Die wunderbare Welt der Rosie Duncan
erzählt,
und ehe ich es mich versah, habe ich ihm auch von Dad erzählt.«
Celia seufzte theatralisch und hielt sich die Stirn. »Rosie, ich bin schon über vierzig – was zwar außer dir und meiner Mutter niemand weiß, aber eine alte Frau wie mich darfst du doch nicht so erschrecken! Hier, fühl mein Herz … ja, los, fühl schon … ich habe ganz furchtbares Herzrasen!«
»Keine Sorge, du wirst es überleben.«
»Du grausame Engländerin, du«, fuhr sie fort, holte ein paarmal tief Luft und wedelte sich mit den Händen vor dem Gesicht herum, als wäre sie eben den New-York-Marathon gelaufen. »Du hast mich wirklich zu Tode erschreckt – um das wiedergutzumachen, musst du mir ganz genau berichten, wie es zu dieser Unterhaltung gekommen ist. Ich will alles wissen.«
Ich nickte gehorsam und tat, wie mir geheißen.
Nate war etwas später gekommen als sonst. Er wirkte abgehetzt und erschöpft. Beides war ungewöhnlich. »Warum sind in dieser Stadt eigentlich alle unfähig, mal auf etwas zu warten?«, fing er an, kaum dass er zur Tür herein war.
»Hmmm … kein guter Tag, was?«
Das vertraute schiefe Grinsen kehrte zurück. » Das kannst du wohl sagen. Ich hatte heute drei Agenten, die mich alle zwanzig Minuten angerufen haben und wissen wollten, ob ich das Manuskript ihres Autors schon gelesen hätte. Und dann ruft mein Chef an und sagt, wir sollten das neue Manuskript eines Promi-Autors so schnell wie möglich durchpeitschen, weil Fox und Miramax an den Filmrechten interessiert seien. Niemand scheint sich mehr Zeit für irgendwas zu nehmen. Warum können die Leute sich nicht einfach gedulden?«
»Schade, dass du Mr Kowalski nicht mehr kennengelernt hast. Ihr hättet euch prächtig verstanden.«
»Auch wenn es seltsam klingt, aber ich habe manchmal
das Gefühl, als würde ich ihn kennen. Du redest sehr oft von ihm. Manchmal denke ich, dass er für dich fast wie ein Vater war.«
Damit hatte ich nicht gerechnet. Andererseits hätte es mich nicht überraschen sollen. Nates Beobachtungsgabe war ebenso scharf wie Eds aus der Hüfte geschossene Kommentare. Normalerweise ist mein Vater ein Tabuthema. Aber ehe ich es mich versah, erzählte ich Nate alles über Dad: wie er fünfzehn Jahre lang eine heimliche Affäre mit einer Freundin der Familie gehabt hatte, wie meine Mutter schließlich dahinterkam, nachdem eine Nachbarin eine beiläufige Bemerkung gemacht hatte über »die nette Dame, die immer vorbeikommt, wenn Sie bei der Arbeit sind«, wie unsere Familie daran zerbrochen ist, dass mein Vater nicht einsehen wollte, was an seinem Verhalten falsch gewesen war und an seinen unbeholfenen Versuchen, sich wieder mit Mum zu versöhnen, obwohl er nicht die Absicht hatte, sich von seiner Geliebten zu trennen, und schließlich von seinem ultimativen Verrat, als er uns verlassen und jeden Kontakt abgebrochen hatte.
Nate hörte mir aufmerksam zu. Als ich ihm gestand, dass Mr Kowalski der erste Mann war, bei dem ich wirklich das Gefühl hatte, ihm vertrauen zu können, hielt er sogar meine Hand. Ich glaube, dieses Gespräch war ein Wendepunkt in unserer Freundschaft. Sei es nun wachsendes Vertrauen, Respekt oder wie immer man es nennen wollte – von diesem Moment an war es, als wäre unsere Beziehung tiefer und intensiver geworden.
Celias Mund stand so weit offen, dass ein Greyhound-Bus geradewegs hätte hineinfahren können. »Ich kann kaum glauben, dass du ihm all das erzählt hast, Rosie!«
»Ich vertraue ihm einfach, Celia. Aber dass wir uns darüber unterhalten haben, war tatsächlich eher ungewöhnlich.
Meistens reden wir einfach über Gott und die Welt. Auf das Thema kommt es gar nicht so sehr an. Viel wichtiger ist ja, mit wem man darüber redet.«
Sie lächelte. »Du magst ihn also?«
Ein winziger Freudenschauder strampelte sich frei und fing an, in mir zu tanzen. »Ja, ich mag ihn sehr.«
Überraschenderweise ließ Celia das unkommentiert und stürzte sich gleich ins nächste Thema. »Wie geht es eigentlich Ed?«
Tja, schwierige Frage. Ed ging es gut, wie immer eben. Immer noch jede Woche mit einer anderen Frau unterwegs, immer noch der verstrubbelt-charmante Herzensbrecher. Aber irgendwie hatte ich in letzter Zeit das ungute Gefühl, dass er etwas verbarg – was einerseits nicht ungewöhnlich war beim Eisberg alias Ed Steinmann, aber diesmal war es … irgendwie anders. Seit seinem glücklosen Date mit dem Gesicht von Jean St. Pierre lief Eds Liebesleben wieder in gewohnten Bahnen. Und er trieb Marnie
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