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Die wundersame Reise einer finnischen Gebetsmühle

Die wundersame Reise einer finnischen Gebetsmühle

Titel: Die wundersame Reise einer finnischen Gebetsmühle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arto Paasilinna
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kontrollierte die Fahrkarten und wünschte eine gute Reise. Der Mann sprach leidlich Englisch und erklärte ihnen die Vorzüge des Waggons, führte ihnen die Duschen vor und gab Ratschläge für die richtige Einstellung der Sitze.
    Es machte Spaß, sich häuslich einzurichten. Lauri schrieb ein paar Einträge in sein Notizbuch und dachte bei sich, dass es wohl sinnvoll sei, über diese Reise ein Buch zu verfassen und mit den entsprechenden Fotos zu versehen. Vermutlich hätten nicht viele Europäer in ihrem Leben die Gelegenheit zu solch einem Abenteuer. Er und Kalle hatten jedenfalls bis nach China reisen müssen, um in den Genuss des prachtvollsten Zuges der Welt zu kommen.

11
    Die neue Bahnstrecke von Chinas Hauptstadt Peking bis ins tibetische Lhasa war tausend Kilometer lang. Obwohl der Zug außerordentlich schnell war, waren laut Fahrplan anderthalb Tage für die Fahrt vorgesehen. Der Schaffner erzählte, dass der Zug die meiste Zeit auf dem Hochplateau dahinbrauste. An den höchsten Stellen, in fünf Kilometern Höhe, war die Luft so dünn, dass die Waggons, ähnlich wie die Kabinen in Flugzeugen, mit einer Druckregulierung versehen waren und für jeden Reisenden eine Sauerstoffmaske bereitlag. Der Schaffner erklärte die Benutzung und versprach, auf der Hochebene beim Anlegen der Masken zu helfen.
    Es war Morgen. Der Luxuszug startete pünktlich. Er fuhr so gleichmäßig an, dass die Bewegung kaum zu spüren war, aber sowie er die Stadt verlassen hatte, beschleunigte er wie ein Flugzeug. Der Oberkörper der Reisenden wurde gegen die Sitze gedrückt, hinter den Fenstern flitzte die Landschaft vorbei, aber es war kein Rattern von den Rädern zu hören. Die Fahrt war atemberaubend schnell, aber gleichmäßig. Die Waggons waren luxuriös, hochmodern und im neuesten Design eingerichtet. Die Lok hatte eine gewaltige Kraft, die Federung der Waggons und die übrige Technik waren Spitzenklasse. Kalle wusste zu berichten, dass man beim Bau dieser Trasse die Stahlschienen aneinandergeschweißt hatte, sodass sie vom Startbahnhof bis ans Ziel aus einem Stück waren. Er betonte, dass auch in Finnland neue Bahntrassen nach dieser Methode gebaut wurden. Das Rattern der Räder war einfach aus der Mode gekommen, auch wenn viele Reisende fanden, dass es beruhigte und für Atmosphäre sorgte, wie so manches Altbewährte. Wie dem auch sei, dieser chinesische Zug verkörperte Luxus, und er lief trotz der enormen Geschwindigkeit gleichmäßig und fast geräuschlos.
    Lauri erkundigte sich beim Zugbegleiter nach der Spitzengeschwindigkeit. Der Mann im weißen Kellnerjackett erklärte stolz, dass der Zug zweihundert Stundenkilometer fahren könne, aber im Moment, wo es erst einmal in die Hochebene hinaufgehe, seien es nur hundertfünfzig Kilometer je Stunde. Lauri und Kalle fanden auch das schon sehr beachtlich.
    Im Waggon saßen, außer den beiden Finnen, etwa zwanzig Chinesen, anscheinend Beamte auf Dienstreise, außerdem auch ein paar westliche Touristen. Lauri wurde auf einen stillen Mann in mittleren Jahren aufmerksam, einen Chinesen, der zwei Bankreihen entfernt saß und ständig die Gespräche und das Verhalten der Finnen zu verfolgen schien. Er schwieg, und als Lauri seinem Blick begegnete, schaute er weg und musterte die vorbeiflitzende Landschaft. Lauri bekam das Gefühl, dass der Kerl trotz seiner Zivilkleidung ein Staatsbeamter, vielleicht ein Polizist oder Detektiv, wenn nicht sogar ein Mitarbeiter des Geheimdienstes war. Er erzählte Kalle von seiner Vermutung und senkte dabei die Stimme zu einem Flüstern, denn er konnte ja nicht sicher sein, ob der stille Mann womöglich Finnisch verstand. Sollte er wirklich ein Spitzel sein, war es denkbar, dass er auch seltene Fremdsprachen beherrschte.
    Kalle fand, dass sie sich um den seltsamen Typen nicht zu scheren brauchten. Stattdessen hielt er den Augenblick für gekommen, die Gebetsmühle auszuprobieren. Allerdings sei es besser, so meinte er, die Hindu-Andacht in diesem Luxuszug nicht in voller Lautstärke, sondern nur ganz leise laufen zu lassen. So könnten sie kontrollieren, ob die Mühle noch in Ordnung war.
    Alles bestens, das Gerät funktionierte. Lauri und Kalle beschlossen, für die äußere Hülle in der Serienproduktion Leichtmetall oder Plastik zu verwenden. Bisher war der Kasten aus dünnem, wasserfestem Sperrholz zusammengezimmert, und unten am Boden befand sich ein Brett aus guter alter finnischer Fichte. Würde man den Kasten aus leichterem Material

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