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Die wunderbare Welt der Rosie Duncan

Die wunderbare Welt der Rosie Duncan

Titel: Die wunderbare Welt der Rosie Duncan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dickinson Miranda
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stellte einen Korb auf den Tresen. »Wie wäre es mit diesen kleinen Schätzchen?« In dem Korb stapelten sich große goldbraune Bagels. Der Duft nach warmem Bratapfel ließ mir das Wasser im Mund zusammenlaufen.
    »Mmmh, lecker … Apfel, Zucker und Zimt, stimmt’s? Ich nehme sechs.«
    Frank klatschte jubelnd in die Hände. »Richtig!« Überraschend wendig wirbelte er herum und rief nach hinten in die Backstube: »Hey Luigi, sie hat wieder richtig geraten! «
    Ein kräftiger, unglaublich behaarter Arm winkte kurz hinter der Tür hervor. »Ist toll, Frankie!«, rief eine heisere Stimme mit italienischem Akzent zurück.
    Frank packte meine Bagels in eine braune Papiertüte. »Du bist gut, Rosie«, meinte er lächelnd und schüttelte den Kopf. » Zu gut. Aber eines Tages tricksen wir dich aus.«

    In all den Jahren habe ich Luigi noch kein einziges Mal zu Gesicht bekommen (mal abgesehen von dem haarigen Arm und der gesichtslosen Stimme). Warum kommt er nie aus der Backstube? Versteckt er sich da? Was, wenn sie ihn dort verstecken müssen ? Was, wenn sein Anblick für den durchschnittlichen Bäckereikunden gar zu schrecklich wäre? Im Laufe der Jahre habe ich mir einige tolle Geschichten über Luigi ausgedacht. Eine geht so: Es war einmal in einem kleinen sizilianischen Dorf … Zu später Stunde sucht ein junges Paar im Schutz der Dunkelheit den Priester auf. In der beengten, spärlich beleuchteten Küche zeigen sie ihm ihr einziges Kind. Blankes Entsetzen spiegelt sich im Gesicht des Geistlichen. Er muss den Blick abwenden. Selbst im schwachen Kerzenschein ist das Kind von unaussprechlicher, nie gesehener Hässlichkeit. Schluchzend wirft die Mutter sich ihrem Gatten an die Brust. Der verzweifelte Vater fleht den Priester an: Können Sie denn nicht etwas, irgend etwas für meinen Sohn tun? Sein Leben wird unerträglich sein – die Menschen werden ihn nur nach seinem Äußeren beurteilen, sich von ihm abwenden … Des alten Priesters Miene ist voller Mitgefühl für die Not des armen Kindes. »Es gibt etwas, das wir tun können«, erwidert er. »Wenn wir ihn ein Handwerk lehren – eines, das den Menschen Freude bringt, könnten sie ihn wohl respektieren …« Und so geben die Eltern ihren Sohn in die Obhut des Klosters, wo der kleine Luigi das Handwerk des Bäckers lernt … Viele Jahre später, nachdem der junge Mann seine Lehre beendet hat, geht er nach Amerika, um dort sein Glück zu machen. Er findet Arbeit (ja, genau: bei M&H Bakers!), und der Plan des weisen alten Priesters scheint aufzugehen. Doch gegen Vorurteile und Äußerlichkeiten ist kein Kraut gewachsen, auch nicht hier, im Land der unbegrenzten Möglichkeiten, und so kommt es, dass Luigis köstliche Backwaren
den Bewohnern der Upper West Side zwar ungeahnte, nie gekannte Freuden bescheren, sein unansehnliches Äußeres ihn jedoch dazu verdammt, die Backstube sein Lebtag nicht zu verlassen …
    »Du bist schon ein verrücktes Huhn«, meinte Celia und kam lachend aus der Küche, als ich ihr meine Luigi-Geschichte erzählt hatte, »aber dein Geschmack ist vorzüglich .«
    Ich deutete eine kleine Verbeugung an. »Danke.«
    Celia setzte sich. »Und jetzt erzähl mal. Was war gestern los? Du warst blass wie ein Gespenst, als du endlich bei mir aufgetaucht bist.«
    Ich zuckte kurz zusammen, als ich alles auf einmal wieder ganz lebhaft vor mir sah. »Ach … nur ein etwas anstrengendes Gespräch …«
    Celia schaute mich fragend an. »Ach ja?«
    »Mit Ed.«
    »Ah … und warum anstrengend?«
    »Wir hatten uns gestritten, weil …« Ich überlegte, was ich sagen sollte. »Wegen irgendeiner dummen Kleinigkeit. Ich habe es schon wieder vergessen.« Hoffentlich würde Celia nicht nachfragen, aber wie zu erwarten, war sie viel zu neugierig, um diskret zu sein. Ihre Augen blitzten auf, und ich sprach schnell weiter: »Kurzum, es sind einige unschöne Worte gefallen, ich habe mich entschuldigt, wir haben uns wieder versöhnt und dann … ähm …«
    Gespannt beugte Celia sich vor und hätte dabei fast ihren Kaffee verschüttet. »Und dann …?«
    »Und dann hätte ich ihm beinahe alles erzählt. Warum ich nach Amerika gekommen bin. Was dann passiert ist. Und so weiter.«
    Celia hielt den Atem an. »Aber du hast es nicht getan?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Ich konnte es nicht. Das
Schlimmste daran ist, dass es für ihn jetzt so aussehen muss, als würde ich ihm nicht vertrauen.«
    Celia gab sich entrüstet. »Aber nein, Süße, ganz und gar nicht!«
    »Meinst

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