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Die Yoga-Kriegerin

Die Yoga-Kriegerin

Titel: Die Yoga-Kriegerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ana T. Forrest
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Baumstumpf?«
    Lücke, Lücke, Lücke. Etwas auf meinem Hals. Würgen.
    Nichts davon ergab einen Sinn.
    »Wir bekommen immerhin Informationen. Das ist in Ordnung«, versicherte mir Dr. Netherton. »Die Erinnerungslücken könnten Drogen sein. Es könnte sein, dass Sie bewusstlos waren. Wir werden damit arbeiten, bis wir etwas finden.« Ich war skeptisch. Erinnerungen begannen aufzusteigen.
    Ich krieche im Freien über einen Drahtgittertisch. Ich bin verrückt vor Hunger. Ich brauche so dringend etwas zu essen, ich würde alles essen, alles. Ich strecke die Hand nach Salz- und Pfefferstreuer aus. Das kommt Essen noch am nächsten.
    Ich weine, schnappe hysterisch nach Luft.
    Ich bin ungefähr sechs Jahre alt. Ich trage ein weißes Kleid mit aufgestickten Blumen. Ich bin so, so hungrig. Wir sind in einer Art Hütte. Der Mann kommt.
    Es ist schrecklich, aber endlich ist es vorbei. Der Mann hat mich gewaschen und sauber gemacht. Ich habe das weiße Kleid an. Er strei chelt mir über den Kopf. Ich schließe meine Augen und entspanne mich innerlich. Ich sage mir: Es ist vorüber. Es ist vorüber. Und dann sagt der Mann: »Siehst du, sie genießt es.«
    Stück für Stück, ganz langsam, tauchte ein Bild auf. Jetzt verstand ich, warum ich Weiß immer gehasst hatte, mich weigerte, es zu tra gen. Später erfuhr ich, dass mich mein Schänder nicht essen ließ, wenn ich nicht folgsam war; kein Wunder, dass ich diese Flashbacks von einem nagenden, verzehrenden Hunger hatte. Ich habe auch erfahren, dass man mich häufig während meines Missbrauchs unter Drogen gesetzt hatte, weshalb ich so wahnsinnig viele Erinnerungslücken habe.
    Während ich in Therapie war, verliebte ich mich in einen wunderbaren Mann namens John, und wir heirateten. Ich ging nach Hause und erzählte John alles basierend auf diesen Bildern, die mir bei Dr. Netherton hochkamen. Es war demütigend, aber ich wollte diese Wand des Schweigens brechen. John hörte geduldig zu, Tränen liefen ihm über das Gesicht, aber keiner von uns beiden wusste, was wir mit diesen schrecklichen Informationen anfangen sollten.
    Als ich während meiner Sitzungen bei Dr. Netherton die Dinge mehr und mehr zuordnen konnte – wie die Starre und die Drogen in meinem Körper gespeichert wurden –, erlebte ich noch unan­ genehmere Empfindungen, oft einen brennenden Schmerz ein oder zwei Tage später. Sobald mein Körper zum Teil gelernt hatte, aus der Starre herauszutreten, schien er bereit zu sein, mir eine weitere Scheußlichkeit zu offenbaren. Ich wusste nicht, was ich diesbezüg lich fühlen oder glauben sollte, ich verstand nur, dass es wahr war.
    Au! Jemand hat mich mit einem scharfen Gegenstand da unten geschnitten. Es tut so weh!
    Bei dieser Erinnerung sprang ich von der Couch. Später an diesem Tag ging ich in einen Schönheitssalon, um mich für ein Fotoshooting wachsen zu lassen, bei dem ich in sehr spärlicher Yogakleidung posieren sollte. Die Kosmetikerin riss die Wachsstreifen von meiner Bikinizone und tupfte den enthaarten Bereich mit einem schmerzlindernden Mittel ab.
    Sie schaute mich mit einem prüfenden Blick näher an und runzelte die Stirn. »Woher haben Sie diese Narbe?«, fragte sie mich. Ich fuhr hoch, um nachzusehen. Sie zeigte mir eine alte haarfeine Narbe neben meinen Genitalien. Ich hatte eine schockierende Offenba rung: Es stimmt. Diese Erkenntnis katapultierte mich in die nächste: Ich hielt immer noch den Schmerz, den Verrat, das Grauen zurück. Es stimmt. Das ist mir wirklich passiert.
    Ich war nicht verrückt – was man mir angetan hatte, war verrückt. Ich hatte diese Hölle durchlebt. Jetzt ergaben all meine Ängste und Albträume einen Sinn.
    Wie sollte ich mit dieser grauenhaften Wahrheit leben können? Die Selbstverachtung war eine Flutwelle. Als Kind war mir gesagt worden, dass ich verabscheuungswürdig sei, dass alles Böse, das mir zustoßen würde, meine eigene Schuld sei. Diese ganzen falschen Überzeugungen warfen mich immer wieder zu Boden; ich war noch nicht in der Lage, sie zu verarbeiten. Die Annie, die versucht hatte, in den Tod zu springen, kam mit voller Kraft zurück. Ich lebte in neuer, lähmender, panischer Angst vor meinem Schänder. Es brachte mich zurück in eine Zeit, als ich klein war, als Sklavin meiner wahnsinnigen Mutter.
    Es gab Augenblicke, in denen diese Mauer der Verachtung wegzubröckeln begann. Für einen Moment war ich in der Lage, einen Sonnenstrahl ohne diese tiefen Schichten der Schmach zu sehen. Dann auf einmal

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