Die wundersame Geschichte der Faye Archer: Roman (German Edition)
wie es immer war. Der UPS-Mann brachte neue Bücher, die einzusortieren waren; Kunden betraten den Laden, müde und ratlos, was sie lesen sollten, manche zielgerichtet und ungeduldig, weil der gewünschte Roman nicht vorrätig war, und Faye fragte sich, warum Menschen, die etwas suchten, so unfreundlich sein mussten.
Da sie gar nicht erst nachschauen wollte, ob Alex ihr geschrieben hatte, mied sie das Internet, zumal Mica gerade an einem Blog-Eintrag über Vegetarismus, Chakren und Yoga schrieb, der Laptop also besetzt war. Dafür stieß sie auf einen Katalog mit den Neuerscheinungen des Frühjahrs von Little Gotham House, darunter Alex Hobdons Sie haben von Holly gehört? . Sie warf nur einen flüchtigen Blick auf das Cover, das einen Straßenzug in Brooklyn Heights zeigte. Schnee lag auf den kahlen Bäumen und den Geländern der Treppen, ein Holzschlitten stand auf dem Gehweg, Vögel hockten auf den Ästen. Die Geschichte spielte bei ihm offenbar im Winter. Das war wohl die stärkste Änderung gegenüber der Vorlage, es war also keine ganz werkgetreue Adaption. Davon hatte er in den Mails gar nichts erwähnt.
»Pah!«, machte sie und legte das Programm beiseite.
Es gab genügend anderes zu tun.
Gegen Mittag, als Mica gerade mit zwei Schachteln vom Chinesen an der Ecke zur Henry Street zurückgekehrt war, wurde Faye von einem Geräusch aufgeschreckt, das ihr nur allzu vertraut vorkam: dem sonoren Brummen und Knattern eines Motorrollers, der draußen auf dem Gehweg geparkt wurde, begleitet vom Platschen der Pfützen, die sich während des Regens immer dort bildeten. Sie zuckte zusammen und rannte zum Schaufenster, durch das sie, vorsichtig darauf achtend, von einem Pappaufsteller, der die Form und das Aussehen von Tom Wolfe hatte, verborgen zu bleiben, nach draußen lugte.
Mist, dachte sie.
Das Geräusch kam ihr allerdings vertraut vor, kein Wunder!
»Mist!«, fluchte sie laut.
Mica Sagong, der gerade die Stäbchen aus der bunten Pappschachtel nahm und hinter der Kasse auf dem Hocker Platz genommen hatte, schaute neugierig von seinem Bami Goreng mit Currynudeln auf.
Faye kehrte eilends zur Kasse zurück. »Du musst mir helfen.« Sie wusste, dass sie sich panisch anhörte.
»Was ist los?«
»Keine Fragen, nur helfen«, sagte sie schnell. Sie verschloss ihr Mittagessen, klappte die Pappschachtel zu, stellte sie unter die Kasse.
Mica schaute sie an. »Was ist denn passiert?«
»Alex Hobdon ist da.«
Er sah sich im Laden um. »Wo?«
Oh, bitte! »Draußen.«
»Draußen?« Mica blickte zur Tür.
Meine Güte, das durfte nicht wahr sein!
»Er stellt gerade seinen Roller ab.«
»Und?«
»Ich will ihn nicht sehen.«
Mica starrte sie nur an. »Warum nicht?« Er pickte mit den Stäbchen in den Nudeln herum.
War das denn die Möglichkeit? »Ist doch egal, oder?« Sie rollte wild mit den Augen. »Ich will ihn nicht sehen. Basta!«
Mica schlürfte ein paar Nudeln. »Was soll ich tun?«, fragte er, die Ruhe in Person. Für ihn gab es ja auch nicht den geringsten Anlass, in irgendeiner Form nervös zu sein.
»Ich bleibe hinten im Büro.« Sie hob präventiv tadelnd den Finger, fuchtelte mit ihm vor seinem Gesicht herum. »Kein Wort darüber, hörst du! Es ist ernst. Kein Wort darüber, dass ich da bin.«
»Nimm den Finger weg«, bat er sie. Dann fragte er in diesem unschuldigen Shaolin-Lehrer-Tonfall, der bestimmt schon den einen oder anderen in den Wahnsinn getrieben hatte: »Glaubst du denn, er ist deinetwegen gekommen? Vielleicht will er nur ein Buch kaufen.«
»Mica!«
»Tut mir leid«, sagte er. »Spontaner Humor.«
»Das ist nicht witzig!«, zischte sie.
»Passiert manchmal.« Mica zwinkerte ihr zu. »Sieh zu, dass du nach hinten kommst.«
Faye spürte, wie ihr Herz raste, und ärgerte sich. Sie wollte nichts mehr mit Alex zu tun haben, und es passte ihr überhaupt nicht, dass er hier auftauchte. Warum gerade jetzt? Was sollte das? Sie fühlte sich bedrängt, und gleichzeitig hüpfte ihr Ego tanzend im Raum herum. Er wollte noch mit ihr reden, war das nicht toll! Vermutlich hatte ihm ihr Verhalten im Club so zugesetzt, dass er es nicht schaffte, die Finger von ihr zu lassen. Was für ein Schlamassel …
Sie zog den Vorhang vor und lauschte.
»Hallo!« Seine Stimme, ganz klar. Alex Hobdon. »Live and in person. Don’t you dare miss him!« – Verdammt, ich denke in Slogans, kam es Faye in den Sinn, aber bevor sie sich darüber wundern konnte, war der Gedanke auch wieder fort.
»Hallo«, sagte
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