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Die wundersame Reise einer finnischen Gebetsmühle

Die wundersame Reise einer finnischen Gebetsmühle

Titel: Die wundersame Reise einer finnischen Gebetsmühle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arto Paasilinna
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anzustrebenden Produktionsmengen vorzulegen. Die Ingenieure ihrerseits glaubten, dass auch sie am nächsten Tag wüssten, wie und unter welchen Voraussetzungen die Produktion der mechanischen Götter starten könnte. Beide Seiten waren sich bereits einig, dass die Anfangsproduktion eine Million Stück betragen sollte. Die Ingenieure würden bei den anstehenden Verhandlungen auch darlegen, wie die Herstellung vonstattengehen und wie die Mühlen vermarktet werden sollten.
    Später in der Hotelbar entwickelten Kalle und Lauri das Äußere der Gebetsmühle weiter, um es an die Bedürfnisse der indischen Gesellschaft anzupassen. Es schien ihnen angebracht, eine etwas zierlichere Version zu bauen, eine, die sich problemlos an der Lenkstange eines Fahrrades anbringen ließe, sodass der Nutzer sich beim Radeln jederzeit an die Gebetsmühle wenden konnte, etwa wenn er das Gefühl hatte, sich vor Verkehrsunfällen schützen zu müssen.
    Dieser Gedanke gefiel Lauri gut. Er schätzte, dass es in Indien mindestens hundert Millionen Fahrräder gab. Selbst wenn nur jeder zweite Drahtesel mit einer Gebetsmühle ausgestattet würde, bedeutete das auf einen Schlag fünfzig Millionen verkaufter Exemplare.
    Kalle wollte die Gebetsmühle so gestalten, dass sie auch an Rikschas befestigt werden konnte, die es in Indien ebenfalls millionenfach gab. Den Kunden würde es bestimmt gefallen, in solch einer Hindu-Rikscha unterwegs zu sein. Fahrt und Religionsausübung würden sich dabei großartig miteinander verbinden lassen.
    Außer an Fahrrädern und Rikschas müsste die Gebetsmühle natürlich auch in anderen Verkehrsmitteln wie Taxis, Bussen, Booten, Fähren, Schiffen und Passagierflugzeugen installiert werden. Und damit nicht genug, man könnte sie auch in Sportstadien während der Halbzeitpausen laufen lassen, in Klöstern fänden sie natürlich ebenfalls Verwendung, nicht zu vergessen die Schulen, Universitäten und Armeekasernen. Die Mühle sollte zudem Gelegenheit bekommen, ihre Botschaft in Krankenhäusern, Gefängnissen und natürlich in sämtlichen Altenheimen der Welt zu verkünden.

7
    Lauri hatte sich für die Reise das ins Finnische übersetzte Kochbuch Kulinarische Genüsse aus Indien eingepackt. Er schlug Kalle vor, gemeinsam ein kleines Restaurant zu gründen und darin indische Gerichte zu servieren. So würden sie sich das Reisegeld verdienen und hätten gleichzeitig Gelegenheit, Einheimische kennenzulernen. Kalle war von dem Gedanken sehr angetan und gestand, dass er schon immer von einem eigenen Restaurant geträumt habe, und die passende Gelegenheit sei anscheinend gekommen. Die beiden Freunde mieteten im Zentrum der Stadt ein kleines Lokal, das für den Zweck geeignet schien, und kauften das erforderliche Geschirr und die Küchengeräte.
    Ganz so einfach war die Gründung einer gastronomischen Einrichtung in einem fremden Land allerdings nicht. Als Ausländer sahen sich Lauri und Kalle gezwungen, sich durch das Gestrüpp der komplizierten und verzweigten indischen Bürokratie zu kämpfen. Als Erstes mussten sie einen einheimischen Koch einstellen, der gleichzeitig als Strohmann fungierte und auf dessen Namen die Gaststätte offiziell eingetragen wurde. Und das war noch nicht alles. Beide Freunde mussten sich einer ärztlichen Untersuchung unterziehen, mussten ihre Impfausweise und diverse andere Dokumente vorlegen. Die indische Gesundheitsbehörde verlangte außerdem von ihnen die Verpflichtung, in ihrer Gaststätte keine Kinder, keine Personen mit ernsten Erkrankungen und keine unsauberen Bettler zu beschäftigen. Die Gewerkschaften der Branche forderten die Angleichung der Löhne der Mitarbeiter an die geltenden Tarifverträge und die Einhaltung der Arbeitsschutzbestimmungen. Zu allem Überfluss mussten Lauri und Kalle auch noch versprechen, die Angestellten an ihrem Arbeitsplatz oder in den für sie gemieteten Dienstwohnungen nicht zu misshandeln.
    Unfall- und Brandschutzversicherungen galt es abzuschließen, auch waren gesonderte Zeugnisse für die Hygiene der Küche und der Vorratskammer erforderlich. Über den Ausschank von Spirituosen wurde natürlich ein eigenes Protokoll angefertigt und unterzeichnet. Und schließlich mussten sich Lauri und Kalle sogar noch verpflichten, in ihrem Restaurant keine Prostitution zu erlauben oder jedenfalls an ihre Gäste keine Freudenmädchen zu vermitteln.
    Bei all diesen Formalitäten ging so viel Geld für Bestechung drauf, dass der größte Teil vom Anfangsgewinn der

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