Die wunderbare Welt der Rosie Duncan
und mich schier in den Wahnsinn, weil er uns so regen Anteil daran nehmen ließ. Irgendwann meinte Marnie genervt, dass sie sich lieber nochmal eine Grippe einfangen und eine Woche im Bett liegen würde, als sich jeden Tag Eds Erfolgsgeschichten anhören zu müssen.
»Ehrlich, Rosie, wenn ich nur noch eine einzige von seinen tollen Storys hören muss, drehe ich durch«, hatte sie mir erst letzte Woche anvertraut, als wir Blumen für die Handelsmesse in den Lieferwagen luden.
»Ich weiß, was du meinst«, erwiderte ich und legte ihr verständnisvoll die Hand auf die Schulter. »Ich werde mal mit ihm reden.«
»Worüber reden?«, fragte Ed, der an der Hintertür aufgetaucht war. Marnie lächelte mir kurz zu und verschwand nach drinnen.
»Okay, hör zu – es ist ganz toll, dass du datest, und wir sind auch wirklich wahnsinnig gespannt darauf zu erfahren, mit welchen tollen Frauen du ausgehst, aber bei der Arbeit solltest du damit nicht gar so sehr ins Detail gehen, okay?«
Eds Lächeln wirkte leicht irritiert. »Warum denn das auf einmal?«
»Weil du in letzter Zeit über nichts anderes mehr redest. Früher war es wenigstens immer Daten und Baseball oder Daten und Filme. Jetzt geht es nur noch Date, Date, Date – die ganze Zeit. Um ganz ehrlich zu sein: Es wird langsam langweilig.«
Ed schüttelte den Kopf und wich einen Schritt zurück. »Das findest du , Rosie. Tut mir leid, aber ich bin eben einfach glücklich . Sollte das jetzt etwa heißen, dass ihr beiden nicht wollt, dass ich glücklich bin?«
Seufzend schaute ich zu Boden. »Nein, das meinte ich nicht, und das weißt du ganz genau. Du kannst ruhig daten, so viel du willst, und deinen Spaß dabei haben, aber bitte erzähl uns nicht jeden Tag in allen Einzelheiten davon, okay?«
»Kein Problem«, meinte Ed achselzuckend. »Willst du wissen, was ich glaube? Ich glaube, du bist einfach nur neidisch. «
»Wie bitte?«
»Aber das ist schon okay, ehrlich. Mir brauchst du nichts vorzumachen.«
»Tut mir leid, aber ich weiß wirklich nicht, was du meinst.«
»Komm schon, Rosie, gib es zu: Es geht doch gar nicht darum, dass ich euch zuquatsche. Womit du wirklich ein Problem hast, ist, dass jedes Date, das ich habe, dich daran erinnert, dass du keins hast. Wie ich schon sagte – du bist
neidisch.« Triumphierend verschränkte er die Arme vor der Brust.
Genervt schlug ich die Hecktür des Lieferwagens zu. »Nein, bin ich nicht. Und Marnie auch nicht, klar? Sie ist gerade einfach nur ein bisschen … empfindlich , weil sie sich in jemanden aus ihrer Theatergruppe verknallt hat, der aber nicht an ihr interessiert zu sein scheint. Das setzt ihr ziemlich zu.«
Ed ließ die Arme hängen und schaute betreten drein. »Oh Mann, das konnte ich ja nicht wissen. Tut mir leid.«
»Schon okay. Wir sollten aber ein bisschen aufpassen, was wir sagen, bis sie darüber hinweg ist.«
»Meinst du, ich soll ihr erzählen, wie die World Series gelaufen ist?«
Ich klopfte ihm auf die Schulter und ging zurück in den Laden. »Einen Versuch ist es wert.«
Also wie gesagt, Ed war eigentlich so wie immer. Aber irgendwie hatte ich das Gefühl, dass er vielleicht doch nicht ganz so glücklich war, wie er gern – und vor allem oft – behauptete.
»Ich glaube, du machst dir zu viel Sorgen, Rosie«, fand Celia. »Ed ist erwachsen. Wahrscheinlich kann er ganz gut selbst auf sich aufpassen.«
»Was wohl heißen soll: ›Halt dich da raus, Rosie‹?« Celia schlang die Arme um mich und drückte mir in ihrem Überschwang alle Luft aus den Lungen. »Hör auf, dir deswegen Gedanken zu machen, Darling. So, und jetzt zu meiner Gästeliste für das Thanksgiving-Dinner …«
»Okay, aber könnten wir uns dabei die Parade im Fernsehen anschauen?«
Mitleidig schüttelte Celia den Kopf. »Aber ja doch, mein Schatz. Soll ich dir auch eine warme Milch und ein paar Kekse bringen?«
Ich lächelte schüchtern. »Danke, Mami, mein Bagel ist total prima.«
Celia verdrehte die Augen und griff nach der Fernbedienung.
Manche Leute finden es unverantwortlich, Kindern weiszumachen, dass es den Weihnachtsmann wirklich gebe. Ich kann verstehen, was sie meinen. Ich meine, wenn man Eltern hat, die einem versprechen, immer die Wahrheit zu sagen, und man dann eines Tages herausfindet, dass sie einen angelogen haben – wie soll man da noch Vertrauen zu ihnen haben? Ich war vier, als ich hinter die Weihnachtsmann-Lüge kam, aber wider Erwarten konnte das mein Vertrauen in meine Eltern nicht
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