Die wunderbare Welt der Rosie Duncan
verkneifen musste, die ihm auf der Zunge lag, und stattdessen höflich fragte: »Dachten Sie an etwas Bestimmtes?«
Der BlackBerry-Typ warf einen flüchtigen Blick auf unser wirklich beeindruckendes Sortiment an Schnittblumen. »Egal«, meinte er. »Teuer soll es sein. Geld spielt keine Rolle. « Ehe Ed noch etwas sagen konnte, hing der Typ wieder am Telefon. »Bist du noch dran, Murray? Yeah, kleines Friedensangebot für Susie, damit sie mir nicht noch den letzten Cent abknöpft. Was? Ja, klar, was denkst du – das mit der Kleinen, die ich in Philadelphia aufgegabelt hatte, hat sie spitzbekommen. Hat gleich wieder mit Scheidung gedroht. Ja, ja … immer dasselbe. Was? Schadensbegrenzung … yeah.« Sein Lachen klang so dreckig, dass es fast schon faszinierend war.
Und da aller guten Dinge drei sind, regte sich Ed noch mehr über die Reaktion des BlackBerry-Typen auf, als Ed sich hörbar räuspern und gar winken musste, um den Kunden abermals auf sich aufmerksam zu machen.
»Wart mal, der Typ will was von mir«, sagte der genervt und schaute Ed wütend an. »Was ist?«
Ed biss die Zähne zusammen und lächelte. »Entschuldigen Sie die Störung, Sir , aber ich müsste schon wissen, was Sie sich in etwa vorstellen, und ob Sie es gleich mitnehmen oder geliefert haben wollen.«
Der BlackBerry-Typ verdrehte die Augen und wandte
sich wieder seinem Telefonat zu. »Murray? Ich ruf dich zurück. Die stellen sich hier vielleicht an wegen ein paar Blumen. Ha, wem sagst du das! Jep, bis gleich.« Er steckte sein BlackBerry weg und hob ergeben beide Hände. »So, zufrieden?«
»Schon besser, vielen Dank «, erwiderte Ed, und nur dem BlackBerry-Typen schien der Sarkasmus zu entgehen.
Als der Typ endlich weg war – nachdem er noch drei weitere Anrufe angenommen und etliche E-Mails verschickt hatte –, hatten wir alle so einen Hals! Dafür, dass er seine Frau betrogen hatte (und das in Serie, wie es schien), hatte er herzlich wenig Reue erkennen lassen – tatsächlich hatte er erst dann mit seinen blöden Sprüchen aufgehört, als uns unsere Abneigung wohl gar zu offensichtlich im Gesicht gestanden hatte. Über hundert Dollar hatte er sich sein kleines Friedensangebot kosten lassen, das wohl weniger als Entschuldigung gedacht war, sondern ihm eine teure Scheidung ersparen sollte.
Traurig, aber auch das gehört zum Leben und dem Mosaik aus Geschichten, das diese Stadt und unsere Arbeit so einzigartig und interessant macht.
»Denkst du auch manchmal, dass du eines Tages vielleicht selbst so werden könntest wie der BlackBerry-Typ?«, fragte Ed mich eines Sonntags, als wir auf der weinrot gepolsterten Fensterbank des Caffe Marco an der Lafayette Street in NoLita saßen und bombolini aßen – kleine italienische Donuts, die mit Schokolade, Vanillecreme oder Marmelade (Eds Favorit) gefüllt waren.
Auf unseren Wochenendtouren kommen wir ziemlich oft hier vorbei. Ed ist von der opulenten Einrichtung ganz angetan: große Kristallkronleuchter und weiß lasierte barocke Holzstühle, während die Backwaren, unter der weißen
Marmortheke in spartanischen Glasvitrinen ordentlich aufgereiht, fast schon puristisch wirken. Opulent ist auch der Kaffee – tiefschwarz und so stark, dass er sogar einen Langschläfer wie Ed am Sonntagmorgen wachkickt.
»Nein, ich glaube nicht, dass wir dazu abgebrüht genug wären«, erwiderte ich und trank einen Schluck von meinem göttlichen Espresso, der sofort ein herrlich waches Kribbeln durch meinen Körper jagte.
»Trotzdem. Manchmal mache ich mir schon Sorgen, dass ich eines Tages so sehr mit mir selbst und meinem Leben beschäftigt sein könnte, dass andere Leute mir gleichgültig werden. Wahrscheinlich merkt man das erst, wenn es zu spät ist. Oder gar nicht.«
»Du solltest mit diesem Espresso aufpassen«, meinte ich lächelnd. »Der lässt sogar Eisberge schmelzen.«
»Mach dich ruhig über mich lustig, Rosie, aber weißt du – jeder unserer Kunden könnte so sein, wie wir mal werden. Was hat Mr Kowalski immer gesagt? ›Die Geschichte der anderen ist nur einen Schritt von deiner entfernt.‹« Bei dem Gedanken schüttelte es ihn. »Erinnere mich bitte daran, dass ich mir niemals ein BlackBerry kaufen werde, okay?«
»Das arme BlackBerry konnte nun wirklich nichts dafür, Ed. Der Typ war schon vorher so.«
»Ich weiß, aber wenn man so viele verschiedene Leute sieht, fängt man doch irgendwann an, Vergleiche zu ziehen, oder?« Er steckte sich noch einen Marmeladen-Donut in den
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