Die wunderbare Welt der Rosie Duncan
ich habe zugesagt. Und um deiner Frage zuvorzukommen: Ich weiß nicht, warum. Vielleicht einfach aus Prinzip. Oder weil ich glaube, dass ich da jetzt durchmuss. David wiederzusehen war bis gestern meine größte Angst. Das wäre jetzt überstanden, und ich werde mich meiner nächstgrößten Angst stellen: nach Antworten zu suchen.«
Ed betrachtete mich nachdenklich. »Du überraschst mich immer wieder, Rosie Duncan.«
»Warum?«
Er stellte seinen Kaffeebecher ab. »Jahrelang hast du aus dieser Sache ein Geheimnis gemacht – ein Geheimnis, das dein Leben bestimmt hat und dich anderen Menschen gegenüber misstrauisch hat werden lassen. Gestern dann das unerwartete Wiedersehen mit David, und mir ist ja nicht
entgangen, wie sehr dich das mitgenommen hat. Ich hätte ehrlich gesagt gedacht, dass es dich um Jahre zurückwerfen würde, dass du dich noch mehr zurückziehen würdest, noch weniger Vertrauen in andere hättest, aber schau dich heute an: Du bist voller Zuversicht und schaust sogar hoffnungsvoll nach vorn. Wie schaffst du das bloß?«
Tja, wenn ich das wüsste. »Also, wenn du es genau wissen willst – ich habe total Schiss vor dem, was noch kommt. Aber du hast es ja gerade gesagt: Ich schaue nach vorn, denn das Leben geht weiter. Und du hattest auch Recht mit dem, was du mal vor einer Weile gesagt hattest: Es gab tatsächlich noch eine andere Seite an mir, von der du nichts wusstest. Ich hätte es dir schon vor Ewigkeiten erzählen sollen. Tut mir leid.«
Ed seufzte tief. »Ah, endlich hat sie es verstanden: Der große Ed Steinmann hat immer Recht.« Er beugte sich vor, nahm meine Hand und schloss seine sanft darum. »Und du weißt auch, dass ich immer für dich da bin.«
Ich legte meine andere Hand auf seine und spürte, wie mich eine tiefe Ruhe überkam.
Zwei Tage später war ich zurück bei Kowalski’s und wurde willkommen geheißen wie ein lange verlorener Freund. Sogar das Silberglöckchen über der Tür klang ganz verzückt, als es mich wieder begrüßen durfte.
Marnie flog mir entgegen und schlang die Arme um mich. »Oh, Rosie! Wie geht es dir? Ich habe mir solche Sorgen gemacht. Willst du wirklich schon wieder arbeiten? Schon dich lieber noch ein bisschen …«
Ed lachte. »Nach deiner Umarmung muss sie sich bestimmt erst mal eine Weile erholen.«
Etwas später gesellte Marnie sich zu mir und Old Faithful, die aus Leibeskräften Kaffee filterte.
»Celia hat es mir erzählt … na, du weißt schon – was passiert ist.«
Marnies besorgte Miene verursachte mir leichtes Unbehagen, das ich beherzt zu ignorieren versuchte. »Ich bin froh, dass ihr jetzt Bescheid wisst. Hoffentlich verstehst du, warum ich nicht früher darüber reden wollte.«
Sie nickte so eifrig, dass ihre pinkfarbenen Zöpfe wippten. »Das ist okay. Aber du hättest Ed mal erleben sollen …«
»Wie meinst du das?«
Sie schaute sich verstohlen um und vergewisserte sich, dass Ed nicht in Hörweite war, ehe sie antwortete. »Also … nach Celias Anruf war er wie besessen . Ich habe ihn noch nie so entschlossen erlebt. Ein Mann auf einer Mission. Echt unglaublich – vor allem in Anbetracht dessen, mit wem er an dem Abend eigentlich ein Date gehabt hätte.«
»Er hatte ein Date?« Ich war in den letzten Tagen so sehr mit mir selbst beschäftigt gewesen, dass mir der Gedanke überhaupt nicht gekommen war, Ed könnte alles stehen und liegen gelassen haben, um zu meiner Rettung zu eilen.
»Mmmmh.« Marnie nickte bedeutungsvoll. »Mit Teagan Montgomery – der Nachrichtensprecherin, die es letzten Monat in die Top Ten der schönsten Frauen Manhattans der New York Post geschafft hat.«
Da staunte ich nicht schlecht. »Sicher?«
Marnie zwinkerte mir verschwörerisch zu. » Ganz sicher. Ich habe ihm sogar noch angeboten, sie für ihn anzurufen, aber er meinte, das wäre ›jetzt nicht weiter wichtig‹ – kaum zu glauben, was?«
»Ed war einfach klasse. Er hat sich wirklich rührend um mich gekümmert. Aber hätten wir etwas anderes von ihm erwartet? Immerhin ist er unser Ed.«
»Tja … ich glaube nicht, dass er das für jede getan hätte«,
grinste Marnie und verschwand hinter den Ladentisch, um einen Kunden zu bedienen.
Wieder in meinem Laden zu sein, umgeben von vertrauten Menschen und meinen geliebten Blumen, gab mir neue Kraft und ließ mich Hoffnung schöpfen. Alles würde gut werden.
Den ganzen Tag über und auch noch die folgende Woche merkte ich praktisch stündlich, wie ich wieder zu alter Form auflief. Celia
Weitere Kostenlose Bücher