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Die wundersame Geschichte der Faye Archer: Roman (German Edition)

Die wundersame Geschichte der Faye Archer: Roman (German Edition)

Titel: Die wundersame Geschichte der Faye Archer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Marzi
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Unfall, sodass viele Autofahrer einen Schlenker versuchten, in die Johnson Street einbogen, dann weiter die Bridge Street hinauffuhren, um zwei Blocks später erneut auf die Flatbush zu gelangen. Die Flatbush Avenue führte direkt auf die Manhattan Bridge, und an Tagen wie diesem bewegte man sich besser entweder zu Fuß durch diese Gegend oder mit dem Fahrrad.
    Faye erstarrte.
    Fahrrad.
    Nein, das war es nicht, was sie dachte.
    Roller!
    Sie schluckte.
    Motorroller.
    Das Blut hämmerte ihr laut und unangenehm in den Schläfen, und fast schon schwindelte ihr. Die Knie wurden ihr weich, mit einer Hand hielt sie sich an dem Tisch fest. Meine Güte, war das denn möglich? Es war wie ein Schock, der sie völlig ohne Vorwarnung traf. Hier stand sie, im LL, ihrem Laden, vertieft in die Playlist von Charmer , dem neuen Album von Aimee Mann, auf der sich, nebenbei bemerkt, sogar ein Duett mit James Mercer von The Shins befand, und gerade wollte sie sich Diana Kralls Glad Rag Doll anschauen. Doch daraus wurde nichts.
    Jetzt klopfte ihr das Herz bis zum Hals.
    »Alex?«
    Stößt jemand plötzlich aus Versehen gegen einen Plattenspieler, dann passiert Folgendes: Die Nadel, filigran und zerbrechlich, rutscht mit einem rauen Kratzen über die Schallplatte, die Musik verstummt. Ein dumpfes Geräusch folgt, wenn die Nadel aufschlägt, sofern der Stoß den Tonarm nicht nach innen, sondern nach außen hat wandern lassen.
    »Alex?«, wiederholte Faye noch einmal.
    Nicht nur ihre Stimme war wie die Nadel, die vom Plattenspieler rutscht. Ihr Bewusstsein sprengte die Musik in Sekundenbruchteilen, und alles wurde still und unwirklich.
    Das war Alex Hobdon. Nur eine simple Feststellung, kaum mehr, ein Satz, der wie ein Erdbeben war, eine Erkenntnis, die ihr zitterndes Unterbewusstsein zu einer Frage umformulierte. War das Alex? Nein, das war nicht möglich, oder? Der Mann auf dem Roller, der gerade draußen vorbeigefahren war? Alex Hobdon war auf dem Weg nach Chicago, das hatte er ihr geschrieben. Zur GraphiCon, mit den Skizzen in seinem Notizbuch.
    »Alex!«
    Sie sagte das so laut, dass T. C. nachhakte: »Ist das sein Name?«
    Faye nickte nur.
    Sie hatte ihn gesehen. Er war da draußen mit dem Roller vorbeigerauscht. Sie hatte doch sein Gesicht erkannt, ganz sicher. Er hatte einen flüchtigen Blick auf den Laden geworfen.
    Wie lange war das jetzt her? Zehn Sekunden? Weniger? Mehr? Wie ferngesteuert stellte sie Aimee Mann zu den anderen Alben, an Diana Krall dachte sie schon gar nicht mehr.
    Das Herz hämmerte ihr bis zum Hals.
    »Bin gleich wieder da«, keuchte sie.
    Dann rannte sie hinaus auf die Straße. Die Straßenseite, auf der sich das LL befand, lag bereits im Schatten. Die Luft hier war kühl, zum ersten Mal konnte man den nahen Winter fast riechen, wenn auch nur flüchtig.
    Was, wenn sie sich geirrt hatte? Na, alles bestens! Was, wenn sie sich nicht geirrt hatte? Alex wäre dann nicht in Chicago, und er würde auch die GraphiCon nicht besuchen. Aber was, in aller Welt, wäre dann? Was hätte das dann zu bedeuten?
    Sie starrte die Straße hinab.
    Wer will das wissen?, dachte sie.
    Faye spürte, wie sie losrannte. Schritt für Schritt, ihre Absätze schlugen hart auf dem Gehweg auf.
    Sie rannte und rannte und hörte alle Liedanfänge, die ihr während der letzten Stunden in den Sinn gekommen waren, in anderen Tonarten, verwirrend, pulsierend.
    Sie konnte ihn sehen, vorn an der Ampel.
    Er bremste leicht ab, sie sah ihn nur von hinten, aber sie war sich sicher, dass es Alex war. Er trug eine Lederjacke, schwarze Jeans, Boots, denselben Helm wie vor zwei Tagen, als sie ihm vor dem Real Books hinterhergeschaut hatte. Meine Güte, sie spürte, dass es ihr Alex war, gar keine Frage! Derselbe Alex, mit dem sie die ganze Nacht Mails ausgetauscht hatte.
    Faye schnappte nach Luft. Einerseits wollte sie ihn einholen, ihn sehen, mit ihm reden. Andererseits würde sich alles ändern, wenn der Mann dort vorn wirklich Alex Hobdon war.
    Sie rannte weiter.
    Das Geräusch der zerkratzten Schallplatte verdrängte gerade jede Melodie in ihr.
    Sie nahm alle Kleinigkeiten wahr. Der Roller war sehr alt, er hatte Rostflecken an der Seite. Rechts, an der rechten Seite! Der junge Mann, sie weigerte sich noch, ihn als Alex zu bezeichnen, stellte einen Fuß auf den Boden, da er anhalten musste. Die Ampel war rot, der Verkehr stockte. Er schien es eilig zu haben, denn er drehte den Kopf zur Seite, wie um zu überprüfen, ob es vielleicht möglich sei,

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