Die wundersame Geschichte der Faye Archer: Roman (German Edition)
Mica.
Es hörte sich so an, als schaute Alex sich kurz um. Es gab eine Pause, nichts passierte.
»Suchen Sie etwas Bestimmtes?«, hörte sie Mica fragen. Oh, bitte! Wenn das schon so anfing.
»Ist Faye heute da?«
Er kam also direkt zur Sache. Und er war ihretwegen hier!
»Faye Archer?«
»Ja.«
Klar! Wer sonst?
»Sie arbeitet doch hier?« Blöde Frage, was sollte das denn nun schon wieder?
»Sie hat heute frei«, log Mica. Faye stellte sich sein Gesicht vor. Er konnte so richtig ausdruckslos aussehen wie die Koreaner, die in Hollywood-Filmen so oft die Bösen spielten.
»Oh.«
Stille.
Sie lugte durch den Vorhang, konnte aber kaum mehr als Alex’ Silhouette erkennen. Da war nur seine Stimme. Sie klang suchend, dunkel, aber warm, wie Holz, das im Feuer knistert. Eine Stimme, die zur Musik der Avett Brothers passte. »I and Love and You.«
Reiß dich zusammen!
»Kann ich ihr etwas ausrichten?«, bot Mica höflich an.
Wieder eine kurze Pause. Alex schien heute seinen zögerlichen Tag zu haben. »Ja, vielleicht, ich …« Er stockte schon wieder. »Wir haben uns vorgestern Abend getroffen …« Er klang unsicher. »Ich wollte persönlich mit ihr reden. Es gab da einige … Missverständnisse. Glaube ich.«
»Dann hilft es gewiss, miteinander zu reden«, sagte Mica.
Alex lachte. »Ja, das hoffe ich.«
Er hört sich wirklich nett an, wenn er verlegen ist, dachte Faye und ertappte sich dabei, wie sie versonnen lächelte. Sie fragte sich, was wohl passieren würde, wenn sie überraschend aus dem Kabuff träte.
»Was macht das Buch?«, fragte Mica.
O nein, was sollte das denn jetzt? Spielte er Detektiv?
Faye wurde unruhig.
»Welches Buch?«
Sie hasste es, nichts tun zu können.
»Ihr Buch. Die Geschichte.« Mica half ihm auf die Sprünge. »Die Skizzen in dem Notizbuch.«
»Oh, Sie haben von Holly gehört? . Erscheint demnächst.«
Stille.
»Im Frühjahr. Ende Februar«, ergänzte er.
»Es war bestimmt schwierig, einen Verleger zu finden«, blieb Mica am Ball.
»Ich hatte Glück«, antwortete Alex. »Pures Glück.«
Mica lachte leise und wissend, vollends der Guru: »Die wenigsten Menschen erkennen das Glück, wenn sie es sehen.«
Faye hoffte inständig, dass er keinen Blödsinn machte.
»Darf ich Sie etwas fragen?« Wieder klang Alex zurückhaltend, ganz anders als in dem Club.
»Sicher.«
Er druckste herum: »Es klingt vielleicht etwas komisch.«
»Auch komische Fragen können beantwortet werden.«
Oh, Mica!
»Erinnern Sie sich an mich?«
»Natürlich. Sie waren letzte Woche im Laden. Sie haben Ihr Notizbuch mit den Zeichnungen vergessen. Am nächsten Tag kamen Sie wieder vorbei.«
»Nein, das meine ich nicht. Ich habe hier schon einmal ein Notizbuch liegen lassen.«
»In meinem Buchladen?«
»Ja.«
Faye trat noch dichter an den Vorhang und lauschte so angestrengt, dass sie das Gefühl hatte, vor Neugierde zu platzen.
»Wann war das?«
»Vor vier Jahren.«
»Das ist lange her. Sind Sie sich sicher?«
»Ja, ziemlich. Damals hat es begonnen.«
»Was?«
»Das Glück. Na ja, ich habe es nicht erkannt. Aber es war so.«
»Klingt sehr interessant.« Mica schlürfte eine Nudel, Faye konnte es deutlich hören. »Aber, nein, tut mir leid, ich kann mich nicht an Sie erinnern.« Er klapperte mit den Stäbchen. »Doch das ist nicht weiter seltsam. Passiert mir öfter, leider. Ich kann mich nicht an jeden Kunden erinnern. Was ist damals mit Ihrem Notizbuch passiert?«
»Ich habe es abgeholt.«
»Schön.«
Wieder Stille. Nachdenkliches Schweigen.
Nur Micas Essgeräusch.
»Hat Faye damals schon hier gearbeitet?«
»Vor vier Jahren?«
»Im Herbst.«
»Nein. Damals noch nicht. Ich hatte einen Angestellten. Aber der mochte keine Comics.«
»Trau keinem, der keine Comics mag«, sagte Alex.
»Sie sagen es.«
Beide lachten.
Dann folgte wieder Stille.
Wie gern Faye ihn gesehen hätte. Was tat er jetzt, wie sah er aus?
»Ich habe damals eine alte Ausgabe von Frühstück bei Tiffany gekauft.«
»Die gleiche, die Sie letzte Woche gekauft haben?«
»Ja, genau die gleiche.«
»Ist recht selten. Die findet man nur noch in Antiquariaten. Die Taschenbuchausgabe von Random House aus den 70ern.«
»Die mit dem Cover von Robert E. McGinnis«, ergänzte Alex.
»Kommt mir bekannt vor.«
»Er hat mehr als tausend Taschenbuch-Cover gezeichnet. Das Kinoplakat zu dem Film mit Audrey Hepburn war von ihm. Es war sein erstes Filmposter.« Alex klang begeistert. »Die Plakate für Barbarella und
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