übel klingenden Husten endete. Besorgt klopfte Magdalena ihr auf den Rücken, froh über die erzwungene Pause. Schließlich war sie sich selbst noch nicht schlüssig, wie sie sich zu ihrem neuen Verehrer stellen sollte. Zumindest in einem Punkt hatte Roswitha recht: Wenn er in Amöneburg bleiben wollte, würde sie ihn sogleich wieder verlassen. Ihr stand nicht der Sinn danach, die brave Bürgersgattin zu spielen.
    »Statt auf andere zu achten, musst du mehr auf dich selbst aufpassen, Roswitha. Drüben im Lager leg ich dir gleich einen Wickel auf die Brust und gieß dir einen Salbeitee auf. Dieser Husten ist ja nicht mit anzuhören. Kein Wunder, dass die Frauen ihre Kinder seit Tagen lieber ohne Probleme aus dem Leib herauspressen. Wer dich husten hört, tut alles, dich schnell wieder fortzuschicken. Ausgerechnet bei der Hitze und wo es kaum sauberes Wasser gibt, muss dich eine Erkältung quälen.«
    »Mich quält gar nichts. Statt Wasser gibt es wenigstens ausreichend Aquavit. Weißt ja, dass Kümmel und Anis auch in flüssiger Form das Beste gegen Husten sind.«
    »Leider beweist uns das Meister Johann jeden Tag aufs Neue. Eifere du ihm bitte nicht nach.«
    »Keine Sorge, du kennst mich: Alkohol gebrauche ich wirklich nur, um meinen Patientinnen Leiden zu ersparen. Schlimm genug, dass du in den letzten Monaten mehr oder weniger schon den Feldscher ersetzen musstest. Wenn du jetzt auch noch Hebamme spielen sollst, kommst du gar nicht mehr dazu, dich um deine Kleine zu kümmern.«
    »Elsbeth wäre das ganz recht. Dann hätte sie Carlotta endlich für sich.« Bei diesen Worten huschte abermals ein Anflug von Traurigkeit über ihr Gesicht. Trotz der Dankbarkeit, die sie der Cousine gegenüber empfand, weil sie als Amme für die Kleine eingesprungen war, als sie den

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