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Die wunderbaren, aber wahrhaftigen Abenteuer des Kapitäns Corcoran

Die wunderbaren, aber wahrhaftigen Abenteuer des Kapitäns Corcoran

Titel: Die wunderbaren, aber wahrhaftigen Abenteuer des Kapitäns Corcoran Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Assolant
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ihrer aller Rettung erhofft.
     
     
11.
Ausfall der Belagerten
     
    Für einen kurzen Augenblick empfand Corcoran Angst. Louison hatte ein rauhes Brüllen von sich gegeben, als die Schießerei begann, und sich dann platt an die Erde geschmiegt. War sie tot oder verwundet? Oder verstellte sie sich nur, um ihre Feinde in Sicherheit zu wiegen? Corcoran spähte durch die Fensteröffnung, konnte jedoch keine Einzelheiten erkennen. Die Engländer schienen ihm unsicher geworden zu sein. Sie hatten jetzt eine Kette um die Pagode gebildet, fünf oder sechs Schritt voneinander entfernt, luden ihre Karabiner nach und schienen bereit, von neuem das Feuer zu eröffnen.
    Plötzlich drang ein lauter Schmerzensschrei durch das Schweigen der Nacht. Louison hatte in der Dunkelheit die Kette der Belagerer durchbrochen und einem, der sich ihr entgegengestellt hatte, ihre Zähne in die delikateste Stelle seines verlängerten Rückens geschlagen. Nun brachte sie ihn im Maul zur Pagode.
    Corcoran öffnete sofort das Tor einen Spaltbreit, um Louison hereinzulassen, auf die keiner der Engländer zu schießen wagte, aus Angst, den Mann, den sie mit sich schleppte, zu verwunden oder zu töten. Der Kapitän ließ die Tigerin herein, dem Verletzten gab er seine Freiheit wieder. Doch der arme Teufel war leider nicht in der Lage, sich für die Großzügigkeit des Kapitäns erkenntlich zu zeigen, denn er hatte einen wunden Hintern und war der Ohnmacht nahe.
    „Meine Herren!“ schrie Corcoran, nachdem er dem Verwundeten Karabiner, Revolver und Munition abgenommen hatte, „Sie können Ihren Kameraden wiederhaben. Er ist nur verwundet!“
    „Hund von einem Franzosen!“ schrie John Robarts zurück, der den Verletzten von zwei Soldaten holen ließ, die ihn vor Louisons Zähnen in Sicherheit brachten. „Sind diese Waffen etwa eines Gentleman würdig?“
    „Aber sehr verehrter Hund von einem Engländer“, erwiderte Corcoran, „warum sind Sie fünfzig oder sechzig gegen einen? Und warum wollen Sie mich abknallen wie einen Hasen, da ich doch nichts weiter im Sinn habe, als mit Ihnen wie mit der ganzen Menschheit in Frieden zu leben?“
    Während er sprach, verstopfte er mit Sugrivas Hilfe die im Tor entstandene Öffnung mit allem, was dazu angetan war, als Barrikade in Betracht zu kommen.
    Nachdem sie diese Arbeit beendet hatten, machten sie sich über das Essen her.
    „Nun schaut euch nur den Wein dieser Ketzer an… Das ist ja bester Beaujolais… Brahma und Wischnu sei Dank… Ich fürchtete schon, eine Flasche schales Ale aus Mister Alsops Brauerei vorzufinden. Die Pastete ist vorzüglich…, essen Sie, Sita. Und du, Sugriva, schone dich nicht. Morgen früh werden wir tot oder gefangen sein…“
    „Sahib Kapitän“, sagte Sugriva, „seien Sie guter Hoffnung…, ich habe soeben eine Entdeckung gemacht…“
    „Welche?“
    „Als ich vorhin nach etwas suchte, um die Öffnung im Tor zu verschließen, habe ich gemerkt, daß ich auf einer Falltür stand.“
    „Na und?“
    „Sahib Kapitän, diese Falltür muß zu einem unterirdischen Gang führen, und dieser unterirdische Gang hat vielleicht einen zweiten Ausgang auf freiem Feld. Und dann wären wir gerettet.“
    „Gerettet, sagst du…, du ja, aber Sita, nein. Du siehst ja selbst, daß das arme Geschöpf am Ende ihrer Kräfte ist und sich nicht mehr auf den Beinen halten kann.“
    „Herr, wenn ich den unterirdischen Gang finde, wie ich auch die Falltür gefunden habe, und wenn dieser Gang, wie ich hoffe, wirklich auf das freie Feld führt, dann wird Holkar noch vor Mitternacht von unserem Schicksal unterrichtet sein.“ Corcoran erhob sich augenblicklich. Sugriva hatte sich nicht geirrt. Hinter dem Schrein Wischnus befand sich die Falltür, und unter der Falltür, die sie nur mit viel Mühe anzuheben vermochten, kam eine Treppe von etwa dreißig Stufen zum Vorschein.
    „Steig allein hinunter“, sagte Corcoran, „es ist besser, wenn ich hier warte.“
    Glücklicherweise hatte er ein Feuerzeug in der Tasche, mit dessen Hilfe er eine der Kerzen vor dem Schrein anzündete. Sugriva ergriff die Kerze und stieg vorsichtig die Treppe hinab. Nach wenigen Minuten kam er zurück.
    „Der Gang ist gut ausgebaut und mannshoch“, sagte er. „Er führt zu einem Gitter, etwa hundert Schritt von hier entfernt, aber ganz gewiß in den Rücken der Engländer. Jetzt bin ich sicher nach Bhagavapur zu gelangen, wenn nicht irgendein Tiger durch die Gegend streift.“
    „Sei dessen eingedenk, daß der

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