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Die wunderbare Welt der Rosie Duncan

Die wunderbare Welt der Rosie Duncan

Titel: Die wunderbare Welt der Rosie Duncan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dickinson Miranda
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immer die Augen an, Rosie. Sie erzählen dir die wahre Geschichte.«
    Tränen waren ihr in die Augen gestiegen, als sie das sagte, und ich weiß noch, wie sie aufgestanden und zum Fernseher gegangen war. Mit beiden Händen hatte sie die untere Gesichtshälfte des Mannes bedeckt. Und es stimmte: In seinen Augen standen Angst, Schmerz und unbeschreibliche Qual. Als Mum ihre Hände wieder wegnahm, kehrte das Lächeln zurück, aber die Augen blieben seltsam leblos.
    Ich habe gelernt, Leuten in die Augen zu schauen, und folglich schon in jungen Jahren teils schreckliche Wahrheiten gesehen. In Mums Augen beispielsweise, als sie das mit Dad erfahren hatte. Oder in Bens Augen, kurz bevor ich Boston verlassen hatte. Am schlimmsten war, dass ich es fast jeden Tag in meinen Augen sah. Manchmal wünschte ich mir, dass Mum mir das nie gesagt hätte. Manchmal ist es besser, wenn die Wahrheit verborgen bleibt.
    Eds Augen hatten mir heute richtig Angst gemacht. Sie erzählten eine völlig andere Geschichte – eine Geschichte, von der niemand etwas zu ahnen schien. Aber so ganz schlau wurde ich nicht daraus. Das strahlende Blau seiner Augen war normalerweise warm und freundlich, stets schienen sie ungeduldig auf eine Gelegenheit zu warten, verschmitzt zu funkeln. Aber heute Nachmittag waren seine Augen kalt gewesen, durchdringend, fragend – argwöhnisch gar. Das hatte ich bei ihm nie zuvor gesehen, und es beunruhigte mich. Er hatte gesagt, dass alles okay sei. Sein Lächeln und sein Kuss hatten sagen sollen, dass alles okay sei. Das könnte ich ihm glauben, wenn ich wollte – und ich wollte es ihm glauben –, und doch blieb da ein hartnäckiges Fragezeichen. Denn während er mir beteuert hatte, dass alles okay sei, hatten seine Augen geschwiegen.

    Auf dem Heimweg stellte ich fest, dass auch die Augen meines Bruders etwas verbargen. James berichtete mir glückstrahlend, was er den Tag über Schönes gemacht und mit wem er sich alles getroffen habe, doch ich wurde das ungute Gefühl nicht los, dass er mir etwas verschwieg. Dieses Gefühl hatte sich seit gestern stetig verstärkt, und bislang hatte er wenig getan, um meine Befürchtungen zu zerstreuen.
    Zwei Stunden später, als James und ich uns auf den Weg ins Blue:One machten – das derzeit angesagteste Restaurant in New York –, hatte sich daran wenig geändert. Es überraschte mich, dass James dort einen Tisch bekommen hatte. Sogar Celia, die normalerweise überall eine Reservierung bekam, hatte sich einen Monat gedulden müssen. Das Restaurant befand sich im unteren Geschoss eines der besten Hotels am Broadway und wurde von Schauspielern, Fernsehstars, Filmleuten und zahlreichen Anwälten frequentiert. Doch nicht nur auf eine Tischreservierung musste man eine Weile warten: Angeblich gab es eine vierseitige Warteliste für Jobanwärter, was sich vielleicht damit erklären ließ, dass das Blue:One bei jungen Schauspielern als die Adresse galt, wo man sich sogar beim Kellnern den wirklich wichtigen Leuten präsentieren konnte.
    James und ich wurden zu einem Tisch im hinteren Teil des Restaurants geführt. Das Blue:One machte seinem Namen alle Ehre: Die dunkelblauen Wände wurden von blassblau-grünlichen Bodenlichtern angestrahlt. An der türkisblauen Decke funkelten zwischen weißen Halogenleuchten winzige Lichter wie kobaltblaue Sterne, was ein ziemlich aquatisches , doch erstaunlich gemütliches Ambiente schaffte. Kellner in weißen Hemden und marineblauen Hosen, über dem Arm ein blaues Leinentuch, huschten lautlos und routiniert zwischen den blauweiß eingedeckten Tischen
umher. In zwei der Wände war ein riesiges Aquarium eingelassen, in dem sich kleine Fische in allen nur erdenklichen Farben tummelten. Wenn man ihnen eine Weile zuschaute, sah es fast so aus, als bewegten sie sich im Einklang mit den Kellnern.
    Als unser Kellner zwei Mojitos brachte, bestellten wir auch gleich das Essen.
    James nahm einen Schluck von seinem Drink und schaute mich an. »Okay, Rosie – was ist los?«
    »Wie bitte?«
    »Tu nicht so. Du hast den ganzen Abend kaum ein Wort gesagt.«
    Ich lächelte ihn an. »Gar nichts ist los, James. Ich hatte einfach nur einen anstrengenden Tag.«
    »Puh, Glück gehabt! Ich hatte schon Angst, du würdest hier Riesenprobleme wälzen, und ich müsste dich den ganzen Abend ausquetschen, um zu erfahren, was los ist.« Sichtlich erleichtert lehnte James sich zurück. Besonders einfühlsam oder beharrlich war er noch nie gewesen. Aber genau das mag ich ja an

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