Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Wunderheilerin

Die Wunderheilerin

Titel: Die Wunderheilerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ines Thorn
Vom Netzwerk:
deinen Geliebten bezichtigen, dich verführt zu haben. Er stirbt sowieso, ganz gleich, was du sagst. Die Zeugenaussage des Büttels belastet ihn so schwer, dass Worte dagegen nichts mehr ausrichten können. Die Leute wollen diesmal, dass ein Kopf rollt. Ungeschoren kommt ihr nicht noch einmal davon. Du weißt es. Was aber nützt es, wenn du mit auf dem Scheiterhaufen brennst? Wem ist damit gedient? Hier, auf der Erde, in dieser Stadt, kannst du Gutes tun, kannst den Menschen helfen, dich so vielleicht sogar ‹entschulden›.»
    «Aber ich kann Baptist nicht verraten, Priska. Versteh das doch! Das kann ich einfach nicht!»
    «Gut!» Priska nickte. «Das verstehe ich. Dann versprich mir wenigstens, dass du gar nichts sagst. Kein einziges Wort. Weder zu den Vorwürfen noch sonst.»
    Adam sah auf den Tisch, fuhr mit der Hand über die raue Holzplatte. «Auch schweigen ist Verrat. Baptist ist nicht schuldiger, als ich es bin.»
    «Trotzdem! Die Menschen brauchen dich, die Kranken brauchen dich und dein Wissen. Niemand außer dir hat bisher etwas gegen die Franzosenkrankheit bewirkt. Es ist deine Pflicht, bei diesen Menschen zu bleiben!»
    Adam schwieg. Priska rüttelte an seiner Hand, doch er saß wie erstarrt.
    «Wenn du redest, dann bist du nicht ehrlich, sondern nur eigensüchtig. Denk an die, die dich brauchen. Denk einmal auch an   … an mich!»
    Wieder schwieg Adam, seufzte nur und murmelte leise: «Ich wünschte, ich wäre dir der Ehemann gewesen, den du gebraucht hättest. Auch du wärst ohne mich besser dran.»
    Ja, schrie alles in Priska. Ja, das stimmt. Ich könnte ohne Schuld mit Aron gehen. Doch kein Wort davon kam über ihre Lippen.
    «Ich werde dich begleiten», sagte sie stattdessen. «Es wird mir als deiner Frau gestattet sein, bei der Anhörung anwesend zu sein.»
    Adam schüttelte den Kopf. «Nein, Priska. Das verlange ich nicht von dir. Du hast genug ausgestanden.»
    Er sah sie nicht an dabei, sondern stand auf und verließ die Küche.
    «Du kannst mich nicht einfach hier sitzen lassen», rief Priska ihm nach. «Es geht nicht nur um dich; es geht auch um mein Leben, um meine Zukunft.»
    Doch sie bekam keine Antwort, nur das heftige Klappen der Tür verriet, dass Adam das Haus verlassen hatte.
    Priska schlug mit der flachen Hand auf den Tisch, dass die Schüssel mit der Grütze hüpfte. Dann schüttelte sie den Kopf und sagte: «Nicht mit mir, Adam Kopper. Ich bin deine Frau. Wenn deine Sache verhandelt wird, so geht es auch um mich.»
    Sie stand auf, zog sich in ihrer Kammer das schönste Kleid an, bürstete das Haar, bis es glänzte. Dann band sie sich die Haube sorgfältig um den Kopf, legte eine kleine goldene Kette mit einem Kreuz um den Hals, warf sich den Umhang über und eilte mit raschen Schritten zum Rathaus.
    Unterwegs grüßte sie eine Nachbarin, doch diese wandte den Kopf ab und schlug ein Kreuzzeichen.
    So schlimm ist es schon?, fragte sich Priska, doch sie hatte keine Zeit, noch länger darüber nachzudenken.
    Der Stadtknecht, der das Rathaustor bewachte, ließ sie ohne weiteres ein, doch auch er sah sie voller Mitleid an.
    Sie betrat in dem Augenblick das Richterzimmer, als der Gerichtsdiener den Beginn der Sitzung verkündete.
    Vorn, am Richtertisch, saß der ehrenwerte Advokat Höfler. Neben ihm zwei Männer, die Priska nicht kannte. Im Publikum aber saßen der Probst des Augustiner-Chorherrenstiftes, der Abt der Barfüßer, einige Professoren der Jurisprudenz von der Universität, zwei Theologen und natürlich Johann von Schleußig.
    Der Richter Höfler sparte sich lange Vorreden. «Euch wird vorgeworfen, Dr.   Kopper, der widernatürlichen Unzucht mit dem Barfüßermönch Baptist gefrönt zu haben. Es gibt dafür zwei Zeugen, deren Aussagen uns bereits vorliegen.»
    Er machte dem Gerichtsdiener ein Zeichen, und dieser verlas die Aussage Reginas und danach die des Büttels.
    «Was habt Ihr dazu zu sagen? Bekennt Ihr Euch schuldig?», fragte er anschließend.
    Adam erhob sich, den Blick gesenkt.
    «Nun?», drängte der Richter.
    «Ich   … ich habe.» Adam räusperte sich, seine Stimme brach, sein Blick irrte hilflos durch den Saal.
    «Nun? Ich höre!»
    Adams Blick suchte Priska. Sie schüttelte den Kopf, beschwor ihn stumm, doch sie sah ihm an, dass all ihre Reden nichts geholfen hatten. In wenigen Augenblicken würde er zugeben, ein Sodomit zu sein. In wenigen Augenblicken war ihr altes Leben vorbei – und sie frei für den Mann, den sie liebte.
    Aber nein! Nicht um diesen

Weitere Kostenlose Bücher