Die wunderbare Welt der Rosie Duncan
nicht fertig. »Und was Ihre Kunden anbelangt, so hatte ich ja bereits gesagt, dass ich es keineswegs auf sie abgesehen habe – vielmehr scheinen sie es auf mich abgesehen zu haben, wofür ich nun wahrlich nichts kann. Und wenn Sie nun bitte entschuldigen würden, aber heute ist mein freier Tag, und ich würde ihn gern in Ruhe genießen.«
»Ich glaube Ihnen kein Wort!«, zischte Philippe. »Nicht zu fassen, dass ich – Manhattans fraglos bester und begehrtester Floralkünstler – mir das von einer größenwahnsinnigen Blumenverkäuferin bieten lassen muss! Ja, was glauben Sie eigentlich, wer Sie sind?«
Jetzt reichte es Ed. Bevor ich ihn davon abhalten konnte, war er auch schon aufgesprungen. »Sie wollen wissen, wer sie ist? Das kann ich Ihnen sagen, Sie kleiner Wichtigtuer.
Sie ist eine kreative und innovative Designerin, die mit Herz und Seele Floristin ist. Diese Stadt braucht einen Laden wie Kowalski’s. Rosie hat ein Gespür für Farben und Formen und die natürliche Schönheit der Blumen, das Ihnen völlig abgeht. Lassen Sie sich eins gesagt sein, Mr Devereau: Kowalski’s wird den Markt so sehr aufmischen, dass Ihnen noch Hören und Sehen vergeht. Und wenn Sie uns nun bitte allein lassen würden.« Kopfschüttelnd setzte er sich wieder. »Schon erstaunlich, wen man hier sonntags so alles reinlässt, was?«
Es rührte mich, dass Ed sich so ritterlich für mich geschlagen hatte. Dankbar lächelte ich ihn an. »Du sagst es.«
Philippe samt Assistent setzten derweil wutschnaubend ihren Abgang in Szene.
Blumen sind Geschmackssache – nicht jeder mag dieselben. Und ich wage mir kaum vorzustellen, was Philippes Lieblingsblume ist … Doch das nur am Rande. Celia kann beispielsweise Lilien im wahrsten Sinne des Wortes nicht riechen. Überhaupt ist sie bei Blumen ziemlich pingelig: Auch Hyazinthen und Jasmin finden bei ihr keine Gnade. Weshalb meine Aufgabe als Floristin nicht nur die reine Ästhetik, sondern auch die Analyse ist – was vielleicht auch die Couch erklärt. Blumen, so hat Mr Kowalski uns stets in Erinnerung gerufen, seien wie Menschen: So wie wir alle unsere ganz eigenen, unverwechselbaren Eigenschaften hätten, hätten auch Blumen ihre jeweils ganz spezifischen Farben, Formen, Düfte.
Einmal hat Celia mich gefragt, was wir drei bei Kowalski’s denn dann für Blumen wären. Ich musste gar nicht lange nachdenken. Ed wäre eine Silberdistel oder eine Protea – ein beeindruckendes Äußeres, hinter dem sich ein vielschichtiges Inneres verbarg. Marnie wäre eindeutig eine Gerbera
– bunt, fröhlich und unverwechselbar. Bei Mr Kowalski musste ich immer an eine Chrysantheme denken – rund und ausgeglichen, unprätentiös und solide, vielschichtig, doch irgendwie auch zugänglich und vertraut.
Celia selbst ist übrigens ganz einfach: Sie wäre eine Gladiole – stolz und unerschrocken, ein bisschen grell und nicht zu übersehen, für manche unwiderstehlich, für andere gewöhnungsbedürftig und überzüchtet. Und ich … Tja, ich mache meinem Namen alle Ehre: Ich bin durch und durch eine Rose – außen voller Leben, doch unter der schönen Blüte unglaublich gut gegen alles von außen gewappnet. Auch die Dornen sind nicht ohne Grund da: Sie waren nötig, damit ich wieder nach vorn schauen und mich dem Leben stellen konnte.
Wenn ich Nate noch auf die Liste setzen würde, wäre er wahrscheinlich ein Gänseblümchen: sorglos und glücklich, gleichmütig der Welt seine Sonnenseite zeigend, unter der sich jedoch – ähnlich den dicken, dunklen Blättern unter der leichten, hellen Blüte – ein weitaus tieferes und komplizierteres Wesen verbarg.
Derzeit genügte es mir völlig, mich an Nates heiterer, sonniger Seite zu erfreuen, doch ich merkte, dass seine verborgenen Eigenschaften zunehmend an die Oberfläche drängten. Je mehr Zeit ich mit ihm verbrachte, desto klarer wurde mir, dass sich hinter dem unkomplizierten Äußeren noch ganz andere Dinge abspielten. Ob er sich das eingestehen und seine wahre Geschichte entdecken würde, blieb abzuwarten.
Wie kaum anders zu erwarten, war Celia auch weiterhin höchst interessiert an meiner Freundschaft mit Nate. Jede neue Entwicklung wurde von ihr bis ins kleinste Detail analysiert. Die meisten ihrer Verhöre fanden beim Essen statt –
entweder in ihrer Wohnung oder in einem der zahlreichen Restaurants und Cafés, in denen sie sich ebenso zu Hause fühlte.
»Ist Brunch nicht eine göttliche Erfindung?«, seufzte Celia eines Samstagmorgens
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