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Die Wunderheilerin

Die Wunderheilerin

Titel: Die Wunderheilerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ines Thorn
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ihre Forschungen zu berichten. Nicht einer war unter ihnen, der wusste, wie man den Dämon der widernatürlichen Unzucht in den Dämon der natürlichen Unzucht verwandeln konnte.
    Auch ein anderer, der kam, wusste keine Hilfe: Johann Tetzel, der Ablassprediger. Ohne Beichte vergab er alle Sünden. Kirchenraub und Meineid wurden für 9   Dukaten vergeben, ein Mord kostete 8   Dukaten. Für das, was Priska wollte, für die Sünde, die sie ersehnte, gab es keinen Ablassbrief. Mit keinem Dukaten der Welt konnte sie die Liebe erkaufen, die sie ersehnte.
    «Hast du keine Seele?», fragte sie ihren Mann eines Abends, als sie es kaum noch aushielt.
    «Was meinst du?», fragte Adam.
    «Ich verhungere und verdurste neben dir. Du hast alle Mittel, um mich von meinem Leid zu erlösen, könntest bewirken, dass mich die Leute nicht mehr mitleidig anschauen und hinter der vorgehaltenen Hand vom vertrockneten Schoß sprechen. Das alles könntest du, wenn du nur wolltest.»
    «Priska, mein Herz. Manchmal reicht der Wille allein nicht aus. Und ich will, glaube mir. Nichts wünsche ich mehr, als dich glücklich zu machen.» Seine Augen waren leer, nicht das geringste Fünkchen glomm in ihnen. Priska verstand ihn nicht. «Liebe mich!», gab sie zur Antwort. «Komm endlich in mein Bett.»
    Er nickte ihr zu und ging stumm hinunter in sein Laboratorium. Priska aber blieb allein zurück.
    Später entschloss sie sich, Regina einen Besuch abzustatten. Sie war lange nicht bei ihr gewesen. Heute aber trieb es sie hin. Sie ging in die Küche, nahm Schinken und Wurst aus der Speisekammer, legte sie in einen Weidekorb. Die Magd runzelte die Stirn. Dann holte Priska einen Krug mit Essig, einen anderen mit Öl, packte Salben dazu und tat sogar einen bunt bestickten Gürtel, den Adam ihr erst vor kurzem geschenkt hatte, in den Weidekorb.
    «Zu meiner Schwester gehe ich», teilte sie der Magd mit, deren Gesicht bei dieser Nachricht nicht froher wurde. «Sagt dem Herrn, es kann später werden.»
     
    Regina empfing sie mit ihrer üblichen Begrüßung: «Was willst du?»
    Priska hielt ihr den Korb hin und schüttelte sich den Regen, der seit Tagen in Strömen vom Himmel kam, von ihrem Umhang.
    Regina nahm den Korb, trat einen Schritt zur Seite und ließ Priska ein. In der Küche stellte sie den Korb achtlos auf den Boden, verschränkte die Arme vor der Brust und sah Priska an. Priska hielt ihrem Blick stand. Schlecht sieht sie aus, dachte sie, und war nicht traurig darüber. Fahl ist ihr Gesicht, glanzlos Haar und Augen. Alt ist sie geworden, alt und sogar ein wenig verhärmt.
    Aber die Lippen waren rot und ein wenig wund. Priska spürte den Stachel des Neides in sich. Ach, was gäbe sie darum, wundgeküsste Lippen zu haben.
    «Wie geht es dir?», fragte sie.
    Regina zuckte mit den Schultern. «Wie soll es mir gehen? Ich schufte den ganzen Tag, kümmere mich um Mann und Kind, schaffe sonntags kaum den Kirchgang.»
    Priska nickte, dann senkte sie den Blick und fragte leise: «Und das Bienenwachs? Es kommt dir doch zugute, oder nicht?»
    «Ach, darum geht es. Natürlich, worum auch sonst. Ohne Eigennutz kommst du nicht zu mir. Aber ja, das Bienenwachs kann ich gut brauchen. Das Leben ist kurz, die frohen Stunden knapp.»
    «Du gehst noch immer zu dem Zimmermann?», fragte Priska.
    Regina lächelte und entblößte dabei ihre Zähne. Schwarz waren sie geworden, in der oberen Reihe fehlten bereits zwei.
    Sie ist hässlich, dachte Priska. Aber sie hat, was ich nicht habe.
    «Soll ich gar nichts vom Leben haben?», fragte sie, sah Priska an und fügte hinzu: «So wie du.»
    «Wieso wie ich? Ich habe alles, was ich brauche, was ich mir immer gewünscht habe. Ich habe Kleider und Daunenkissen, habe Weißbrot und   …» Sie stockte, fügte aber dann doch hinzu: «…   und Mandelmilch.»
    «Macht sie dich glücklich, die Mandelmilch, he? Macht sie dich satt?»
    Priska antwortete nicht. Sie schwiegen eine Weile, Priska bereute, dass sie hergekommen war. Schließlich suchte sie Reginas Blick. «Liebst du ihn, den Zimmermann?»
    «Und wenn? Was geht es dich an?»
    «Also liebst du ihn», stellte Priska fest. Sie saß am Küchentisch, wie immer, wenn sie hier war, während Regina mit verschränkten Armen an der Tür zur Vorratskammer lehnte, als befürchte sie, Priska würde etwas daraus stehlen.
    Jetzt stützte Priska die Ellbogen auf den Tisch und beugte sich weit nach vorn. «Was ist Liebe, Regina? Sag es mir. Du musst es doch wissen.»
    «Ach Gott»,

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