Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die wunderbaren, aber wahrhaftigen Abenteuer des Kapitäns Corcoran

Die wunderbaren, aber wahrhaftigen Abenteuer des Kapitäns Corcoran

Titel: Die wunderbaren, aber wahrhaftigen Abenteuer des Kapitäns Corcoran Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Assolant
Vom Netzwerk:
zurückgekehrt. Friedlich genoß er mit der schönen Sita die Früchte seiner Klugheit und Kühnheit. Die ganze Armee des verstorbenen Fürsten hatte ihn sofort als legitimen Souverän anerkannt, und die Zemindars, die Großgrundbesitzer, gehorchten dem Schwiegersohn und Nachfolger des letzten der Raghuiden ohne offene Abneigung.
    Eines Morgens sagte Corcoran zu dem Brahmanen Sugriva, den er zu seinem Innenminister ernannt hatte:
    „Regieren ist nicht alles, meine Herrschaft muß auch jemandem nützen, denn schließlich sind die Könige nicht deshalb Könige geworden, um zu frühstücken, zu Mittag und zu Abend zu essen und ansonsten den lieben Gott einen guten Mann sein zu lassen. Was meinst du dazu, Sugriva?“
    „Herr“, antwortete Sugriva, „das war tatsächlich anfangs ganz und gar nicht Brahmas und Wischnus Wille, als sie die Könige schufen.“
    „Glaubst du denn, daß das Königtum in direkter Linie von diesen beiden allmächtigen Gottheiten kommt?“
    „Warum nicht“, erwiderte der Brahmane, „nichts ist wahrscheinlicher. Warum sollte Brahma, der alle menschlichen Wesen geschaffen hat, darüber hinaus die Löwen, die Schakale, die Kröten, die Affen, die Krokodile, die Fliegen, die Vipern, die Riesenschlangen, die Kamele mit zwei Höckern, den schwarzen Tod und die tödliche Cholera, ausgerechnet die Könige auf seiner Liste vergessen haben?“
    „Mir scheint, Sugriva, daß du für diese noblen und glorreichen Spezies der Menschheit nicht allzuviel Achtung und Anerkennung übrig hast?“
    „Herr“, erwiderte der Brahmane und legte seine Hände dachförmig aneinander, „haben Sie mich nicht angehalten, die Wahrheit zu sagen.“
    „Richtig.“
    „Wenn Sie es vorziehen, daß ich lüge, nichts leichter als das.“
    „Nein, nein, das ist nicht nötig. Aber du wirst mir doch sicher recht geben, daß nicht alle Könige genauso schädlich und unangenehm wie Pest und Cholera sind. Holkar zum Beispiel…“ Hier begann Sugriva nach Art der Hindus still zu lachen, wobei er zwei Reihen blendendweißer Zähne entblößte und sich im Takt seines Lachens wiegte.
    „Was willst du ihm vorwerfen?“ fuhr Corcoran fort. „War er nicht aus einer der edelsten Familien Indiens. Sita hat mir versichert, daß er in direkter Linie von Rama, dem Sohn Dasharathas, abstammte.“
    „Sicher.“
    „War er nicht tapfer?“
    „Gewiß, wie der beste Soldat.“
    „War er nicht großmütig?“
    „Ja, mit denen, die ihm schmeichelten; aber die Hälfte seines Volkes hätte vor den Toren seiner Stadt vor Hunger krepieren können, ohne daß er ihnen etwas anderes zu sagen gewußt hätte als: Gott wird euch beistehen.“
    „Du wirst mir doch wenigstens beipflichten, daß er gerecht war.“
    „Ja, wenn er kein Interesse daran hatte, jemanden zur Zerstreuung zu hängen. Ich selbst habe es miterlebt, daß er, nur zu seinem Vergnügen oder um besser verdauen zu können, nach dem Mittagessen eine Reihe von Köpfen abschlagen ließ.“
    „Das waren zweifellos Köpfe von Spitzbuben, die es verdient hatten.“
    „Sicher, sofern es sich nicht um ehrenwerte Menschen handelte, deren Gesicht ihm einfach nicht gefiel. Haben Sie den alten Holkar wirklich ganz gekannt? Welchen Schatz hat er Ihnen denn hinterlassen?“
    „Vierundzwanzig Millionen Rupien, nicht gerechnet die Diamanten und die übrigen Steine.“
    „Und da glauben Sie wirklich, daß ein König, der etwas auf sich hält, so reich sein muß?“
    „Vielleicht war er ein sparsamer Mensch“, meinte Corcoran.
    „Sparsam! Sie kennen ihn ja selbst“, erwiderte Sugriva bitter. „In vierzig Jahren hat er Milliarden von Rupien verschleudert, um den dümmsten Launen zu frönen, die einem Abkömmling Ramas nur entspringen können; er baute Dutzende von Palästen, Sommerpaläste, Winterpaläste, Paläste für jede Jahreszeit; er ließ Flüsse umleiten, um in seinem Bezirk besondere Wasserspiele genießen zu können; er kaufte die schönsten Diamanten ganz Indiens auf, um damit seinen Säbelknauf zu schmücken – und er hatte hundert verschiedene Säbel; er ließ Sklaven aus allen fünf Erdteilen herbeischaffen; er ernährte Tausende und aber Tausende von Schmarotzern und Schmeichlern und ließ dafür ehrliche Menschen pfählen, die ihm die Wahrheit sagten.“
    „Woher nahm er denn das Geld?“
    „Wo es ist, das heißt aus den Taschen der armen Leute; von Zeit zu Zeit ließ er auch einem Zemindar den Kopf abschlagen, um sich dessen Hinterlassenschaft anzueignen. Das war

Weitere Kostenlose Bücher