Die wundersame Geschichte der Faye Archer: Roman (German Edition)
sind nur gemeinsam Taxi gefahren«, sagte Faye. »Eigentlich bin ich zu ihm ins Taxi gehüpft.« Sie ließ den Rest der Geschichte folgen.
»Klingt spannend. Und?« Die Verkehrsgeräusche im Hintergrund ließen den Schluss zu, dass Dana gerade, wie so oft, unterwegs war.
»Nichts sonst. Ich weiß nur, wie er heißt. Weißt du, es war einfach schön zu sehen, wie sich jemand für mich interessiert. Nach diesem dämlichen Gespräch mit Alex.«
»›Zusammenprall‹ trifft es wohl eher«, meinte Dana.
»›Katastrophe‹ passt noch besser.«
»Ja, aber für ihn.«
»Und für seine Freundin.« Irgendwie tat diese Jennifer ihr sogar leid. Alex belog sie anscheinend genauso, wie er sie belogen hatte. Eigentlich sollten sie sich gegen ihn verbünden. Was, das wusste Faye, sie natürlich niemals tun würden.
»Vielleicht seht ihr euch ja wieder«, meinte Dana. »Du weißt schon, du und der George aus dem Taxi.«
Faye antwortete leise, ein wenig versonnen: »Tja, mal schauen, was passiert.« Ob überhaupt etwas passiert, dachte sie. Passieren könnte. Sich erst mal die Möglichkeit offenzuhalten schien kein falscher Gedanke zu sein. Warum eigentlich nicht? Jeder tröstet sich auf seine Weise.
»Was machst du heute?«, wollte Dana wissen.
»Ich verkrieche mich in der Wohnung. Gehe nicht ans Telefon.« Sie stieß einen theatralischen Seufzer aus. »Rate mal, wer heute angerufen hat!«
»Schon wieder?«
»Genau.«
Dana sagte etwas, nicht zu Faye, vermutlich zu dem Taxifahrer. »Ich bin auf dem Weg zu einem Date«, erklärte sie. »Im Chez Paul, an der Upper East.«
»Mit wem?«
»’nem neuen George«, sagte Dana nur.
»Viel Glück.«
»Wenn man wenig erwartet, dann wird es gut«, meinte Dana. »Erwartungen sind unser größter Feind.«
»Ist das von Shakespeare?«
»Keine Ahnung, Darling. Ist mir auch egal. Es stimmt, nur darauf kommt es an. Ich treffe diesen George und werde einen schönen Abend verbringen. Vielleicht sehen wir uns nie wieder, vielleicht heiraten wir. Das Leben ist zu kurz, um das nicht in vollen Zügen zu genießen.«
»Du bist ganz schön cool«, sagte Faye. Sie wusste, dass sie Dana um diese Einstellung beneidete.
»Ich werde nicht jünger«, sagte Dana. »Du auch nicht.«
Na, klasse!
»Es gibt nur eine Alternative zum Älterwerden«, sagte Faye. »Und die gefällt mir nicht.«
»Deswegen treffe ich gleich diesen neuen George.« Dana lachte schallend. »Oh, Mann, geht es uns nicht gut? Du hast diesen Alex in die Wüste geschickt und noch am selben Abend jemanden kennengelernt.«
Kennengelernt ist ein wenig übertrieben, dachte Faye, sagte aber nichts.
»Ich habe meinen neuen George auch heute Nacht getroffen und sehe ihn gleich wieder.«
»Ja, Dana, es geht uns umwerfend gut.«
»Ich melde mich morgen, Darling.«
Faye konnte nicht anders, sie musste grinsen. »Grüß deinen George von mir.«
Dana lachte, dann legte sie auf.
Faye seufzte. Ihr Grinsen erstarb. Komischer Abend, seltsame Zeit. Sie legte den Hörer auf die Gabel, dann, nachdem sie ihn eine Weile beobachtet hatte, stand sie auf und zog das Telefonkabel aus der Wand. Sie ging zurück zur Couch, deckte sich zu, schaute zum Fenster hinaus in die Nacht, bis der Schlaf sie erneut umarmte, sanft und warm.
Die neue Woche begann so, wie die alte Woche zu Ende gegangen war. Das Leben folgt einer beschaulichen Routine, die Faye sonst weniger bemerkte. Im Laden war es still. Mica Sagong begrüßte sie mit einem Lächeln. Offenbar hatte er die Pflanzen schon gegossen, die Katzen gefüttert und Gisela Zimmermann, ein Stockwerk über dem Laden, ignoriert. »Du siehst aus wie jemand, der vom Weg abgekommen ist.«
»Hast du keine Schüler, die du mit Licht durchfluten kannst?«
»Du bist nichtsdestotrotz gekommen.«
»Ich muss arbeiten«, sagte sie.
Er beobachtete sie. »Wenn du meinst.«
Sie warf ihm einen langen Blick zu, zog den Mantel aus und hängte ihn auf.
»Wie war dein Wochenende?«
»Und deins?« Die Art, wie sie auf diese einfache Frage reagierte, zeigte Faye, dass das Wochenende noch nicht wirklich überstanden war. »Ich denke nicht, dass ich Alex jemals wiedersehe.«
Mica nickte nur. Er wusste, wann es besser war zu schweigen.
Im Radio, hinten im Kabuff, lief leise »Programmable Soda« von Tori Amos; danach erinnerte ein Sprecher an die Finanzkrise, Lehman Brothers und all das.
Faye schaltete das Radio aus.
»Ruhe kann guttun«, sagte Mica.
»Ich weiß.«
Und so ging Faye ihrer Arbeit nach. Alles war,
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