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Die Wunderheilerin

Die Wunderheilerin

Titel: Die Wunderheilerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ines Thorn
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Gelächter erklang in der stickigen Wirtsstube.
    «Was ist los?», fragte Priska Margarete.
    «Ein Eiferer war gestern Abend hier», erzählte sie. «Einer von denen, die dem Doktor Luther anhängen. Unser Beruf sei eine Sünde, erklärte er, als ob wir das nicht selbst wüssten.»
    «Warum dann die missmutigen Gesichter?», fragte Priska und sah sich um.
    «Er hat ein solches Geschrei in der Gaststube veranstaltet, dass alle Freier zusammengelaufen sind. Gegeifert hat er über unsere Sittenlosigkeit und darüber, dass die Männer sich nun nicht mehr mit Ablässen von der Schuld des Ehebruchs freikaufen könnten. Mit dem Fegefeuer hat er gedroht.»
    «Na und?» Priska verstand nicht.
    «Ein Teil der Männer ist gegangen», erklärte die Wirtin knapp. «Und denen, die geblieben sind, hat er die Stimmung verdorben. Er hat angekündigt, dass die Frauenhäuser bald allesamt geschlossen würden. Was soll dann aus uns werden?»
    «Hat Luther sich gegen die Hübschlerinnen ausgesprochen?», fragte Priska verwundert. «In all den Schriften, die seit Monaten in der Stadt verbreitet würden, habe ich nichts davon gelesen.»
    «Der Eiferer war sich ganz sicher. Luther hätte ihn von Angesicht zu Angesicht vor den Dirnen gewarnt.»
    «Und Ihr habt ihm geglaubt?»
    Die Hübschlerinnen nickten, eine aber sprach: «Es ist gleichgültig, was wir denken. Wenn die Männer glauben, was dieser Kerl erzählt, so reicht das, um uns ins Elend zustürzen. Seit dieser unseligen Disputation ist das Geschäft schlechter geworden. Es scheint, als würden sich plötzlich alle ernsthaft Sorgen um ihr Seelenheil machen.»
    «Die nächste Messe kommt bestimmt», versuchte Priska zu trösten. «Am 29.   September beginnt die Michaelis-Messe. Jetzt haben wir bereits Mitte August. Ihr werdet sehen, bis dann haben die Männer alle ihre guten Vorsätze vergessen.»
    Die Hurenmutter schüttelte den Kopf. «Seid Ihr blind und taub, Doktorsfrau?», fragte sie, und ihre Stimme klang beinahe ärgerlich.
    «Das Johannisspital vor dem Grimmaischen Tor, in dem früher die Leprösen untergebracht waren, ist zum Spital für die von der Franzosenkrankheit Befallenen gemacht worden. Die Seuche verbreitet sich immer weiter. Die meisten Männer haben Angst. Das Hurenhaus, so heißt es, ist zum Haus des Todes geworden.»
    «Ich weiß», sagte Priska. «Leider kann ich euch nicht helfen. Noch gibt es keine Arznei dagegen.»
    «Vier von uns sind schon gestorben daran», erinnerte sich eine der Huren und brach in Tränen aus. «Wer ist die Nächste?»
    «Gibt es eine unter euch, die Anzeichen hat?», fragte Priska streng. «Leidet eine von euch an Ausschlag? Hat eine von euch Knoten oder Geschwüre?»
    Die Huren sahen sich betreten und beinahe schon lauernd an. Dann schüttelte eine nach der anderen den Kopf.
    «Es hat keinen Sinn zu schweigen», ermahnte sie die Frauen. Sie war sicher, dass einige von ihnen logen. «Ihr werdet sterben, wenn ihr euch nicht bekennt.»
    «Sterben werden wir sowieso», erwiderte eine trotzig.«Dann lieber bis zum letzten Tag Geld verdienen, als im Johannisspital dahinzuvegetieren.»
    «Dann müsst ihr die Männer dazu bringen, sich Schafsdärme oder Schweinsblasen über den Schwanz zu ziehen.»
    «Das macht keiner mit!», schrie eine der Huren.
    «Dann zwingt sie dazu. Wenn keine von euch bereit ist, ohne Schutz mit den Männern zu schlafen, dann werden sie sich fügen. Ihr seid geschützt und die Männer auch.»
    «Dann gehen die Männer zu den heimlichen Huren in der Stadt», erregte sich die Wirtin.
    «Ja, am Anfang wird das wohl so sein», gab Priska zu. «Aber sobald bekannt wird, dass euer Haus frei ist von der Krankheit, wird kein Mann sich mehr mit einer heimlichen Hure treffen. Jeder hat Angst um sein Leben, auch ein geiler Mann.»
    Die Huren lachten, und auch Priska lächelte. Manchmal, dachte sie, braucht es deftige Worte, um diese Frauen zu erreichen.
    «Ich werde euch Schafsdärme und Schweinsblasen bringen», versprach sie. «Und ich werde dafür sorgen, dass der Stadtarzt kommt und euch untersucht. Eine Bescheinigung kann er euch schreiben, dass dieses Haus ohne Krankheit ist. Ihr werdet sehen, wie die Männer euch hernach die Stube einrennen.»
    Priska hätte gern noch allein mit Margarete gesprochen, doch noch während sie die Sauberkeit kontrollierte und den Huren kleine Heilmittel gegen Allerweltskrankheiten gab, erhob sich draußen Geschrei.
    Die Huren hasteten an die Fenster. Ein Trupp Gaukler in völlig zerrissenen

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