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Die Wunderheilerin

Die Wunderheilerin

Titel: Die Wunderheilerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ines Thorn
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Frau.»
    Es war Regina, die da schrie.
    Schnell öffnete Priska die Tür und eilte in die Küche.
     
    Ihre Schwester stand da, hatte einen Wischlappen in der Hand und funkelte Adam wütend an.
    «Was ist hier los?», fragte Priska.
    Regina fuhr herum und trat mit dem Fuß gegen den Wischeimer, sodass das dreckige Wasser herausschwappte. «Du hast gesagt, er würde mir helfen. Dass es ihm gleichgültig sei, was in der Vergangenheit war. Ein Arzt sei er, der einen Eid geleistet hat und allen Kranken ohne Ansehen und Stand zur Hilfe verpflichtet sei.»
    «Und? Was ist daran falsch? Haben wir dich nicht aufgenommen? Bekommst du nichts zu essen? Hast du kein Bett, in dem du schlafen kannst?»
    «Ja, schon! Aber was ist mit der Arznei? Eine Pille hat er mir gegeben, die nur aus Mehl besteht. Ihr denkt wohl, ich merke nicht, wenn man mich täuscht. Die gute Arznei ist nur für die, die ihn mit Gulden bezahlen können. Ich aber kann hier verrecken.»
    «Ich habe dir schon erklärt, dass in der Pille aus Mehl noch andere Stoffe drin sind. Ein Metall, das man nur in winzig kleinen Dosen nehmen kann, damit es wirkt. Du bekommst dasselbe wie die anderen Kranken. Deine Klage ist unbegründet», widersprach Adam kraftlos.
    Er wandte sich an Priska. «Ich muss hinunter in das Laboratorium, kann mich nicht um das Gekeife Reginas kümmern. Sag du ihr, was sie wissen muss, und sorge dafür, dass sie Ruhe gibt.»
    Mit diesen Worten drehte er den Schwestern den Rücken und verschwand.
    «Er hat Recht. In den Pillen sind winzige Mengen von Quecksilber. Dieses Quecksilber bewirkt, dass es dir bald besser gehen wird.»
    «Warum gibt er mir so wenig davon?», keifte Regina weiter.
    «Weil es nur in winzigen Mengen hilfreich ist. Nimmt man zu viel davon, wirkt es wie Gift.»
    «Du bist genauso geizig und rachsüchtig wie dein Mann», zischte Regina. «Hinhalten wollt ihr mich, damit ich deinen Juden nicht verrate, damit nicht bekannt wird, dass deine Tochter ein Bastard ist.»
    Der Schlag kam überraschend. Regina riss vor Schreck die Augen weit auf.
    «Nenne meine Tochter niemals mehr einen Bastard. Hörst du? Nie wieder!», fauchte Priska.
    Dann atmete sie einmal tief durch und fuhr fort: «Wasch die Wäsche. Ich habe sie neben den Zuber gelegt. Wenn du damit fertig bist, so kaufe auf dem Markt ein Huhn, rupfe es und brate es für den Abend.»

Vierundzwanzigstes Kapitel
    In der Fraternität ging es hoch her. Ein berühmter Besuch war zu Gast. Ulrich von Hutten, ein Anhänger Luthers und Verfasser der Dunkelmännerbriefe. Sie diskutierten über Luthers Schrift «Von der Freiheit eines Christenmenschen», die soeben erschienen und von Kunz Kachelofen gedruckt worden war. «Luther sagt, dass der Mensch aus Leib und Seele besteht», erklärte Johann von Schleußig und nahm sich das Flugblatt vor: «Was hilft’s der Seele, dass der Leib ungefangen, frisch und gesund ist, isset, trinkt, lebt, wie er will! Wiederum, was schadet das der Seele, dass der Leib gefangen, krank und matt ist, hungert, dürstet und leidet, wie er nicht gern wollte! Diese Dinge reichen keines bis an die Seele, sie zu befreien oder zu fangen, fromm oder böse zu machen.»
    Er ließ das Blatt sinken und sah von einem zum anderen. Zwei Professoren der Universität waren anwesend, Adam und Priska, dazu die Drucker Melchior Lotter und Kunz Kachelofen und eben Ulrich von Hutten. «Was aber will Luther damit sagen?», fragte der Priester.
    «Er sagt, dass nicht die Kutte den frommen Mann mache, sondern die Seele. Er sagt, dass auch ein Kirchenmann böse sein kann, wenn denn die Seele es ist. Nicht deine Kleidung, dein Stand, dein Geld entscheiden über deinSchicksal, sondern die Güte und Barmherzigkeit, der wahre Glaube und die Nächstenliebe», erklärte von Hutten. «Es ist keiner ein guter Mensch und dem Himmel nahe, nur, weil er ein Geistlicher ist.»
    «Heißt das, die Seligkeit steht allen offen, die guten Glaubens sind?», fragte Priska. Ihr Herz begann plötzlich aufgeregt zu schlagen.
    Von Hutten nickte. «Es ist sogar ganz gleichgültig, was du gemacht hast, bevor du zum rechten Glauben kamst.»
    «Gilt das auch für die Juden?»
    Von Hutten sah zu Johann von Schleußig, bevor er antwortete. «Auch Jesus war zuerst ein Jude. Das vergessen die Christen nur allzu gern. Wenn einer, der beschnitten ist, sich zum rechten Glauben bekehren will, dann sei er herzlich eingeladen.»
    «Sagt das auch Luther?»
    Wieder sahen die beiden Kirchengelehrten sich an, dann entschied

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