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Die Wundärztin

Die Wundärztin

Titel: Die Wundärztin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heidi Rehn
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deinen Ungehorsam bloß!«
    Das Gesicht des Apothekers war für Magdalena nicht mehr zu erkennen, weil er ihr vollends den Rücken gekehrt hatte. Sein ganzer Leib bebte. Umso besser sah sie das Antlitz der Tochter.
    »Ungehorsam – du bist gut, Vater! Erst darf ich jahrelang an deiner Seite alles lernen, was es über die Heilkräfte der Kräuter und Pflanzen zu wissen gibt, du zeigst mir sogar, wie man Salben und Pasten rührt oder Erkrankungen erkennt und behandelt, so dass ich mir die größten Hoffnungen mache, und hinterher ende ich trotzdem als willenlose Ehefrau am Küchenherd. Das begreife ich nicht! Wäre ich doch nur als Junge zur Welt gekommen, dann könnte ich mein Hirn gebrauchen und so leben, wie ich es möchte, ohne dass ein Vater oder ein Ehemann oder sonst ein Mann kommt und mir Vorschriften macht.«
    Laut schluchzte sie auf, Tränen liefen ihr über die Wangen. Am liebsten wäre Magdalena zu ihr gestürzt und hätte sie in den Arm genommen, um sie zu trösten. Mühsam hielt sie sich zurück, biss sich auf die Lippen und umklammerte mit den Fingern das Regal, bis es weh tat. Gleichzeitig pries sie sich glücklich, das Schicksal der Apothekertochter nicht teilen zu müssen. Gerade hatte sie sich der ungewollten Ehe mit dem Vetter entzogen. Undenkbar, die Freiheit des Trosslebens einer Ehe wegen aufzugeben! Warum nutzte die Apothekertochter nicht auch die günstige Gelegenheit und lief einfach davon? Schon überlegte sie, wie sie ihr ein Zeichen geben konnte, um mit ihr über eine mögliche Flucht in den Tross zu reden, da bemerkte die Apothekertochter ihre Anwesenheit.
    »Wer ist das?« Ihr rechter Zeigefinger schnellte nach vorn. Vor Aufregung überschlug sich ihre Stimme. »Wohl noch so eine Hure, wie sie jetzt überall in der Stadt herumlungern! Elendes Soldatengesocks! Pack dieses Weib und wirf sie raus, Vater!« Wahllos griff sie nach dem Nächstbesten, was ihr zwischen die Finger kam, und schleuderte es mit voller Wucht Richtung Magdalena. Gerade noch rechtzeitig konnte die sich unter dem Glaskolben ducken, der durch die Luft auf sie zusauste. Die Scherben des zerborstenen Glases rieselten auf sie herab. Mühsam klaubte sie die aus ihren Haaren und eilte in gebückter Haltung an den beiden vorbei aus dem Laboratorium.
    Wie sie vermutet hatte, stand Meister Johanns Wagen in der Gasse hinter dem Hof. Die Münsteruhr schlug gerade zur Vesper, als Magdalena ihn erreichte. Die ersten Kisten waren bereits aufgeladen, ein halbes Dutzend stand noch auf dem Pflaster neben mit Stroh ausgepolsterten Körben, die bauchige Glaskrüge mit Aquavit enthielten. Unter der Wagenplane hantierte Rupprecht herum, darum bemüht, die kostbaren Destilliergeräte, die sie aus dem Laboratorium gemaust hatten, für die holprige Fahrt über Land in weiteren Körben mit Stroh zu sichern.
    »Wann geht es los?«, fragte sie.
    »Bei Tagesanbruch.« Meister Johann klang zufrieden. »Zusammen mit Hauptmann Isel bringen wir die Geschädigten an die Bergstraße und bereiten dort das nächste Winterquartier vor. Komm, steh hier nicht rum! Es wäre einfacher, wenn du Rupprechts Part im Wagen übernimmst und dort oben alles Zerbrechliche verpackst. Dann kann er die restlichen Kisten aus der Apotheke holen.«
    »Gleich«, sagte sie. »Ich muss nur noch mal kurz weg.«
    Schon wollte sie kehrtmachen und zur Gerberau zu ihrem Versteck im Heuboden laufen. Wenn sie schon die Zimmerleute von Meister Rott nicht antraf, wollte sie wenigstens dem Zahnlosen eine Nachricht für Eric übergeben. Gewiss würde er bald dort auftauchen und nach ihr suchen.
    »Nichts da. Wir brauchen dich jetzt hier.« Ungewohnt barsch stellte sich der Feldscher ihr in den Weg. »Was immer du vorhast: Es muss warten, bis wir gepackt haben.«
    »Ich bin gleich zurück.« Sie versuchte, sich an ihm vorbeizuzwängen.
    »Etwa so, wie letztens nach der Schlacht am Slierberg?« Er packte sie am Arm und zog sie dicht zu sich heran. Trotz der groben Geste wirkte er nicht wütend, sondern eher traurig. Seine vorquellenden grauen Augen schimmerten wässrig, sein Kopf war noch röter als sonst, die Ader an der rechten Schläfe pulsierte bedrohlich. »Ach, Magdalena, Mädchen, wenn du wüsstest, welche Sorgen ich mir gemacht habe.« Seine Stimme zitterte. Er räusperte sich, bevor er weiterreden konnte: »Fast war ich mir sicher, dich nie mehr wiederzusehen. Zwei Tage warst du spurlos verschwunden. Nichts habe ich von dir gehört. Nicht einmal Rupprecht hatte eine Ahnung, wo du

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