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Die wundersame Geschichte der Faye Archer: Roman (German Edition)

Die wundersame Geschichte der Faye Archer: Roman (German Edition)

Titel: Die wundersame Geschichte der Faye Archer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Marzi
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cool und verdammt, verdammt gut aussehend und … Machte das einen Unterschied?
    »Aaron Lescoe von der Klynite?«, fragte Mica. Seine Augen wurden schmal.
    »Ja.«
    Er nickte nur. Warum, in aller Welt, nickte er jetzt so?
    »Was ist mit ihm?«, wollte sie von Mica wissen.
    »Was soll mit ihm sein?«
    »Du siehst so aus, als wüsstest du etwas, was ich nicht weiß.«
    »Er ist bekannt«, sagte Mica nur. »In Kunstkreisen.«
    Als hätte Dana ihr das nicht schon mitgeteilt. »Ich weiß.«
    »Er ist ein Frauenheld«, sagte Mica Sagong.
    Faye starrte ihn an. »Echt?« Hatte er wirklich gerade »Frauenheld« gesagt?
    Mica, der altmodische Wörter liebte, nickte ernst. »Sein Ruf eilt ihm voraus.«
    »Aber nicht immer muss das, was die Leute sich erzählen, stimmen, oder?«
    »Natürlich nicht, die Leute reden viel.« Mica ging nach hinten ins Kabuff und kehrte mit einem Brief zurück. »Der«, sagte er, »kommt dir nun vielleicht ein wenig ungelegen.« Er reichte ihr den Briefumschlag. Ihr Name stand darauf. »Als ich herkam, hatte ihn schon jemand unter der Ladentür durchgeschoben.«
    »Schon okay.« Sie nahm den Brief in die Hand und starrte ihn an, als würde das etwas bringen. Dann öffnete sie den Umschlag und zog das inliegende Blatt heraus. Es war kein Brief, nur eine Zeichnung. Eine junge Frau mit Sonnenbrille, schwarz-weiß, die vor einem Klavier saß und sang. Da waren winzige Noten, die über ihrem Kopf schwebten und von dort über das ganze Blatt tanzten, beschwingt und fröhlich.
    »Oh, Mann«, murmelte sie. Ihre Hand zitterte. Damit hatte sie überhaupt nicht gerechnet. »Alex war hier.«
    Mica nickte nur. Er betrachtete die Zeichnung. »Du siehst aus wie du selbst«, stellte er fest.
    Faye schluckte. Sie musste zugeben, dass er sie gut getroffen hatte. Er sieht mich so, wie ich wirklich bin.
    »Mist«, flüsterte sie.
    Mica legte ihr eine Hand auf die Schulter. »Das Leben«, sagte er, »macht es uns nie einfach.« Damit ließ er sie allein und ging nach hinten ins Kabuff, um Papierkram zu erledigen.
    Faye faltete die Zeichnung und schob sie in den Briefumschlag zurück. Dann steckte sie den Briefumschlag in ihren Rucksack. Oh, Mann! Und jetzt? Die Frage drängte sich ihr in Verstand und Herz. Was passiert jetzt? Sie dachte viel zu viele Gedanken auf einmal, und ihr schwindelte förmlich.
    Glücklicherweise betrat eine Kundin den Laden, das lenkte sie ab, und weitere Kunden folgten. So verging die Zeit.
    Faye gab sich alle Mühe, nicht an den Rucksack mit der Zeichnung darin zu denken. Mehrmals ertappte sie sich dabei, wie sie auf das Geräusch des Motorrollers wartete.
    Vergiss ihn, verflixt noch mal!
    Sie konnte es nicht leugnen, nein, mitnichten, sie war schon wieder »durch den Wind«, wie die Leute in Redwood Falls zu sagen pflegten. Vollkommen durch den Wind. Dabei war bis vorhin doch alles ganz klar gewesen.
    Oder?
    Am Ende war es Mica, der sie aus ihren Gedanken riss. »Es ist nicht viel los heute«, sagte er. »Der Herbst ist zu einem Norman-Rockwell-Gemälde geworden. Schau mal nach draußen, einfach wunderbar. Vergiss den Laden, nur für heute, okay? Du kannst den Nachmittag in der Sonne verbringen. Nimm dir ein Buch und …« Er beugte sich vor und flüsterte ihr zu: »Schau tief in dich hinein.«
    »Meinst du, ich sollte das tun?«
    Er ergriff sanft ihre Hand. »Faye«, sagte er mit leiser Stimme, »du solltest heute Nachmittag nichts anderes tun.«
    Sie sah ihn ernst an. Dann setzte sie ein verwegenes Lächeln auf. »Denke, ich fahre in den Prospect Park.« Genau, das würde sie tun. Mit dem Fahrrad durch die Stadt zum Park fahren.
    »Zu deinem See?«
    Sie nickte emsig. »Dort schau ich dann tief in mich hinein«, versprach sie ihm. »Danke.« Sie liebte den kleinen See. Im Sommer schwamm sie manchmal in ihm, spätnachmittags, wenn die Parkaufsicht nicht mehr da war.
    Mica ließ ihre Hand los. »Was soll ich tun, wenn Alex herkommt?«
    »Nichts«, sagte Faye. »Gar nichts.« Dann machte sie sich auf den Weg. Nicht ahnend, was bald schon passieren würde.
    Mit dem Fahrrad brauchte Faye keine Dreiviertelstunde, um Prospect Heights zu erreichen.
    Mica hatte ihr eine alte karierte Wolldecke mitgegeben. »Zum Picknicken.« Für alle Fälle. »Falls es kühl wird.«
    In einem Macy’s hatte sie sich unterwegs ein Sandwich, Trauben, Käse und eine Flasche Wasser gekauft. Sie war nett zur Kassiererin gewesen, viel zu wenige Menschen waren nett zu Kassiererinnen. Faye wusste das aus eigener Erfahrung

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