Die Wurzeln des Himmels: Metro 2033-Universum-Roman (German Edition)
Korporal Rossi und versuche, an nichts anderes zu denken.
Vielleicht ist es ein Verbrechen, so guten Wein aus Plastikbechern zu trinken. Doch wir leben in einer Zeit, die schlimmere Verbrechen gesehen hat.
Wir alle schweigen, als Rossi mit der Behutsamkeit eines Chirurgen den Korken löst.
Schließlich ist die Flasche offen.
Der Korporal gibt einen Fingerbreit Wein in seinen Becher.
Dann probiert er den Wein und behält ihn einige Sekunden lang im Mund, bevor er schluckt.
»Ist er gut?«, fragt Diop und hält ihm seinen Becher entgegen.
Rossi antwortet nicht.
Er steht auf und geht in die Küche.
Dort sucht er in den Schränken und kehrt schließlich mit acht Kelchgläsern zurück.
Er stellt sie in die Mitte des Tisches. Erstaunlicherweise sind sie sauber und intakt. Ihr Anblick, und der des dunklen, glitzernden Weins in ihnen, rührt uns so sehr, dass niemand von uns einen Ton von sich gibt. Der Moment hat etwas Magisches. Dieser Wein stammt von Trauben, die vor dreißig Jahren wuchsen, als die Sonne ein Geschenk war, keine Bedrohung, als die Welt grün war und nicht tot und öde.
Ich hebe mein Glas. Der Wein schwappt von einer Seite zur anderen und fängt das Licht ein. Ich hebe das Glas zum Mund und trinke einen Schluck.
Wie soll ich das Gefühl beschreiben? Es ist eine Art mystische Kommunion, nicht mit Gott, sondern mit der Vergangenheit. Mit der Welt des Lichts und der Wärme, die hinter uns liegt und die wir nur in solchen Momenten wiederfinden, wenn ein Feuer im Kamin knistert und uns köstlicher Wein an die Schönheit einer verlorenen Epoche erinnert.
Niemand spricht ein Wort. Wir schweigen lange und trinken den Wein still und stumm, während jeder von uns eigenen Erinnerungen nachhängt. Das Essen liegt uns plötzlich schwer im Magen und scheint so gar nicht zu dem Nektar in unseren Gläsern zu passen.
Wir alle sind gerührt und denken voller Sehnsucht an eine Welt, die nie zurückkehren wird.
Schließlich räuspert sich Durand.
»Jemand von uns sollte Jegor ein Glas bringen.«
»Er ist im Dienst«, wendet Wenzel ein.
»So streng brauchen wir nicht zu sein. Also, wer bringt ihm das Glas?«
Ich stehe auf.
»Du, John?«
»Warum nicht?«
»Wie du willst. Einfach die Treppe hoch. Und sei nicht zu leise, bevor du eintrittst. Jegor schießt erst und stellt später Fragen.«
»Und Bune?«
»Was ist mit ihm?«
»Für ihn kein Wein?«
»Soldat Bune hat Strafe verdient. Und wir sollten uns besser nicht dem Tageslicht aussetzen.«
Ich habe mich erneut davon täuschen lassen, dass kein Licht durch die Fenster kommt. Mir fällt die Vorstellung schwer, dass die Welt jenseits der Fensterläden hell ist – ich stelle sie mir immer dunkel vor, vielleicht auch deshalb, weil ich sie gar nicht anders kenne. Es ist Nacht, wenn wir schlafen, und es ist Nacht, wenn wir draußen unterwegs sind. Wir scheinen auf einem Planeten ohne Tag zu wohnen.
Ich nehme die Flasche und ein Glas und habe fast die Tür erreicht, als Adèle Lombard aufsteht.
»Ich komme mit.«
Rossi und Greppi wechseln einen Blick und ein halbes Lächeln, das jedoch sofort von ihren Gesichtern verschwindet, als Durand sie ansieht.
»Danke, aber das ist nicht nötig.«
»Du hast die Hände voll und brauchst jemanden, der für dich leuchtet.« Adèle nimmt eine Öllampe.
»Na schön. Gehen wir.«
17
DER DACHBODEN
Die Innenwände des Gebäudes sind uralt und stellenweise so rau wie die Haut eines Krokodils.
Es gibt nicht eine gerade Wand, nicht eine Kante. Alles ist von Hand erbaut, mit den Unregelmäßigkeiten, wie sie für häufige Restaurierungen und Umbauten typisch sind. Helle Stellen zeigen sich dort, wo einst Bilder und dekorative Objekte hingen. In einigen Zimmern, durch die wir kommen, haben abgenommene Kreuze ihre Spuren an den Wänden hinterlassen. Die Konturen zeigen sich im Licht von Adèles Lampe, die sie nur senkt, wenn sie an der Festigkeit der Stufen vor uns zweifelt.
Still gehen wir durch die leeren Flure mit den dunklen Zimmern. Sie sind mir unheimlich, diese Zimmer; schwarzes Nichts scheint in ihnen zu lauern.
Adèle geht dichter neben mir, als verspräche sie sich Sicherheit von meiner Präsenz.
Das Geräusch des Windes kommt durch die geschlossenen Fensterläden. Es ist ein starker Wind, und sein Heulen ähnelt den Stimmen von Wölfen.
Drei Stockwerke gehen wir hoch und erreichen dann einen großen Treppenabsatz, von dem drei hölzerne Stufen zur Tür des Dachbodens führen.
Vor den Stufen bleibe ich
Weitere Kostenlose Bücher