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Die Wurzeln des Himmels: Metro 2033-Universum-Roman (German Edition)

Die Wurzeln des Himmels: Metro 2033-Universum-Roman (German Edition)

Titel: Die Wurzeln des Himmels: Metro 2033-Universum-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tullio Avoledo
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stehen und hebe die Hand zum Kopf.
    Vielleicht habe ich zu viel von dem Wein getrunken. Ich bin nicht mehr an Alkohol gewöhnt. Pochender Schmerz breitet sich in meinem Kopf aus, und hinzu kommt eine Übelkeit, auf die ich nicht zu achten versuche. Ich schnuppere, als hätte ich einen unangenehmen Geruch wahrgenommen.
    Adèle richtet einen verwunderten Blick auf mich.
    »Nach dir«, sage ich und überlasse ihr mit einer Geste den Vortritt, die galant wirken soll, mir aber nur das Gefühl gibt, sehr ungeschickt zu sein.
    Adèle lächelt, geht die drei Stufen hoch und öffnet die Tür.
    Helles Tageslicht fällt auf den Treppenansatz und überrascht uns.
    Kalter Wind packt uns wie ein höllisches Wesen aus Eis. Er stößt Adèle zurück, und sie verliert das Gleichgewicht und fällt. Die Lampe rutscht ihr aus der Hand und zerbricht auf dem Boden. Sofort züngeln Flammen und drängen die Dunkelheit noch weiter zurück.
    In der Tür erscheint ein unglaubliches Wesen.
    Der Körper ist glatt und schwarz, hat einen fast metallischen Glanz. Die Arme sind lang und enden in schrecklichen Klauen. Das Gesicht erscheint mir seltsam leer, aber trotzdem spüre ich den Blick des Wesens, und er scheint bis in mein Innerstes zu reichen, bis in den Kern meiner Seele.
    Und der Blick bewegt sich in mir, dreht meine Gedanken und Gefühle, betrachtet sie von allen Seiten.
    Ich konzentriere mich auf ein Gebet, um mich zu schützen und das Fremde aus mir zu vertreiben.
    Gegrüßet seist du, Maria, voll der Gnade …
    Was auch immer mein Bewusstsein festhält, sein Griff lockert sich.
    Ich werde wieder Herr meiner Sinne und sehe, wie das Wesen die kurze Treppe herabkommt und sich Adèle zuwendet, die es entsetzt anstarrt.
    Du … bist … die Frau …
    Das Wesen hebt den Arm und richtet die Klauen auf Adèle. Die Worte kommen nicht aus seinem Mund, falls es überhaupt einen hat, aber trotzdem höre ich sie ganz deutlich.
    Hab keine Angst, ertönt eine andere Stimme in meinem Kopf, eine Stimme, die einem Kind zu gehören scheint. Es kostet mich große Mühe, ihr zu widerstehen.
    Ich bücke mich und hebe die Maschinenpistole auf, die ich fallen gelassen habe.
    Die Flammen erhellen den Rücken des Wesens.
    Es ist so hell, dass man das Geschöpf unmöglich verfehlen kann.
    Ich hebe die Waffe und entsichere sie.
    Nicht schießen, flüstert die hypnotische Stimme.
    Der Lauf der Maschinenpistole senkt sich, als hätte er einen eigenen Willen.
    Nicht schießen …
    In diesem Augenblick schreit Adèle.
    Der Schrei befreit mich aus der Starre.
    Erneut hebe ich die Schmeisser, drücke ab und jage dem Geschöpf einige Kugeln in den Rücken.
    Sie reißen fünf oder sechs Löcher in den insektenhaften Körper.
    Das Wesen dreht sich, und orangefarbener Flammenschein tanzt über seinen Leib.
    Es richtet eine Fingerklaue auf mich. Vielleicht will es sprechen, aber in diesem Augenblick rattert eine andere automatische Waffe und zerfetzt ihm den Kopf.
    Die dunkle Kreatur sinkt zu Boden. Zwei Soldaten sind sofort zur Stelle, richten ihre Maschinenpistolen auf das Geschöpf und feuern erneut.
    Feldwebel Wenzel löscht das von der zerbrochenen Öllampe entzündete Feuer.
    »Alles in Ordnung?«, ruft Durand und hilft Adèle Lombard auf die Beine. Dann dreht er sich wütend zu mir um.
    »Was zum Teufel hast du gemacht, Priester? Geschlafen? Warum hast du nicht sofort geschossen?«
    Mir bleibt keine Zeit für eine Antwort. Wieder erklingt ein Schrei, diesmal auf dem Dachboden.
    Durand und Diop springen die Treppe hoch, ihre Maschinenpistolen im Anschlag.
    Schüsse knallen, ohrenbetäubend laut; das Mündungsfeuer der Schmeisser flackert über die Wände. Wenzel wirft die Decke beiseite, mit der er gerade das Feuer erstickt hat, und folgt den beiden anderen Männern.
    Doch der Kampf auf dem Dachboden scheint bereits vorbei zu sein. Plötzlich herrscht Stille, und ich wage kaum zu atmen.
    Mit einem Rauschen in den Ohren bringe ich die drei Stufen hinter mich.
    Ich erwarte das Schlimmste.
    Aber Jegor lebt. Er sitzt auf dem Boden, die Augen weit aufgerissen, die Arme schlaff an den Seiten, das Gesicht apathisch. Eines der Fenster scheint nach draußen explodiert zu sein; von dort kommt das Tageslicht, hell und gefährlich.
    Adèle beugt sich über den reglosen Jegor Bitka. Sie fühlt seinen Puls und sieht sich die Augen an.
    Ich gehe wie hypnotisiert zum Fenster.
    Es ist nicht von einer Explosion zerstört worden – nirgends zeigen sich Brandspuren, und es riecht auch

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