Die Wunderheilerin
ich dich liebe und weil ich unser Kind lieben werde. Weil du heute so gerecht gehandelt hast und ich dich dafür sehr achte. Du bist die Frau, nach der ich gesucht habe. Und wenn wir auch nicht unter einem Dach leben können, so können wir doch auf andere Art miteinander sein.»
Priska war so glücklich, dass sie erneut zu weinen begann. Aron bedeckte zuerst ihre Tränen mit Küssen, dann ihren ganzen Leib. Gemeinsam feierten sie das Fest ihrer Liebe, tanzten den wilden Tanz der Begierde, aßen gemeinsam das Brot der Freude und tranken den Wein der Geborgenheit.
Die Sonne schickte sich an, sich hinter den Dächern der Stadt zur Ruhe zu legen, als Priska fragte: «Aron, welchen Beruf hast du? Bist du ein Geldverleiher wie alle Juden?»
Aron schüttelte den Kopf. «Nein, Priska. Ich bin ein Pferdehändler aus dem Polnischen. Ich kaufe Pferde auf, bringe sie zu den Messen und verkaufe sie dort. Das ist mein Geschäft.»
Als Priska in der Dämmerung in die Klostergasse kam, war Adam gerade aufgestanden. Am Morgen, nachdem sie ihn vom Rathaus nach Hause gebracht hatte, hatte er am ganzen Körper gezittert wie eine Pappel im Sturm. Sie hatte ihm einen Baldriantee gebraut, hatte kräftig Branntwein dazugeschüttet und bei ihm gesessen.
Er hatte geweint. «Ich habe ihn verraten», hatte er geschluchzt. «Ich habe ihn verraten. Ich wünschte, ich wäre tot.»
Priska hatte dazu geschwiegen, denn alles, was sie dazu zu sagen hatte, war bereits gesagt.
«Du musst dich ausruhen. Heute Abend sprechen wir. Jetzt habe ich noch einen Weg zu erledigen.»
Sie war aufgestanden und hatte sich das Kleid glatt gestrichen. Adam hatte nach ihrer Hand gefasst. «Ich werde das Kind als das Meine anerkennen», hatte er versprochen.
Priska hatte genickt und kein Wort mehr dazu gesagt.Dann hatte sie ihm ein wenig mütterlich eine Haarsträhne aus der Stirn gestrichen und war gegangen, als er endlich eingeschlafen war.
Jetzt aber war Adam wach. Er sah noch immer sehr blass aus. Seine Augen waren leer und ohne Glanz, seine Lippen farblos, sein Haar hing in wirren Strähnen um seinen Kopf.
Er saß im Wohnzimmer im Armlehnstuhl und starrte auf den Kamin, in dem nichts brannte.
«Wie geht es dir?», fragte Priska.
«Er ist ins Verlies gebracht worden», erwiderte Adam.
«Wer hat es dir gesagt?»
«Keiner. Sie haben ihn durch die Straßen geschleift, direkt an unserem Haus vorbei. Die Leute haben gejohlt und mit faulen Eiern nach ihm geworfen.»
«Du hast es gesehen?»
Adam sah hoch, fasste nach ihrem Kleid. «Als er vor unserem Haus vorüberkam, hat er zu unserem Fenster hoch gesehen, Priska. Ich … ich konnte es nicht ertragen!»
«Du bist weggegangen vom Fenster?»
Adam nickte.
Priska machte sich los, setzte sich in den Lehnstuhl neben Adam. Sie hatte kein Mitleid mehr mit ihrem Mann; er hatte auch keines mit ihr. Eine starke Frau hatte Aron sie genannt. Nun kam ihr der Gedanke, dass Adam wohl schwach war. Schwach und ja … vielleicht sogar ein wenig feige.
«Das musst du aushalten, Adam» war alles, was sie an Trost aufbrachte.
Plötzlich richtete er sich auf. «Ich muss zu ihm, Priska. Er wird den Tod auf dem Scheiterhaufen sterben. Seine Fußsohlen werden verbrennen, er wird am Rauch ersticken. Die Leute werden ihm beim Sterben zusehen. Vor Angstwird er nicht an sich halten können und seinen Darm entleeren vor aller Augen.»
«Du wirst daran nichts ändern können.»
«Doch!» Adam sprach das Wort leise, aber bestimmt aus. «Doch, Priska. Eines Tages haben wir uns geschworen, wenn einem von uns etwas geschehen sollte, so sorgt der andere dafür, dass der Tod schnell und schmerzlos kommt. Dieses Versprechen, Priska, kann ich nicht brechen. Wenigstens das bin ich ihm schuldig.»
Priska seufzte. «Hört das nie auf?», fragte sie. «Ist es noch nicht genug? Hast du nicht genügend Ärger und Leid über dieses Haus gebracht? Musst du dir nun auch noch die Sünde des Mordens aufladen?»
Doch Adam war nicht zu halten. Er stand auf, lief die Treppe hinunter in sein Laboratorium. Priska eilte ihm hinterher.
«Eisenhut. Wo ist das Säckchen mit dem Eisenhut?»
Priska reichte es ihm. «Es gibt nichts, was dich von deinem Vorhaben abhalten kann, nicht wahr?», fragte sie.
Adam schüttelte den Kopf. «Ich bin es ihm schuldig.»
«Gut», sagte sie. «Dann werde ich auch dieses Mal mit dir gehen.»
«Du?»
«Ja. Ich. Du wirst wohl kaum als Stadtarzt in das Verlies zu deinem Liebsten gelassen werden. Der Rat mag
Weitere Kostenlose Bücher