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Die wunderbare Welt der Rosie Duncan

Die wunderbare Welt der Rosie Duncan

Titel: Die wunderbare Welt der Rosie Duncan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dickinson Miranda
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jüngsten Autorentreffen zu berichten, aber James hatte sich jetzt so richtig eingeschossen und bezeichnete alle amerikanischen Autoren nach Steinbeck als »prätentiöse Abschreiber«. Als ich das Dessert servierte, hatten die Gemüter sich etwas abgekühlt, und meine Gäste saßen sich in eisigem Schweigen gegenüber. Beim Kaffee wagte keiner mehr, den anderen
anzuschauen. Kalte Wut brodelte unter dem Tisch. Dennoch hatte ich die Hoffnung nie aufgegeben, dass Celia und James sich eines Tages doch noch prächtig miteinander verstehen würden. Bislang eine allem Anschein nach vergebliche Hoffnung.
    James tat Celias überraschte Reaktion – wie eigentlich alles, was von Celia kam – mit einem genervten Stöhnen ab und verdrehte die Augen, aber mir entging nicht, dass er Angst hatte. Er versuchte es zu überspielen, konnte es jedoch schlecht verbergen (so ähnlich wie die Schmuddelmagazine, die er als Teenie stapelweise unter seinem Bett gehortet hatte – man wusste zwar, dass da etwas war, doch was genau, konnte man nur raten).
    Ich beschloss, die Sache direkt anzugehen und bot ihm ein paar Oreos an, um ihm meine Frage ein bisschen zu versüßen: »Jetzt mal raus mit der Sprache, Jim – was ist los?«
    »Was soll denn los sein?«, fragte er unschuldig.
    »Dein plötzlicher Besuch hier, das tolle Essen heute Abend, Celias Reaktion eben – was hast du dir diesmal eingebrockt? «
    James lächelte mich strahlend an, doch es war kaum zu übersehen, wie nervös er war.
    »Nichts …« Die Stimme versagte ihm. Er räusperte sich. »Nichts, Schwesterherz. Ich wollte nur mal ein Weilchen aus Washington weg und … Auch wenn du mir das nicht glaubst, aber ich habe dich wirklich vermisst.«
    »Ich weiß, dass Mum dich für unfehlbar hält, aber ich mache mir Sorgen um dich. Jetzt mal ganz im Ernst: Wir wissen doch beide, dass du Probleme geradezu magisch anzuziehen scheinst.« Ohne ihn aus den Augen zu lassen, fuhr ich fort: »Als ich vorhin vom Heiraten sprach, bist du kurz zusammengezuckt. Was sollte das bedeuten?«
    Wieder räusperte er sich. »Das verstehst du nicht, Rosie.
Das verstehen nur Männer.« Er grinste, doch ich sah, dass ihm der Schweiß ausbrach. »Ich bin vierunddreißig – da denkt man nicht mal ans Heiraten! Nein, jetzt mal im Ernst, ich habe gerade viel zu viel Spaß im Leben, um mir darüber Gedanken zu machen. Außerdem finde ich das eine ziemlich seltsame Bemerkung – ausgerechnet von dir …« Autsch, das saß. Ich sah beiseite. Da verging auch ihm das Lächeln, und er griff nach meiner Hand. »Glaub mir, es ist alles in Ordnung. Machen wir uns doch einfach ein paar schöne Tage zusammen … Du weißt, dass du als Erste davon erfahren würdest, wenn ich Hilfe bräuchte.«
    Ich musste lächeln und umarmte ihn. Noch immer langten meine Arme nicht ganz um ihn herum – genauso wie früher. Seine breiten Schultern entspannten sich, und er hielt mich eine Weile in den Armen. »Danke, kleines Schwesterchen«, murmelte er.
    Als ich später im Bett lag, meinte ich plötzlich Stimmen zu hören. Ich ließ meine zerfledderte Ausgabe von E. F. Bensons Mapp & Lucia sinken (ein Geschenk von Marnie, das sie in ihrem Lieblingsantiquariat aufgestöbert hatte) und kletterte aus dem Bett. Auf Zehenspitzen schlich ich zur Tür, unter der noch Licht aus dem Wohnzimmer durchschien. Und jetzt hörte ich es ganz deutlich: James unterhielt sich in gedämpftem Flüsterton. Vorsichtig öffnete ich die Tür einen Spaltbreit und spähte hinaus. James hockte vornübergebeugt auf seinem Couchbett und sprach eindringlich in sein Handy. Er flüsterte mit heiserer Stimme, und obwohl er mir den Rücken zukehrte, war mehr als offensichtlich, dass es wohl kein sehr erfreuliches Gespräch war.
    »… ist doch egal, was ich gesagt habe … ich will aus der Sache raus, kapiert? … Ja, tu, was getan werden muss … Ich … Nein, ich kann so nicht weitermachen … Ich kann es
einfach nicht, okay? … Ja, ja, egal … Hör zu, ich bin Samstag zurück … Genau, reden wir dann … Ähm, nein … Ja, du auch. Gute Nacht.« Er schaltete das Telefon aus, ließ sich aufs Bett fallen und schlug die Hände vors Gesicht.
    Lautlos schloss ich meine Tür wieder.

10
    Am Freitagmorgen schien die Sonne schon viel früher zum Fenster herein, als mir lieb gewesen wäre. Ich hatte die ganze Nacht kaum ein Auge zugetan und fühlte mich entsprechend zerschlagen, als ich mich aus dem Bett quälte. Ein Blick in den Badezimmerspiegel offenbarte das wahre

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