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Die Wunderheilerin

Die Wunderheilerin

Titel: Die Wunderheilerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ines Thorn
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träge sein, aber er ist nicht dumm. Du brauchst mich, um die Stadtknechte abzulenken.»
    Adam richtete sich auf. «Nein, Priska, das ist meine Sache. Du hast schon so viel für mich getan. Mehr, als man von seinem Ehepartner verlangen kann.»
    «Ja», stimmte Priska zu. «Du hast mir viel abverlangt,aber du hast mich zu nichts gezwungen. Nicht jetzt und auch nicht früher. Ich habe alles freiwillig getan. Und ich werde dich auch ins Verlies begleiten.»
    Sie lauschte nach draußen. Von der Kirche St.   Nikolai hörte sie fünf Schläge.
    «In einer Stunde wechseln die Wächter. Bis dahin sollten wir alles zusammenhaben, was wir brauchen. Ich schlage vor, du packst auch einen Krug Wein, etwas Brot und gebratenes Fleisch ein. Der Barfüßer soll es gut haben.»
    «Und wie willst du vorgehen?»
    «Ganz einfach. Ich werde kurz vor sechs ein Riesengeschrei entfachen. Die Stadtbüttel werden herbeigelaufen kommen, und ich werde berichten, dass einer der Scholaren mir Gewalt antun wollte. Nach alldem, was geschehen ist, werden sie es mir glauben und vermuten, dass jemand an der Frau des Sodomiten Rache nehmen will. Dann werden sie dem Scholaren nacheilen. Das ist der Moment, in dem du aus deinem Versteck kommst und hinunter ins Verlies gehst. Der Wächter dort unten ist träge. Er wird nicht weiter fragen. Es wird ihm reichen, dass die Stadtknechte dich hereingelassen haben.»
    «Und wenn nur einer der Büttel dem vermeintlichen Scholaren nachjagt?», fragte Adam.
    «Nun, so werde ich in Ohnmacht fallen und mit letzter Kraft nach einem Becher Wasser verlangen. Es wäre nicht das erste Mal, dass einer Schwangeren die Sinne schwinden.»
    «Danke, Priska», sagte Adam und sah sie hilflos an. «Ich stehe tief in deiner Schuld.»
    Priska wandte sich ab. Sie wollte Adams Dankbarkeitnicht. Was sollte sie damit? Sich damit ein neues Leben bauen? Nein, sie war hier mit ihm und zeit ihres Lebens an ihn gebunden.
    Kurz bevor die Glocke die sechste Abendstunde verkündete, brachen Priska und Adam auf. An der Ecke Klostergasse und Sporergässchen trennten sie sich. Während Adam sich in einem Hauseingang verbarg, rannte Priska schreiend und mit den Armen rudernd auf die Büttel zu, die vor der Rathaustür standen und sich träge auf ihre Hakenbüchsen stützten.
    «Hilfe, so helft mir doch!», schrie sie und brach beinahe zusammen, als sie die Büttel erreicht hatte.
    Einer von ihnen kam gelaufen und fasste sie am Arm. «Was ist los, Frau?»
    «Ein   … ein Scholar   … er   … er wollte mir Gewalt antun.»
    Sie zeigte mit dem Finger in Richtung Hainstraße. «Dort hinunter ist er gelaufen. Schnell, Ihr müsst Euch eilen.»
    Die Stadtbüttel sahen sich unentschlossen an.
    «Na, schnell doch, los!», rief Priska erneut und keuchte, was das Zeug hielt.
    «Los, rennen wir ihm nach», sagte der eine und machte eine Bewegung mit der Hand.
    Der andere sah unschlüssig auf die Rathaustür. «Wir können doch nicht   …»
    «Los, mach! Unsere Ablösung kommt jeden Moment.»
    Er wandte sich an Priska. «Ihr bleibt hier und seht zu, dass niemand das Rathaus betritt.»
    Priska faltete die Hände und nickte brav. Die Büttel stürmten davon.
    Adam hatte das Geschehen vor dem Rathaus beobachtet. Nun kam er schnell über den Platz gelaufen.
    Priska hielt die Rathaustür offen. Die beiden schlüpften hinein.
    «Willst du nicht draußen warten?», fragte Adam beim Weiterhasten.
    Priska schüttelte den Kopf. «Ich komme mit. Ich möchte sicher sein, dass nicht auch du von dem Eisenhut nimmst.»
    Adam öffnete den Mund, doch dann sah er Priskas entschlossenen Blick und sparte sich jede Entgegnung.
    Sie eilten die schmale Steintreppe hinab, die zum Verlies führte. Der Wächter, ein dickwanstiger Mann mit roter Weinnase, hatte die Hände über dem Bauch gefaltet und schnarchte genüsslich.
    «He da, aufwachen!», brüllte Adam mit einer Stimme, die an Kanonendonner erinnerte.
    Der Wächter zuckte zusammen. «Geht Ihr so Eurer Aufgabe nach?», fuhr Adam den Mann an, der sich ängstlich zusammenduckte.
    «Schnell, meine Gehilfin und ich müssen in die Zellen der Eingeschlossenen.»
    Noch ehe der Wächter reagieren konnte, schnappte sich Adam den dicken Schlüsselbund, der vor ihm auf einem klapprigen Holztisch lag. «Ihr bleibt hier und passt auf, dass niemand meine medizinischen Untersuchungen stört. Habt Ihr mich verstanden?»
    Der Wächter sprang auf und nickte heftig mit dem Kopf. «Alles zu Eurer Zufriedenheit», stammelte er.
    Adam sah ihn

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