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Die wundersame Geschichte der Faye Archer: Roman (German Edition)

Die wundersame Geschichte der Faye Archer: Roman (German Edition)

Titel: Die wundersame Geschichte der Faye Archer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Marzi
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nur zu gut, so lange war das schließlich noch nicht her. Nein, eigentlich kam es ihr vor, als sei es erst gestern gewesen, das alte Leben in Queens. Viele Kunden, das hatte sie mehr als nur einmal am eigenen Leib erfahren müssen, behandelten Kassiererinnen in Supermärkten abweisend, arrogant und herablassend und wurden bestenfalls ein bisschen netter, sobald sie erfuhren, dass die Kassiererin eigentlich Studentin und somit »etwas Besseres« war. Die Welt konnte so verrückt sein, die Menschen so ungerecht.
    Faye hatte ihr altes Handy ausgeschaltet. Wie sie es Mica versprochen hatte, wollte sie versuchen, sich selbst zu finden. Mal schauen, ob das funktionieren würde. Außerdem wollte sie an diesem Nachmittag mit niemandem reden. Nicht mit Aaron und erst recht nicht mit Dana, und damit erschöpften sich auch schon die Menschen in ihrem Leben, die heute ein Gespräch mit ihr suchen würden.
    Im Park angekommen, radelte sie langsam und genüsslich den geschwungenen Weg entlang. Sie folgte dem West Drive bis zum Spielplatz und war froh, den Verkehr der Stadt endlich hinter sich gelassen zu haben. Radfahrer waren in Brooklyn noch immer so etwas wie eine gefährdete Spezies.
    Doch hier war es ruhig.
    Stille!
    Endlich.
    Durchatmen!
    Die Oase im Herzen von Brooklyn, hier war sie. Die Bäume im Park trugen ihr Blätterkleid überwiegend noch. Wenn Wind aufkam, war von überall her ein tiefes, volles Rauschen zu hören. Oh, Faye mochte den Herbst so sehr. Es roch nach feuchter Erde und gleichzeitig nach der warmen Sonne; nach Kastanien, feuchtem Gras und dem klaren, eisig kalten Wasser der Bäche, die sich durch den Park schlängelten, mal schmal und versteckt zwischen den Hecken und Büschen, an anderen Stellen breiter und strudelnd.
    Der Prospect Park war normalerweise ein beliebtes Ausflugsziel, doch an einem so frühen Montagnachmittag war noch nicht viel los. Die Teenager waren in der Schule, und die Mittagspause war für die meisten Angestellten schon vorüber; die beste Zeit also, um sich ein ruhiges Plätzchen zu suchen.
    Faye mochte den kleinen See; unter gar keinen Umständen durfte man ihn mit dem Prospect Park Lake verwechseln, der weiter südöstlich lag, hinter ein paar Hügeln, irgendwo in der Nähe des Zoos.
    Sie hatte es vermieden, am Sansara Club vorbeizufahren, denn sie wollte im Moment nicht an jenen Abend dort erinnert werden. Statt den Weg über Prospect Park West zu nehmen, war sie von der Grand Army Plaza direkt zu ihrem See gefahren, der östlich vom Baseballfeld Nr. 6 lag. Der See – ihr kleiner See – war eine Miniaturwunderwelt, zwischen Bäumen verborgen vor der Hektik des restlichen Parks. Hier war alles klein, verhuscht. Ja, genau, »verhuscht« beschrieb den See, wie kein anderes Wort es je tun würde. Die Bäume reckten ihre Äste bis weit über den See, das Licht spiegelte sich hüpfend in der Oberfläche, dazwischen sprangen Wasserläufer umher.
    Faye stieg vom Fahrrad ab und schob es den Rest des Weges. Sie folgte dem Pfad, der sich zwischen den Ahornbäumen hindurchwand, bis zu jener Stelle, wo ein Bach über riesige Felsbrocken in den See hinabplätscherte. Eine Bank stand dort unten an der Mündung, aus Holz, vormals rot gestrichen, doch mittlerweile bröckelte die Farbe an so vielen Stellen, dass das Braun wieder zum vorherrschenden Farbton geworden war. Vor dieser Bank breitete Faye die Wolldecke auf dem Boden aus. Von dort hatte sie einen schönen Blick über den See. Außer ihr und ein paar Vögeln, deren Namen sie nicht kannte, war niemand hier. Sie legte sich auf die Decke und beobachtete die Ameisen, die träge in der Mittagssonne herumliefen. Ein Eichhörnchen kletterte oben auf den Ästen des Ahorns herum, und Faye fragte sich, wie das Leben wohl aussehen würde, wäre man ein Eichhörnchen. Sie trank einen Schluck Wasser, aß von dem Sandwich, sah sich eine ganze Weile die Zeichnung an, die Alex unter der Tür des Ladens hindurchgeschoben hatte.
    Warum, in aller Welt, hatte er das nur getan? Wusste Jennifer Towles davon? Bisher hatte sie sich nie so richtig gefragt, warum er bei dem Konzert aufgetaucht war. Worüber hatte er mit ihr reden wollen?
    Also wirklich. Vergiss ihn!
    Sie blickte von der Zeichnung auf.
    Er hatte seine Chance, und er hat sie verspielt.
    Das Wasser vor ihr schlug sanfte Wellen, gerade so, als bewegte sich etwas unter der Oberfläche. Das Herbstlicht blendete Faye, und sie kniff die Augen zusammen. Die Wellen aber blieben.
    Wir sehen nie, was unter

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