Die Wunderheilerin
nicht. Beleidigt sind sie, wenn ich mich unter ihnen krümme und das Gesicht verziehe. ‹Kalte Ziege› nennen sie mich. ‹Trockenpflaume› haben sie auch schon gesagt.»
«Du hast immer Schmerzen, wenn jemand in dich eindringt?», fragte Priska beruhigend und strich dem Mädchen eine Haarsträhne aus der Stirn. Sie versuchte, so freundlich zu reden und zu schauen, wie sie nur konnte. Ihr Leid tat ihr weh.
«Ja. Ich habe immer Schmerzen. Oft bin ich wund, und dann tut es noch mehr weh.»
Priska nickte, dann fragte sie weiter, ohne dabei aufzuhören, das Mädchen zu streicheln. «Hast du dich mit den anderen Frauen darüber unterhalten?»
Margarete bejahte. «Sie sagen, mir fehlt es an der Lust. Und das stimmt. Ich habe keine Lust auf diese Männer. Aber ich weiß, dass alles leichter wäre mit der Lust.»
«Du könntest aufhören, hier zu arbeiten.»
«Wie denn? Wovon soll ich dann leben?»
«Vielleicht findest du eine Anstellung als Magd in der Stadt?»
«Pfff!» Margarete lachte bitter auf. «Niemand nimmt eine zur Magd, die aus einem Hurenhaus kommt. Es gibt keine andere Arbeit für mich. Ich muss hier bleiben und die Lust lernen, sonst werde ich verhungern.»
Priska versuchte nicht, ihr das Gegenteil zu beweisen. Sie wusste, dass Margarete Recht hatte.
Das Mädchen fasste nach ihrer Hand.
«Könnt Ihr mich nicht die Lust lehren?», fragte sie.
«Nein», wollte Priska erwidern. «Nein. Ich kann es noch weniger als alle anderen Frauen. Ich weiß nicht, was Lust ist.»
Doch Margarete sah sie mit solch großen, hoffnungsvollen Augen an, dass Priska gar nicht anders konnte, als zu nicken. «Ja, ich werde dir helfen. Aber dafür brauche ich Zeit.»
Plötzlich fiel ihr ein, dass Regina ihr früher einmal von der Nässe im Schoß berichtet hatte. Schamhaft dachte sie daran, was sie gefühlt hatte, als sie mit dem Spiegel zwischen den Beinen im Laboratorium gestanden hatte.
«Bist du ganz trocken, wenn die Freier zu dir kommen?», fragte sie.
Margarete nickte. «Es tut so weh, wenn sie in mich eindringen. Es reibt und brennt.»
Priska holte einen kleinen Tiegel mit Salbe heraus. «Da. Reibe dich damit ein, wenn der letzte Freier gegangen ist. Es ist eine Ringelblumensalbe. Sie hilft gegen die Wundheit.»
Sie wühlte weiter in ihrem Korb, fand endlich das kleine Päckchen mit dem Gänseschmalz, das vom gestrigen Markteinkauf übrig geblieben war.
«Bevor die Freier kommen, reib dich damit ein. Nimm nicht zu wenig und schmiere auch dein Loch.»
«Ich soll Gänsefett …?»
Priska nickte energisch. «Die Männer bewegen sich in dir. Weil du aber ganz trocken bleibst, reiben sie dich wund. Das Gänseschmalz hilft dagegen.»
Misstrauisch betrachtete das Mädchen das Schmalz.
«Probiere es aus», drängte Priska. «Was man essen kann, kann auch deinem Schoß nicht schaden.»
Das Mädchen nickte, stippte einen Finger in das Fett und leckte ihn ab. «Ihr habt Recht, Doktorsfrau. Was mir durch die Mundlippen geht, geht auch durch die anderen.»
Sie lächelte schüchtern. Priska nahm noch ein Säckchen mit Kamillenblüten heraus, reichte es Margarete. «Mach damit Spülungen. Fülle einen Zuber mit warmem Wasser, verteile das Kraut darin und nimm ein Sitzbad. Das lindert.»
Wieder nickte das Mädchen, dann fasste sie nach Priskas Arm. «Ich danke Euch schön für Eure Hilfe», sagte sie. «Aber ich habe nicht viel Geld, um Euch zu bezahlen.»
Priska winkte ab. «Sorge dich darum nicht. Es ist schon alles in Ordnung.»
«Helft Ihr mir trotzdem dabei, die Lust zu finden?», fragte Margarete.
Wieder dachte Priska: Ich bin nicht die Richtige. Die anderen Frauen solltest du fragen. Doch sie antwortete: «Ja, ich helfe dir.»
Dennoch hakte sie nach: «Sag, können die anderen Frauen dir nicht helfen? Sie wissen viel mehr über diese Dinge als ich.»
Margarete schüttelte den Kopf. «Wir sind Huren», sagte sie. «Wir wissen nichts über weibliche Lust. Wir machen die Beine breit, um Brot zu bekommen. Um anderes kümmern wir uns nicht.»
Priska nickte, dann streichelte sie Margarete ein letztes Mal übers Haar und verließ die Kammer.
Auf ihrem Weg aus dem Haus wurde sie von mehreren Huren aufgehalten. Eine fragte nach einem Mittel gegen Blähungen, und Priska gab ihr den Auftrag, Kümmel zu kauen. Eine andere hatte für teures Geld von einer wandernden Händlerin eine Salbe gekauft, die vor einer Schwangerschaft schützen sollte, und klagte nun, dass die Salbe ihr nicht geholfen habe. Priska zuckte
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