Die wunderbaren, aber wahrhaftigen Abenteuer des Kapitäns Corcoran
überlegen waren, gab das Gelände Holkar keine Möglichkeit, die Engländer einzukreisen und aus seinem zahlenmäßigen Übergewicht einen Vorteil zu ziehen.
Die Pagode befand sich auf einer kleinen Anhöhe inmitten dichten Dschungelgrases, das erheblich höher war als ein Mann von gewöhnlicher Größe und durch das hindurchzureiten für einen Kavalleristen schier unmöglich war. Drei Pfade, die sich quer durch den Dschungel zogen, endeten auf dieser Anhöhe, und diese recht schmalen Wege waren sehr leicht zu verteidigen. Einmal in diesen „Hohlwegen“ gebunden, sah sich Holkars Kavallerie den Engländern von Angesicht zu Angesicht gegenüber, und der Ausgang des Kampfes hing mehr von der persönlichen Tapferkeit jedes einzelnen als von der Zahl der Kämpfer ab.
Holkar schäumte vor Wut, als er sah, welche Hindernisse ihm das Gelände bereitete. Darüber hinaus war der erste Aufeinanderprall der beiden Reitertrupps nicht dazu angetan, ihn zuversichtlich zu stimmen. Die Inder hielten zwar dem ersten Anprall stand, als sie aber die Engländer im gestreckten Galopp, den blanken Säbel in der Faust und weit über den Kopf des Pferdes vorgebeugt, heranstürmen sahen – John Robarts an der Spitze –, konnte sie nichts mehr an der Flucht hindern.
Sie machten auf der Stelle kehrt und strömten auf dem breiten Weg zurück, der nach Bhagavapur führte und auf dem sie gekommen waren. Erst dort gelang es Holkar und einigen seiner beherzten Offiziere, sie aufzuhalten und, indem man ihnen die zahlenmäßige Unterlegenheit des Feindes vorhielt, ihnen Vertrauen und Mut zurückzugeben.
John Robarts wurde von seiner eigenen Kühnheit mitgerissen und wollte seinen Vorstoß noch weiter fortsetzen, denn er glaubte, Holkar im Handstreich vernichten zu können; als er jedoch auf den breiten Weg nach Bhagavapur einschwenkte, der nach kurzer Zeit in eine große Lichtung einmündete, auf der Holkar seine zahlenmäßige Überlegenheit voll ausspielen und Robarts’ Männer mühelos hätte einkreisen können, änderte er seine Taktik und kehrte mit seiner Truppe im Trab an den Rand der Lichtung zurück.
Holkar ließ ihn nur durch einige Kundschafter verfolgen. Sugriva näherte sich ihm.
„Ich höre nichts“, sagte Holkar. „Ist Corcoran bereits tot oder zusammen mit meiner Tochter gefangengenommen worden?“
„Herr“, erwiderte Sugriva, „ich werde mich davon überzeugen. Sicher ist jedoch, daß Eure Tochter lebt, denn die Engländer haben großes Interesse, ihr kein Haar zu krümmen, und was den Kapitän betrifft, so habe ich ihn bei der Arbeit gesehen und kann nur sagen, daß die Kugel, die ihn töten soll, noch nicht gegossen wurde.“
Er hatte kaum zu Ende gesprochen, als man seitens der Engländer wüstes Geschrei hörte. Das war niemand anders als Corcoran, genauer gesagt Louison, die sich Holkars Linien mit großen Sprüngen näherte, gefolgt von Sita und dem Bretonen, der die Nachhut bildete.
Als die Engländer die Pagode verlassen hatten, ahnte er, daß Holkar angekommen sein müsse; da er allerdings nicht allzu großes Zutrauen in die militärische Schlagkraft der Marathen hatte, hoffte er nicht, durch sie befreit zu werden. Er wollte nichts unversucht lassen, deshalb hatte er der schönen Sita seinen Plan unterbreitet.
„Wir sind fünfhundert Schritt von Ihrem Vater entfernt“, hatte er gesagt, „wollen wir es riskieren, uns zu ihm durchzuschlagen?“
Statt einer Antwort erhob sich Sita sofort, um ihm zu folgen.
„Passen Sie gut auf“, hatte Corcoran noch hinzugefügt, „die Schießerei hat begonnen, und Kugeln kennen weder Freund noch Feind, ich werde Louison auf dem linken Pfad, der mir weniger bewacht zu sein scheint, vorausschicken. Bei Louisons Anblick werden die fünf oder sechs Reiter, die dort postiert sind, das Weite suchen, da bin ich sicher. Sie folgen Louison, und ich folge Ihnen.“
Und tatsächlich, alle drei hatten glücklich das offene Gelände überquert, das sie vom Dschungel trennte, wobei sie sich die Verwirrung der Engländer zunutze machten, deren Aufmerksamkeit nur Holkar und dessen Soldaten galt; sie hatten sich dann durch das hohe Gras gekämpft und – durch den Gefechtslärm geführt – unverletzt Holkar erreicht.
Als der Fürst seine aus der Gefangenschaft befreite Tochter wiedersah, schloß er sie voller Rührung in die Arme und wandte sich an den Kapitän:
„Kapitän“, sagte er bewegt, „wie soll ich Ihnen das je vergelten?“
„Fürst Holkar“, erwiderte der
Weitere Kostenlose Bücher