Die wundersame Geschichte der Faye Archer: Roman (German Edition)
ist es besser, wenn ich heute allein schlafe«, sagte sie. »Sei nicht böse; es ist, wie es ist.«
»Schon okay«, meinte Aaron. Sie wusste nicht, ob er ihren Wunsch als das sah, was er war: eine faule Ausrede, um Zeit zu schinden, Zeit zum Nachdenken, Zeit zum Ausruhen.
»Schau dir dieses Bild an«, forderte Aaron sie auf. Es hieß Candy & Goa , die Farben intensiv und unruhig. »Gefällt es dir?« Viele Kleckse, die wild und feurig ineinanderflossen. Öl auf Leinwand. Von einem Künstler, der sich The Vain Dain nannte.
»Es ist … sehr rot«, stellte Faye fest.
Aaron drehte sie sanft, aber bestimmt, zu sich und sah ihr fest in die Augen. »Das ist es, was ich für dich empfinde.«
Faye lächelte. »Das ist wirklich sehr … rot.«
»Ich mag deinen Humor.«
»Ich bin gar nicht lustig«, sagte sie. Dann küsste sie ihn, schloss die Augen dabei.
»Du kannst Herzen brechen, wenn du willst«, hatte Dana ihr einmal gesagt, und es hatte sich wie ein Kompliment angehört. Apropos Dana … Faye hatte gar nicht erst versucht, sie zu erreichen. Nach dem Telefonat hielt sie es für das Beste, erst einmal nichts zu unternehmen. Dana konnte zuweilen sehr seltsam sein, sehr unangenehm; sie würde warten, bis Dana wieder ihre Dana war.
Sie mochte es wirklich nicht, wenn Dana sich wie eine Diva aufführte.
»Du kannst richtig fies sein«, hatte sie Dana früher einmal vorgeworfen.
Dana hatte geantwortet: »Nur, wenn ich will.«
Jedenfalls war Faye am Sonntagabend nach Hause gefahren, mit dem Taxi, das Aaron ihr gerufen hatte. Es war schon tief in der Nacht gewesen, und sie war todmüde ins Bett gefallen. Doch dann hatte sie nicht schlafen können, weil sie andauernd daran denken musste, dass der Laptop neben der Couch stand. Seit Tagen stand er dort, ungenutzt, stumm. Sie seufzte und malte sich aus, welche Worte sie verpassen könnte. Schließlich übermannte sie der Schlaf, aber er brachte nur unruhige Träume, an die sie sich nach dem Aufwachen nicht mehr erinnern konnte; dafür fühlte sie sich so unruhig wie schon lange nicht mehr. Ihr Herz klopfte wie wild, als sie die Augen aufschlug. Es war, als wäre sie aus einem schlimmen Traum erwacht, aber das, was sie so erschreckt hatte, war verschwunden, noch bevor sie richtig wach geworden war.
Hätte sie geahnt, dass sie schon bald Alex Hobdon treffen würde, wäre sie trotzdem vielleicht noch eine Weile im Bett geblieben. Natürlich ahnte sie aber nichts, und so ging sie dem Tag entgegen, wie sie es Hunderte Male zuvor getan hatte.
Sie frühstückte und fuhr den gewohnten Weg zur Arbeit. Die Sonne war aufgegangen, die Wolken waren fort. Yeah, heute kein Regen. Es sah so aus, als würde es ein wunderschöner Tag werden. Sie genoss es, den Wind im Gesicht zu spüren. Wenn Fußgänger ihren Weg kreuzten, dann klingelte sie diese freundlich an. Oh, sie liebte jedes Geräusch, das die Stadt machte, und im Vorbeifahren fing sie all die Geräusche, die wie Schmetterlinge waren, ein und sammelte sie, ohne einen Gedanken daran zu verschwenden.
Sie kettete ihr Fahrrad vor dem Real Books ans Geländer des Treppenaufgangs, schaute an der Fassade hinauf und winkte der älteren Dame zu, Gisela Zimmermann, die, hoch oben, die Blumen vor dem Fenster goss.
Drinnen, im Laden, war Mica Sagong gerade damit beschäftigt, konzentriert und mit geschlossenen Augen auf dem Boden vor dem Regal mit den Comics zu sitzen und Atemübungen zu machen. Das Gebimmel der Türklingel ließ ihn ein Auge öffnen. »Faye Archer.« Sein anderes Auge öffnete sich ebenfalls. »Du siehst verändert aus«, stellte er fest.
»Hm«, machte Faye.
»Dein Konzert war klasse«, stellte Mica fest. Mit einem Satz war er auf den Beinen, schwungvoll, eine einzige fließende Bewegung. »Die neuen Lieder haben mir gefallen.«
Sie fragte nicht nach, warum er nicht geblieben war.
»Aber du siehst verändert aus«, sagte er noch mal.
»Ach, ja?« Faye lächelte geheimnisvoll.
»Du siehst aus wie jemand, der mir etwas mitteilen will«, sagte Mica.
Das war wieder typisch.
»Komm schon! Ich bin neugierig.«
»Ich bin mit jemandem zusammen«, sprudelte es aus ihr heraus.
Mica musterte sie freundlich und fragte: »Bist du dir sicher?«
Was sollte das denn nun schon wieder?
»Ja«, sagte sie schnell. Ich denke schon …
Ihr fiel auf, dass sie nicht gesagt hatte: »Ich bin verliebt!« Nein, sie hatte gesagt: »Ich bin mit jemandem zusammen.«
»Er heißt Aaron«, sagte sie. »Aaron Lescoe.« Er ist so was von
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