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Die wundersame Reise einer finnischen Gebetsmühle

Die wundersame Reise einer finnischen Gebetsmühle

Titel: Die wundersame Reise einer finnischen Gebetsmühle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arto Paasilinna
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beten und Rettung aus dieser Not zu erflehen. Als Lauri unlängst in lebensgefährlicher Situation im Finnischen Meerbusen hatte verweilen müssen, hatte er viel über religiöse Fragen und den Trost des Gebetes nachgedacht. Damals hatte es einen Anlass gegeben, und jetzt gab es ihn wieder: den Kampf ums nackte Überleben. Kalle, der trotz aller Unannehmlichkeiten weiter auf sein Schicksal vertraute, äußerte sich positiv, war zuversichtlich, dass man sie nicht zum Tode verurteilen und hinrichten würde. Immerhin waren sie Ausländer, stammten aus dem friedlichen Finnland.
    Lauri erinnerte sich jedoch, dass die Chinesen schon mehrmals im Verlauf ihrer langen Geschichte Ausländer getötet hatten, und zwar zielgerichtet.
    Kalle schaltete die Gebetsmühle ein und ließ sie eine hinduistische Andacht johlen, die den eingefleischten Lutheranern jedoch nicht viel sagte. Die beiden bekamen das Gefühl, dass sie keinen richtigen Glauben und keinen Draht nach oben besaßen, über den sie Hilfe erhoffen konnten. Sie befanden sich in China, genauer gesagt in Tibet, und zu allem Überfluss hinter Gittertüren.
    In ihren engen Zellen murmelten die beiden Männer das allseits bekannte Abendgebet:
    »Vater lass die Augen dein über meinem Bette sein …«  
    Es erleichterte sie wenigstens ein bisschen, aber noch mehr besserte sich ihre Stimmung, als Lauri den Vorschlag machte, Kalle möge doch einen ganz neuen Glauben erfinden, da die gegenwärtigen Weltregionen und vor allem die Ideologien veraltet und purer Mist seien.
    »Fang an nachzudenken, du bist doch Erfinder. Ich erschließe den Markt, wenn du die Religion fertig hast.«  
    Kalle erklärte, dass die Entwicklung einer neuen Religion eine gewaltige Herausforderung sei, so etwas klappe nicht im Handumdrehen. Schließlich sei auch der christliche Glaube über mehrere Jahrtausende hinweg entwickelt worden. Ein gewöhnlicher finnischer Pfiffikus stoße eben auch an seine Grenzen.
    Er erkundigte sich noch, ob er auch gleich einen neuen Gott erfinden müsse. Lauri fand, dass ihre gemeinsame Religion keine Götter brauchte. Die Götter der herrschenden Religionen waren Gestalten, die große Macht besaßen, rachsüchtig waren und schlimmste Leiden veranlassten. Sie waren auf dem besten Weg, den ganzen Erdball zu vernichten – sie führten die Menschheit zwar nicht in einen dritten Weltkrieg, aber doch auf jeden Fall in eine Ökokatastrophe.
    »Ich muss meine grauen Zellen ein bisschen auf Touren bringen«, erklärte Kalle. Er betonte allerdings, dass es schwierig sei, eine Religion zu entwickeln, die ohne Gott auskommen würde.
    »Aber ich habe in meinem Leben auch schon verrücktere Erfindungen gemacht.«

15
    An ihrem zweiten Hafttag holte man Lauri und Kalle zum Verhör. Sie waren ein wenig überrascht, dass es von jenem Mann geleitet wurde, der mit ihnen auf der Bahnfahrt, bis zu dem Buschbrand, im selben Waggon gereist war. Er gehörte tatsächlich der chinesischen Staatssicherheit an und hatte die Aufgabe gehabt, das Duo unterwegs und auch in Lhasa zu beschatten. Nun trat er ganz offen auf, er musste seine Funktion nicht mehr verheimlichen.
    Es gab insgesamt drei vernehmende Beamte, neben dem Geheimdienstler noch einen Sekretär und einen Dolmetscher, der überraschend fließend Finnisch sprach. Er war seinerzeit während Maos Herrschaft von Finnland nach China gereist, hatte dort studiert und war im Land geblieben. Ursprünglich war er Journalist gewesen, dann hatte er eine maoistische Erweckung erfahren und sich unter diesem Eindruck in das ferne Land aufgemacht. Das war jetzt mehr als dreißig Jahre her. Inzwischen war der Mann bereits weit über sechzig.
    In Finnland hatte Teppo N. als jugendlicher Eiferer an den Märschen der Stalinisten teilgenommen, hatte die rote Fahne geschwenkt und den baldigen Sieg der sowjetischen Wirtschaft über die der USA verkündet, sodass auch die finnischen Kapitalisten gezwungen sein würden, den Stoßtrupps der Roten zu gehorchen. Teppo N. war in seiner Jugend ein schmucker Bursche gewesen, hatte unter den Studentinnen zahlreiche Verehrerinnen gehabt. Sein revolutionäres Charisma war allerdings geschwunden, als er sich damit begnügte, auf den ausbleibenden Umsturz zu warten. Die Chinesen packten die Sache zügiger an, und so entdeckte Teppo seine politische Heimat im Maoismus. Mit Maos Kleinem rotem Buch in der Hand verkündete er, dass die Sowjetunion die Hoffnungen der roten Arbeiter getäuscht habe, dass man aber in Maos

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