Die Wunderheilerin
durch die Barfüßergasse und verbarg sich in einem Hauseingang so, dass sie die Ecke Barfüßergasse und Klostergasse gut im Blick hatte.
Sie brauchte nicht lange zu warten. Adam ging im Schutz der Häuser, mit schnellen, eiligen Schritten. Seine Arzttasche trug er in der Hand. Außer ihm war weit und breit kein Mensch zu sehen. Es war der Ausdruck seines Gesichtes, der Priska das Fürchten lehrte. Sie sah seine klaren Augen, den leise lächelnden Mund, die glatte, rosige Haut.
Eine unbändige Wut packte sie. Sie stürzte aus ihrem Versteck. Ihre Fäuste trafen ihn überall. Sie schlug, ohnehinzusehen. Adam rührte sich nicht, nahm die Schläge hin wie eine verdiente Strafe.
Die Tränen rannen ihr über das Gesicht. Sie keuchte, als wäre sie sehr lange und sehr schnell gerannt. «Du Schuft, du Lügner, du Herzdieb, du Elender, ich hasse, hasse, hasse dich!»
Adam machte keine Anstalten, Priska zu beruhigen. Er stand da, hielt den Blick gesenkt und ließ sich schlagen. Dann, als Priska nur noch schluchzen konnte, nahm er sie in den Arm und führte sie weg wie eine Kranke.
In der Wohnstube erst ließ er sie los. Er nahm ihr den nassen Umhang ab, trocknete ihr mit einem Handtuch das Haar, holte die Kanne mit dem Wein, schaffte Becher herbei, füllte ein und gab Priska das Getränk in die Hand.
«Trink, Liebes», sagte er. «Trink, das beruhigt.»
Er sah ihr zu, wie sie den Becher an die Lippen setzte und bis zum letzten Tropfen trank. Ihre Augen waren geschwollen und brannten. Priska fühlte sich so unendlich müde.
Sie stellte den Becher ab, sah zu Adam. Zärtlichkeit überkam sie, als sie seinen leeren Blick sah, den geschwungenen Mund, das blasse Gesicht und das Haar, welches ihm bis auf die Schultern fiel. Er war ein schöner Mann. Seine Verletzlichkeit war so offensichtlich, dass Priska Angst um ihn bekam. Ihre Wut war verflogen.
Sie stand auf, kniete sich vor seinen Stuhl, legte den Kopf in seinen Schoß. «Du bist mein Mann», sagte sie. «Verstehst du?
Mein
Mann.»
«Das werde ich immer sein, Priska. Und du bist meine Frau, meine Freundin und Gefährtin. Ich will dir nicht wehtun. Gott weiß es.»
«Du tust auch dir weh, Adam. Früher oder später.»
«Ich weiß», sagte er leise. «Und ich fürchte mich so davor.»
«Ist es so schwer, ihn zu lassen? Hast du so wenig Willen? Ist der Wunsch nach ihm so stark?»
«Willen und Wünschen. Priska, es ist nicht so einfach. Ich wünsche mir so sehnlich, dich glücklich zu machen. Ich wünsche mir mehr als alles andere auf der Welt, dich so lieben zu können, wie du es brauchst. Ich wünsche mir von ganzem Herzen, dich zu begehren. Aber wir sind nicht die Herren unserer Wünsche. Ich wünsche mir, ihn nie mehr zu treffen. Ich wünsche mir, nicht an ihn zu denken, ihn nicht zu begehren. Aber auch hier bin ich nicht der Herr meiner Wünsche. Unsere Wünsche haben nichts mit unserem Willen zu tun. Ich will nicht und tue es trotzdem immer wieder. Ich handle gegen meinen Wunsch und meinen Willen. Ich weiß nicht, wie sich die Kraft nennt, die da am Werke ist. Ich weiß nur, dass ich ihr ausgeliefert bin.»
«Nein, Adam. Ich glaube dir nicht. Das sind Ausreden. Du musst nur fest genug wollen. Du kannst dir verbieten, ihn zu sehen. Geh einfach nicht mehr hin zu ihm. Das kann doch nicht so schwer sein! Bleib zu Hause, geh in dein Laboratorium, sprich mit mir, dann wirst du deinen Wunsch schnell vergessen.»
«Manchmal, Priska, gibt es Dinge, die ein Mensch einfach nicht tun kann. Ich kann und kann mich nicht dazu bringen, nicht zu ihm gehen zu wollen. Ich will zu ihm, auch, wenn ich es nicht will. Mein Kopf, mein Verstand sagt mir immer wieder: Bleib hier, Adam. Vergiss ihn. Es ist besser so für alle. Aber eine andere Kraft wirkt in mir, die mich dazu bringt, meinen Umhang zu nehmen und das Haus zu verlassen.»
«Nein, nein, nein!» Priska schüttelte den Kopf. «Du machst es dir zu einfach, Adam. Du schiebst eine fremde, geheimnisvolle Kraft vor. Ich glaube nicht an diese Kraft, ich glaube daran, dass du zu wenig Kraft hast für das, was sein soll. Du redest und redest, ich aber sage dir: Nutze deine Kraft dafür, wie ein gewöhnlicher Mann mit einer gewöhnlichen Frau zu leben. Das sollst du tun, das ist deine Aufgabe vor Gott und den Menschen.»
«Ich kann mir nicht verbieten, mich nach ihm zu sehnen. Es geht einfach nicht. Und ich kann wollen und wünschen so viel ich will, ich kann eine Frau nicht begehren.»
Priska hob den Kopf und sah ihn an. Sein
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