Die wunderbare Welt der Rosie Duncan
eine
Vorstellung davon, welche Probleme er Kowalski’s machen kann, wenn er es drauf anlegt?«
Celias Lächeln verblasste ein wenig. »Wie meinst du das, Honey?«
»Denk doch mal nach! Ich will mir Philippe Devereau nicht zum Feind machen. In Sachen Floristik ist er in New York Marktführer. Sein Unternehmen ist riesig . Er wird es sich nicht bieten lassen, wenn ein kleiner Laden wie Kowalski’s ihm seine besten Kunden wegschnappt.«
Celia umarmte mich. »Du schnappst sie ihm ja nicht weg«, beruhigte sie mich. »Sie kommen von selbst zu dir! Außerdem machst du dir mal wieder viel zu viele Sorgen, Rosie. Das ist Business, alles völlig legitim.«
Wenn sie sich da mal nicht täuschte.
6
Der nächste Morgen war sonnig und schön. Kleine weiße Schleierwolken hingen malerisch am Himmel, als ich meine Vorhänge zurückzog, um den Tag hereinzulassen. Das Laub des Silberahorns vor meinem Fenster begann sich langsam in prächtiges Goldgelb zu färben. Als ich die Haustür öffnete und die Treppe hinabeilte, schlug mir schon spürbar herbstliche Luft entgegen.
Von mir zu Celia ist es nicht weit, doch der kurze Spaziergang ist zu einem meiner Samstagsrituale geworden. Meine freien Samstage sind mir heilig – um nichts in der Welt würde ich sie mir nehmen lassen. Doch das war nicht immer so. Als ich Kowalski’s vor fünf Jahren übernommen hatte, wagte ich nicht eine Sekunde, meinen Laden aus den Augen zu lassen. Wenn der Laden geöffnet war, war ich da. Ich entwickelte eine geradezu apokalyptische Fantasie – so, als würden Aliens bei Kowalski’s einfallen, ein Komet einschlagen, alles in die Luft fliegen (oder all das auf einmal), sobald ich mal einen Augenblick nicht da wäre. Meine Schreckensvision war, dass meine traumatisierten Mitarbeiter mich bei meiner Rückkehr mit leerem Blick anstarren und mit tonloser Stimme fragen würden: »Wo warst du, als wir dich brauchten?«
Nach ungefähr einem Jahr war ich so erschöpft und ausgebrannt, dass meine Kreativität sich verflüchtigte – und ebenso einige unserer Kunden, da meine Entwürfe wirklich nicht mehr besonders einfallsreich waren. Höchste Zeit, dass Ed mich beiseitenahm und mir höflich, aber sehr bestimmt vorschlug, dass ich eine regelmäßige Auszeit vom Laden nehmen solle – nicht nur mir zuliebe, sondern zum Wohle aller.
»Du brauchst Zeit, um dich zu regenerieren«, sagte er in einem Ton, der keinen Widerspruch duldete. »Einen Tag die Woche kommen Marnie und ich auch ohne dich zurecht. Sagst du nicht selbst immer, wie sehr du New York liebst? Nimm dir Zeit, genieß die Stadt. Sonst wirst du hier nicht alt.«
Er hatte natürlich Recht. Und so nahm ich mir von da an samstags frei, um mich mit Celia und anderen Freunden zu treffen. Die Sonntage verbrachte ich mit Lektüre, Stilrecherche und Ideenfindung – oder damit, durch New York zu schlendern und meine wunderbare Stadt zu erkunden, was meist unter der kundigen (wenngleich etwas essensfixierten) Führung von Ed geschah.
Und da wir gerade vom Essen reden: Auf dem Weg zu Celia mache ich immer noch einen kleinen Abstecher bei meiner Hausbäckerei M&H Bakers, um ein paar frische Brötchen, Bagels oder Muffins für unser Frühstück zu besorgen. Was ich an New York besonders liebe, ist diese gesunde Mischung aus gutem Essen und guten Gesprächen. Irgendwie fällt es einem doch gleich viel leichter, schwerwiegende Probleme zu lösen, wenn einem ein warmer Bagel mit Frischkäse und Räucherlachs oder ein kleiner Blaubeermuffin nahrhaft zur Seite stehen. Sogar Ed, der eine herzliche Abneigung gegen die Upper West Side pflegt, ist von M&H begeistert.
Als ich heute hereinkam, grüßte Frank, der kleine kugelrunde Typ hinter dem Verkaufstresen, mich lautstark: »Die fabelhafte Rosie Duncan! Einen wunderschönen guten Morgen!«
»Hi Frank. Wie geht es dir heute?«
Er winkte ab. »Ach, lass gut sein.«
»Hmmm.« Ich nickte wissend. Das Wetter kann noch so schön, die Kundschaft noch so zahlreich und sein Leben überhaupt ganz wunderbar sein: Frank findet immer etwas, das ihn zur Verzweiflung treibt. In dieser Hinsicht ist er ganz New Yorker. »So«, meinte ich lächelnd und inspizierte die Auslage, »was gibt es denn heute Schönes? Irgendetwas besonders Gutes?«
Frank legte sich die Hand aufs Herz und tat beleidigt. »Ob es was besonders Gutes gibt, fragt sie mich! Was besonders Gutes! Ich bin schockiert. Bei mir gibt es nur Gutes. Okay, Lady, jetzt pass mal auf …« Er griff hinter sich und
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