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Die Wurzeln des Himmels: Metro 2033-Universum-Roman (German Edition)

Die Wurzeln des Himmels: Metro 2033-Universum-Roman (German Edition)

Titel: Die Wurzeln des Himmels: Metro 2033-Universum-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tullio Avoledo
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und ich will Sie nicht enttäuschen.«
    Als wir die Engelsburg erreichten, betraten wir sie nicht durch den Haupteingang, denn der war versperrt. Wir nahmen den Nebeneingang links vom Haupttor, das auch einem Angriff standgehalten hätte. Durch diese Tür schoben wir unsere Einkaufswagen in die Engelsburg. Kennen Sie ihre Geschichte? Ganz zu Anfang war sie keine Festung, sondern das Grab von Kaiser Hadrian, sein Mausoleum.
    Ganz oben gab es ein Café.
    Die Kühlschränke dort funktionierten nicht mehr – in der ganzen Stadt gab es keinen Strom. Guidi sagte, zuerst sollten wir die Lebensmittel in den Kühltruhen essen, solange sie noch genießbar waren.
    Die Engelsburg ist über zweitausend Jahre alt, und vielleicht übersteht sie zwei weitere Jahrtausende, oder noch mehr. Ihre Schäden halten sich in Grenzen: einige Karniese, hier und dort ein Türmchen.
    In jener Nacht kletterten wir aufs Dach und sahen uns Rom an.
    Es war nicht ganz dunkel, denn sonst hätten wir nichts gesehen. Das Licht stammte von den Feuern, die überall in der Stadt brannten.
    Große Flammen züngelten dort, wo Gasleitungen geplatzt waren …
    Stumm hörten wir zu, als Hauptmann Guidi die Einzelheiten des Weltuntergangs schilderte.
    Kardinal Albani bat uns, ihm beim Niederknien zu helfen, woraufhin er den Kopf senkte und betete. Mit gefalteten Händen flehte er Gott an, die Ewige Stadt und seine Bewohner zu segnen.
    Nicht ein Mal ging sein Blick zum Vatikan.
    Meiner schon.
    Die große Kuppel, von den Römern liebevoll »Cupolone« genannt, war eingestürzt. Die beiden Kolonnaden Berninis am Petersplatz sahen aus wie die Arme eines Leichnams, der die Stadt umarmen wollte.
    Am östlichen Himmel sah ich etwas Seltsames, ein Glühen in der Art eines Polarlichts.
    Es war schön und grausig zugleich.
    Wir kehrten in die Burg zurück. Über Monate hinweg verließen wir sie nicht.
    Andere kamen zu uns. Angelockt von dem Schild, das Albani trotz der Einwände von Hauptmann Guidi am Haupttor hatte befestigen lassen:
    AUFFANGLAGER.
    LEBENSMITTEL, WASSER.
    KLOPFT AN, UND EUCH WIRD GEÖFFNET.
    Ich half bei der Übersetzung ins Französische und Englische.
    »Warum nicht auch Russisch und Japanisch?«, hatte Guidi ironisch gefragt und den Kopf geschüttelt.
    Ich weiß nicht, was er befürchtete. Vielleicht eine Invasion von Verzweifelten.
    Tatsächlich klopften nur wenige Leute an unsere Tür. Sie kamen einzeln, und unter ihnen waren nicht die Halunken, die Guidi befürchtete. Es waren einfach nur Menschen, die sich Hilfe erhofften, viele von ihnen Touristen. Die Römer, die zuerst in ihren Häusern und Wohnungen geblieben waren, bis ihre Vorräte zur Neige gingen, verließen die Stadt und flüchteten aufs Land. Guidi hielt das für falsch. Er deutete zum Himmel, der immer grau war von niedrigen Wolken, aus denen eine Mischung aus Schnee und Asche fiel.
    »Sie werden auf dem Land nichts finden, und außerdem sind es zu viele.«
    Albani betete auch für sie.
    In jenen Tagen mangelte es gewiss nicht an Personen, für die man beten konnte.
    Aber all unser Beten änderte nichts, und schließlich hörten wir auf damit. Außer Albani. Sein Glaube war ebenso rührend wie nutzlos.
    Die Flüchtlingskolonnen, die wir auf der anderen Seite des Tiber sahen, wurden immer kleiner, und schließlich waren nur noch einige Grüppchen am Fluss entlang in Richtung der Brücke Vittorio Emanuele II. unterwegs. Die in Lumpen gehüllten Männer und Frauen wollten zum Vatikan, weil sie hofften, dort Hilfe zu finden.
    Wir verstanden nicht, warum sie unserem Angebot, sie bei uns aufzunehmen, überhaupt keine Beachtung schenkten, bis Albani eines Tages beschloss, nach draußen zu gehen. So sehr Guidi auch dagegen protestierte, es wurde eine »Expedition« organisiert, mit dem Auftrag, einen Kilometer weit in die Stadt vorzustoßen.
    Das Ergebnis war die Entdeckung von zwei Schildern, auf denen in zehn Sprachen geschrieben stand: BRÜCKE VERMINT und HALTET EUCH FERN .
    Um diesen Worten Nachdruck zu verleihen, hatte jemand zwei abgeschlagene Köpfe, den eines Mannes und den einer Frau, an den Hälsen der beiden Engel befestigt, die den Beginn der Brücke zieren.
    Albani war außer sich. Er sorgte dafür, dass die Schilder entfernt und die Köpfe begraben wurden, und er warf Guidi vor, hinter dieser Sache zu stecken, aus reinem Egoismus, um die Vorräte an Lebensmitteln und Wasser mit niemandem teilen zu müssen.
    Guidi stritt das ab und war dabei so überzeugend, dass Kardinal Albani

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