Die wundersame Reise einer finnischen Gebetsmühle
weiter benötigen als diese Einheit. Keine zusätzlichen Versorgungs- und Transportwege, keinen einzigen Lkw, keine Baustellenbaracken, keine Hotelzimmer für die Chefs, einfach nichts Zusätzliches. Man müsse den Koloss nur mit genügend Rohmaterial für die Kunststoffherstellung versehen und ihn in Gang setzen. Schätzungsweise werde er etwa fünf, mindestens jedoch drei Kilometer in der Stunde zurücklegen, ebenso viel fertige Straße werde entstehen, und das sei ein revolutionäres Tempo im Straßenbau!
Lauri errechnete, dass auf diese Weise pro Tag etliche Kilometer neuer Autobahn gebaut werden könnten. Kalle machte ihn außerdem darauf aufmerksam, dass das Endprodukt die Umwelt schonen würde, denn das Erdreich unter der Straße würde nicht beschädigt, sondern bliebe so gut wie unversehrt. Lediglich die etwa zehn Meter hohen Stelzen, die die Straße trügen, müssten eingerammt werden, das wäre alles. Es handelte sich also alles in allem um eine mobile Kunststofffabrik, in der vorn ein Bauleiter in seiner Glaskabine thronen und die Arbeit leiten würde wie ein Kapitän oder Steuermann auf der Kommandobrücke eines großen Ozeandampfers. Hinten aus dem Koloss käme eine dampfende mehrspurige Autobahn, die rasch aushärten und fahrtauglich sein würde.
Lauri war voll ehrlicher Bewunderung für die Fantasie des Erfinders. In der Tat, wenn diese bemerkenswerte Baueinheit eines Tages in Betrieb genommen würde, könnte mit ihrer Hilfe der Autoverkehr der ganzen Welt in zehn Meter Höhe verlagert werden. Dann wäre es vorbei mit den heutigen schweren Fahrbahnen, die irrsinnig teuer waren und deren Bau selbst bei einer kurzen Strecke Jahre dauerte.
Mitten hinein in die großartigen Planungen strömte schwacher Rauchgeruch. Sonderbar … wie konnte das in dieser klimatisierten Luxuskabine möglich sein?
Im Hochland von Tibet wütete ein großes Buschfeuer, entstanden auf den vom heißen Sommer ausgedörrten Weiden und ausgelöst womöglich durch die glimmende Zigarette eines nachlässigen Hirten oder durch Funkenflug vom Lagerfeuer der Yakführer, die mit ihren Tieren gerastet hatten. Das Feuer hatte sich mit der Geschwindigkeit wilder Pferde über das windige Hochland ausgebreitet, und keiner der Menschen, die hier wohnten oder unterwegs waren, hatte auch nur die geringste Chance, die Feuersbrunst zu löschen.
Der Luxuszug drosselte die Geschwindigkeit und blieb schließlich stehen. Jetzt konnten alle sehen, was los war. Eine Feuerfront näherte sich der neuen Trasse, und es war zu befürchten, dass sie die Gleise überqueren und dabei auch den Zug versengen würde.
Der Zugbegleiter zeigte nach wie vor sein ewiges Lächeln, obwohl die Situation unerwartet und gefährlich war. Er verteilte saubere Wattefilter für die Sauerstoffmasken. Falls von draußen aus dem Brandgebiet Rauch ins Belüftungssystem eindringen würde, sollten die Reisenden ihre Sauerstoffgeräte abschalten und das Personal zu Hilfe rufen. Für alle Fälle wurden sämtliche Türen des Zuges geöffnet, und obwohl Rauch in die Waggons drang, kam auch frische Luft herein. Das Atmen war trotzdem beschwerlich, denn man befand sich im Hochgebirge, schätzungsweise mehr als viertausend Meter über dem Meeresspiegel. Hier war die Luft so dünn, dass die Reisenden ständig ihre Sauerstoffmasken hätten tragen müssen, aber der dichte Rauch verhinderte es. Einige ältere Leute litten unter akutem Sauerstoffmangel, und das Personal forderte sie auf, sich in ihren Sesseln hinzulegen.
Der Buschbrand breitete sich rasch aus. Die Feuerwalze war höchstens einen Meter, stellenweise vielleicht zwei Meter hoch, aber sie war dicht und erstaunlich heiß. Was ihr in den Weg geriet, hatte keine Chance, alles Lebende wurde vernichtet, alles Trockene und Tote verbrannt. Scharen von Großtieren flüchteten vor dem Feuer: Wildpferde, Yaks, Kamele und verschreckte Schafe. Auch die kleineren Lebewesen versuchten, sich in Sicherheit zu bringen: Kaninchen, Murmeltiere, Ratten, Mäuse … alle versuchten ihr Leben zu retten, während die Feuerwalze, aus dem fernen Nordosten kommend, in südwestlicher Richtung vorwärtspreschte. Viele der bedauernswerten Tiere schafften die Flucht nicht, sondern wurden von den Flammen eingeholt und starben einen qualvollen Tod.
Als die Glut bereits die Außenwände der Waggons bedrohte, bereitete sich Kalle auf Löscharbeiten vor. Er holte sich aus dem Abstellraum einen Feldspaten, eine Axt und einen Blecheimer, zog sich Sporthosen
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