Die wunderbare Welt der Rosie Duncan
geschlagen. Du hast das Beste aus dem gemacht, was dir passiert ist, und von jetzt an wird alles noch besser, okay? Soll ich dich jetzt nach Hause bringen?«
Ich nickte. Ich wollte unbedingt nach Hause.
Wir sprachen nicht viel im Taxi. Ed legte einfach nur den Arm um meine Schulter, und ich lehnte schweigend den Kopf an seine braune Lederjacke, schloss die Augen und war froh, dass er da war.
In meiner Wohnung musste ich mich gleich wieder aufs Sofa legen, während Ed geschäftig umhereilte, Lampen anknipste, Vorhänge zuzog und meine Kaffeemaschine bezirzte, sich unter laut zischendem Protest an die Arbeit zu machen. Ich sah ihm dabei zu und fühlte mich sofort an Ben erinnert. In den ersten Wochen, als ich zu kaum mehr imstande war als ein- und auszuatmen, hatte Ben sich rührend und tatkräftig um mich gekümmert. Er war alles gewesen, was ich brauchte: Koch, Therapeut, Freund, Bruder, Alleinunterhalter, Arzt. Als ich Ed so emsig bei der Arbeit sah, wurde ich auf einmal von einer Welle wehmütiger Erinnerungen erfasst und fragte mich, womit ich eigentlich so gute, selbstlose Freunde verdient hatte.
Ed kam aus der Küche und reichte mir meine Lieblingstasse, in der süßer schwarzer Kaffee dampfte. »Hier, trink das erst mal. Aber danach solltest du auch was essen.«
Ich schüttelte den Kopf. »Ich habe keinen Hunger.«
»Egal. Du musst trotzdem was essen. Und dann schlafen.«
»Du brauchst dich nicht den ganzen Abend um mich zu kümmern, Ed. Geh ruhig nach Hause. Ich komme schon zurecht.«
Sein eisblauer Blick drang bis auf den Grund meiner Seele. »Willst du, dass ich nach Hause gehe, Rosie?«
Ich betrachtete ihn eine Weile schweigend. »Nein, will ich nicht.«
Meine Antwort schien ihn zu erleichtern – ja, er strahlte geradezu vor Erleichterung. »Dann bleibe ich hier.« Er beugte sich über mich und gab mir einen leichten Kuss auf die Stirn. »Ich mache uns jetzt was zu essen, okay?« Damit sprang er auf und eilte wieder in die Küche. »Wenn du kulinarische Wundertaten erwartest, muss ich dich allerdings enttäuschen«, rief er, begleitet von Türenklappern und gefolgt von lautem Geschepper und leisem Fluchen. »Sag mal, wie räumst du eigentlich deine Schränke ein?«
»Ed?«, rief ich.
Wie der Blitz kam er zur Tür geschossen. »Ja?«
»Danke.«
Er strahlte übers ganze Gesicht. »Keine Ursache, Rosie.«
17
Als ich am nächsten Morgen aufwachte, fühlte ich mich wider Erwarten schon viel besser. Im Licht des neuen Tages sah ich die Dinge auf einmal klarer. Obwohl mir noch immer alles wehtat, als wäre ich gestern einen Marathon gelaufen, war mir so leicht ums Herz wie schon lange nicht mehr. Ich setzte mich im Bett auf und musste lächeln, als ich Ed sah. Tief und fest schlief er in dem Stuhl, der am Fußende meines Bettes stand. Ziemlich verrenkt saß er da, das dunkle Haar zerzaust und meine Patchworkdecke übergeworfen. Ich schnappte mir ein paar Klamotten und huschte auf Zehenspitzen an Ed vorbei ins Bad.
Zwanzig Minuten später fühlte ich mich dank einer herrlich heißen Dusche wie neugeboren. So leise wie möglich hantierte ich in der Küche herum und machte Frühstück. Ich war fast fertig, als ich hinter mir ein verschlafenes Stöhnen hörte und ein noch ziemlich müde aussehender Ed in der Küchentür erschien. Wahrscheinlich schaffte nur er es, in diesem Zustand so gut auszusehen. Kein Wunder, dass halb New York bei ihm Schlange stand, um in den Genuss dieses Anblicks zu kommen.
»Morgen«, murmelte er und fuhr sich durch den zerzausten Haarschopf. »Mir tut alles weh.«
»Kein Wunder. Warum hast du nicht auf dem Sofa geschlafen? Der Stuhl sah ziemlich unbequem aus.«
»War er auch. Aber ich wollte da sein, falls du in der Nacht aufgewacht wärst. Du schnarchst übrigens.«
»Oh, danke.«
Die blauen Augen funkelten. »War nur ein Scherz. Geht es dir besser?« Er folgte mir ins Wohnzimmer und setzte sich an den Tisch, während ich uns Kaffee eingoss.
Ich atmete tief durch, ehe ich antwortete. »Doch, eigentlich schon. Vielleicht war es gut, dass alles endlich mal rausgekommen ist.«
Ed nippte an seinem dampfend heißen Kaffee. »Könnte sein. Klingt zumindest plausibel. Autsch, verdammt …« Er streckte seinen rechten Arm aus und ließ die Schulter kreisen, bis es knackte. »Puh … Sag mal, Celia meinte, dass du Davids Auftrag annehmen willst?« Die Frage war betont beiläufig gestellt, aber ich konnte mir schon denken, was Ed davon hielt.
»Ja, ich glaube … also, ja,
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