Die Wunderheilerin
ist wunderbar! Wie hast du das geschafft?»
Adam ließ sie los, lächelte verlegen und kratzte sich am Kinn. «Genau weiß ich es nicht, Priska. Ich habe das Quecksilber geringer dosiert, mit Mehl vermischt, zu Pillen gepresstund sie Justus mit reichlich Wasser verabreicht, dazu die Quecksilbersalbe auf seine Wunden geschmiert. Es scheint gewirkt zu haben. Ein Hundertstel Quecksilber brauche ich. Mehr nicht.»
«Dann hast du es gefunden! Dann hast du endlich ein Mittel gegen die Franzosenkrankheit entdeckt!»
Priska versuchte, so viel Begeisterung wie möglich in ihre Stimme zu legen. In Gedanken war sie noch immer bei Aron.
«Langsam, Priska. Noch ist es nicht so weit. Justus geht es besser, mehr nicht. Vielleicht rührt sein Zustand vom Wetter her, vielleicht helfen ihm Butter und Milch. Noch kann ich es nicht mit Bestimmtheit sagen. Ich muss warten, muss noch weitere Experimente machen. Aber ein Anfang ist gemacht!»
«Du darfst nicht aufhören zu forschen, Adam. Die Menschen brauchen dich. Deine Arbeit ist wichtig für sie. Wichtiger als du oder ich. Du kannst, wenn es gelingt, den Tod besiegen.»
Priska nickte heftig. Ja, dachte sie, Adam hat einen Lebenssinn. Wenn ich fortginge, wäre er traurig, aber er würde nicht gebrochen davon. Er hat so viel anderes außer mir.
Priska fand in der Nacht keinen Schlaf, aber sie kam zu einem Entschluss. Ich gehe mit Aron, beschloss sie. Adam braucht mich nicht, aber ich brauche Aron. Nur mit ihm spüre ich mich ganz, nur mit ihm bin ich glücklich, bei ihm kann ich alles sein, das ich bin. Einen Moment lang war sie unsicher. War es wirklich so? Hier, bei Adam, hatte sie eine Aufgabe. Wie würde es in Krakau sein? Einen Augenblick dachte sie an die Hübschlerinnen und an Margarete. Ichwerde zu ihr gehen und ihr sagen, was ich weiß, entschuldigte sie sich. Doch dann gehe ich mit Aron.
Am nächsten Morgen, sobald Adam das Haus verlassen hatte, stellte sie sich vor die Kleidertruhe und überlegte, was sie mitnehmen sollte. Unschlüssig hielt sie ein Kleid in der Hand, es war aus gutem Stoff, Adam hatte es ihr erst neulich gekauft. Schließlich legte sie es zurück. Sie wollte nichts mitnehmen. Sie war mit nichts gekommen, und sie würde mit nichts gehen.
Dann setzte sie sich an den Tisch, nahm Papier und die Schreibfeder zur Hand und schrieb:
Lieber Adam,
ich verlasse dich. Es tut mir leid, aber ich kann nicht anders.
Verzeih mir, wenn du kannst.
Ich habe dich so lange geliebt. Ich liebe dich noch immer, aber diese Liebe zu dir hat etwas Verzweifeltes und Hoffnungsloses in sich, das mich ganz klein und verzagt sein lässt, das mich daran zweifeln lässt, eine richtige Frau zu sein. Du weißt, Adam, was ich meine. Ja, du hattest Recht. Man kann sich nicht aussuchen, wie und wen man liebt. Liebe geschieht sogar gegen den eigenen Willen.
Ich wollte mich nicht in Aron verlieben. Gott weiß, dass ich dir treu bleiben wollte. Aber mein Wille war zu schwach.
Wir sind einander nichts schuldig, Adam.
Ich bitte dich heute nicht um einen Scheidebrief. Wenn ich aber irgendwann einen benötigen sollte, so hoffe ich, dass du ihn mir nicht verweigerst.
Ich wünsche dir Erfüllung und Frieden.
Gott segne dich
Priska.
Als sie den Brief versiegelte, tropfte ihr das heiße Wachs auf die Hand. Unvermittelt brach Priska in Tränen aus. Nein, sie verließ Adam nicht leichten Herzens. Noch einmal sah sie sich in dem Raum um, der ihr jahrelang ein Heim gewesen war. Sie betrachtete den Kamin, die Wandbehänge, die goldgelben Holzdielen mit den einfachen Teppichen darauf. Dann aber stand sie entschlossen auf, strich ihr Kleid glatt und setzte die Haube auf.
Sie hatte den Umhang schon vom Haken genommen, da hörte sie jemanden an der Tür klopfen. Einen Augenblick lang war sie versucht, so lange zu warten, bis der Besucher sich von dannen gemacht haben würde. Doch das Klopfen wurde lauter, drängender, und so hängte sie den Umhang zurück an den Haken und öffnete.
Johann von Schleußig stand vor der Tür. Er sah abgehetzt aus, das schwarze Samtbarett saß schief auf seinem Kopf.
«Was ist los?», fragte Priska.
Johann von Schleußig schob sie zur Seite, trat ein, schloss die Tür hinter sich und deutete auf die Küche. «Kann uns jemand hören?», fragte er.
Priska schüttelte den Kopf. «Ich bin allein im Haus; die Magd ist unten bei den Fischern am Fluss.»
Der Priester nickte, ging in die Küche und ließ sich auf die Bank fallen. Er fächelte sich mit einem Tuch
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