Die wundersame Geschichte der Faye Archer: Roman (German Edition)
hast, ihn zu sehen.«
»Ach, ja?«
»Hast du ihn angerufen?«
»Nein.«
»Ruf ihn an.«
»Warum sollte ich?«
»Du könntest ihn fragen, was los ist.«
Sie wollte ihn aber nicht fragen.
»Konfrontiere ihn mit den Tatsachen. Frag ihn, ob er wirklich in Chicago ist.«
»Hm.« Konnte es so einfach sein?
Jemand redete am anderen Ende mit Dana, während Faye sie sich als die unglaublich hübsche und charismatische Protagonistin einer dieser TV-Serien vorstellte, in denen Frauen wie sie selbst bestenfalls eine Nebenrolle erhielten.
Dana war wieder am Apparat. »Darling, du machst dir einfach zu viele Gedanken. Wie lange bist du jetzt Single?«
»Was hat das mit dem Problem zu tun?«
Vermutlich ging Dana jetzt schnell irgendwohin, wo sie ungestörter war und reden konnte. »Du hast Angst vor der nächsten Beziehung, und deswegen suchst du nach einem Grund, um …«
»Sei nicht albern.«
»Das ist ein ganz normaler Schutzmechanismus und …«
Faye fuhr ihr ins Wort. »Übertreib es nicht.«
»Du suchst nur nach einem Grund, um keine neue Beziehung eingehen zu müssen.«
»Das ist doch Blödsinn.«
Dana schnaufte laut. »Denk an Ian Hedges.«
»Der war nie wirklich eine Alternative.«
»Du warst seine Medizin gegen die Midlife-Crisis.«
»Nicht wirklich.«
»Erinnerst du dich an Tom?«
»Das ist fast vier Jahre her«, sagte Faye.
»Weißt du, was er jetzt macht?«
»Keine Ahnung. Was hat das mit Alex zu tun?«
»Du brauchst einfach wieder einen Freund«, sagte Dana bestimmt. »Darum geht es hier, Darling, um nichts anderes. Du sehnst dich danach. Und, stopp, sag jetzt einfach nichts. Ich glaube, du bist ganz versessen darauf, deinen Alex zu sehen. Nur deswegen dachtest du, du hättest ihn entdeckt. Weil jemand in deinem Zustand überall denjenigen sieht, nach dem er so verzweifelt Ausschau hält.«
»Ich bin nicht verzweifelt.«
»Nein?«
Faye begann sich unwohl zu fühlen. »Ich will nur eine Lösung für mein Problem«, stellte sie klar, »keine psychologische Gesamtanalyse.«
»Beides gibt es nur im Paket«, antwortete Dana, nur um dann einzulenken: »Denk nicht so viel darüber nach. Tu genau das, was du getan hättest, wenn du den Kerl auf dem Roller nicht gesehen hättest.« Sie seufzte laut. »Mal ganz ehrlich, ich glaube nicht, dass es dein Alex war.«
»Und wenn er es doch war?«
»Dann führt er eben etwas im Schilde. Dann hat er dich belogen. Dann ist er ein Lump.«
»Oh, Dana.«
»Tut mir leid, Darling, aber das Meeting beginnt jetzt. Sei nicht böse, ich rufe dich später an.«
»Ich bin nicht böse.«
»Gut.«
»Viel Glück im Meeting.«
»Kann ich brauchen«, sagte Dana. Dann war die Verbindung beendet.
Faye legte das rote Handy vor sich auf den Tresen, schaltete es aus und aß den Rest des Käsekuchens. Eigentlich, dachte sie, ist das alles doch verrückt. Hatte sie nicht ein Leben, das voller Menschen war? Mica Sagong, Dana Carter, T. C. Moses und Cricket Tyler. Die Musiker, mit denen sie manchmal auftrat. Die Gesichter, die ihr täglich begegneten, auf der Straße, in den Läden, die sie besuchte, im Real Books. Sie wusste, wem sie sich anvertrauen konnte. Sie war nicht einsam. Manchmal rief sogar Ian Hedges mitten in der Nacht an, weil er sich nach ihr verzehrte, und irgendwie fand sie es auch schmeichelhaft. Doch dann dachte sie an Alex Hobdon und wusste, dass sie ihn treffen würde. Sie hatte nicht die Absicht, vor irgendetwas davonzulaufen.
Faye lächelte, beglich die Rechnung und verließ das Diner. Sie wollte jetzt nach Hause und den Laptop einschalten. Sie wollte ein Glas Wein in der Hand halten, Musik hören. Sie wollte, dass ihre Finger auf den Tasten des Klaviers tanzten und sie im Geiste seine Stimme hörte.
Zeit indes wollte sie keine verlieren, und so lief sie, rannte, den ganzen Weg bis zu ihrer Wohnung, weil das war, was sie tun musste, obwohl sie wusste, dass Alex Hobdon, war er wirklich auf dem Weg nach Chicago, bis spät in die Nacht unterwegs sein würde und mit einer Mail also erst einmal nicht zu rechnen war.
5
Außer Atem erreichte Faye ihre Wohnung. Erst als die Tür hinter ihr ins Schloss fiel – sie hatte immerhin den Schlüssel auf Anhieb gefunden –, gestattete sie sich eine Pause. Laut keuchend stand sie da und rang nach Luft. Sie zog die Jacke aus, ließ sie auf den Boden fallen, kickte die Schuhe hinterher und ging zur Couch.
Es tat gut, so zu liegen. Oh, wie gut das tat. Faye hörte ihr eigenes Herz klopfen, 130 bpm mindestens,
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