Die Wunderheilerin
und sah dabei sehr ärztlich aus.
Priska nickte. «Mehr noch», sagte sie mit leiser, aber sicherer Stimme. «Ich finde mich schön.»
Adam zog sie in seine Arme und presste sie fest an sich.
«Du bist das mutigste Mädchen, das ich je getroffen habe», sagte er und konnte die Rührung in seiner Stimme nicht verbergen.
«Mutig?», fragte Priska.
«Ja, genau das. Es gehören Mut und Entschlossenheit dazu, selbst zu bestimmen, was mit dem eigenen Körper geschieht. Du warst tapfer genug, deinen Schoß zu betrachten. Nicht viele wagen das. Du aber hast einen Kopf, der von ganz allein denken kann. Kein Priester, kein Chorherr können es dir verbieten. Das, Priska, ist wirklich Mut. Es gibt wohl in Leipzig außer den Hebammen nur wenige Frauen, die wissen, wie Weiber zwischen den Beinen aussehen.»
Sie wand sich aus seinen Armen, sah verlegen zu Boden, hielt ihm schließlich die Kugel hin.
«Möchtest du selbst?», fragte Adam.
Priska schüttelte den Kopf. «Nein, du kannst besser in mich eindringen, als ich es kann. Außerdem muss ich mich darauf konzentrieren, wie sich das Wachs in mir anfühlt, ob es reibt oder schmerzt.»
Sie streckte die Hand aus und berührte sanft Adams Arm. «Tue es für mich … und tue es für Eva. Tue es für die Frauen und für die neue Zeit. Ich brauche dich, brauche dein Wissen. Allein schaffe ich es nicht. Ich bin nur ein ehemaliger Silberschmiedelehrling.»
Ihre Scham war beinahe verflogen. Adams Lob hatte sie gestärkt und die letzten Zweifel an Schuld und Sünde in ihr ausgelöscht. Wir sind anders, dachte sie. Aber wir sind keineswegs schlechter als die anderen.
Sie breitete ein Tuch auf den Boden, legte sich darauf, schlug die Röcke hoch und spreizte die Beine.
Dann schloss sie die Augen und sagte bestimmt: «Du bist der Arzt. Fang an.»
Elftes Kapitel
Regina hatte ein Kind geboren. Und alles geschah, wie sie es vorausgesagt hatte. Alle Nachbarn, Freunde und Verwandten gratulierten ihr in der Kirche, der Feuerknecht stand mit stolzgeschwellter Brust neben ihr, Priska aber erntete unverhohlen neugierige Blicke. Eine Frau mit der Haube der Ehrbaren auf dem Haar fragte sogar: «Und bei Euch will und will kein Nachwuchs kommen?»
Priska schüttelte den Kopf. «Wir wollen noch warten. Mein Mann braucht mich als Gehilfin.»
«Ein Stadtarzt, der im roten Talar geht, hat kein Geld für einen Gehilfen?», spottete die Frau und sah Priska von oben bis unten an. «Da brat mir einer einen Storch, wenn ich das glauben soll.»
«Glaubt, was Ihr wollt», erwiderte Priska. «Denn nur wer glaubt, wird selig.»
Dann wandte sie sich ab und ging zu Regina, die das Kind im Arm wiegte. «Darf ich meinen Neffen einmal halten?», fragte sie.
Regina verzog das Gesicht und drückte das Kind eng an sich, doch der Feuerknecht schlug Priska mit einer Hand ungeschickt auf die Schulter und rief: «Natürlich darf meine Schwägerin meinen Sohn halten. Nimm ihn nur, nimm ihn. Du wirst sehen, er ist jetzt schon stark wie ein Bär.»
Regina reichte ihr widerwillig das Bündel. Priska schob mit einer Hand das Taufgewand zur Seite, betrachtete das Kind – und erschrak.
Jetzt wusste sie den Ausdruck in Reginas Augen zu deuten. Es war Angst. Sie blickte wieder auf das Kind: Es hatte rote Haare! Der Feuerknecht aber war dunkelhaarig, fast schwarz mit dunklen Augen. Reginas Haar dagegen war von einem aschigen Blond, und ihre Augen waren grau. Das Kind aber blickte mit grünen Augen in die Welt.
So wie der Zimmermannsgeselle, mit dem sie Regina zur Fastnacht gesehen hatte. Wortlos reichte sie ihrer Schwester das Kind zurück. Regina aber flehte sie mit Blicken an und sagte leise: «Komm mich besuchen, Schwester. Ich bitte dich sehr. Komm bald.»
Priska nickte und wandte sich ab.
Auch Eva war gekommen. Blass saß sie in der Kirchenbank, hatte den kleinen Aurel neben sich. Auch das Kind hatte keine gesunde Farbe und war ein wenig schwächlich.
Priska setzte sich zu ihrer Schwägerin. «Es geht dir nicht gut, nicht wahr?»
Eva schüttelte den Kopf. «Ich fühle mich so matt und abgeschlagen. Manchmal habe ich eine Hitze in mir, wenig später ist mir so kalt, dass ich mit den Zähnen klappere. Und ich bin müde, sooo müde.»
Priska legte ihre Hand tröstend auf Evas Arm. «Du wirst es schaffen, glaub mir. Deine Wallfahrt kann nicht umsonst gewesen sein.»
Eva nickte zaghaft.
«Adam kommt doch regelmäßig zu dir, nicht wahr?»
Wieder nickte Eva. Sie sah nach vorn zu Johann von
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