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Die Yoga-Kriegerin

Die Yoga-Kriegerin

Titel: Die Yoga-Kriegerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ana T. Forrest
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meinem Bettlaken zu finden. Mein Mund fühlte sich ausgedehnt und wund an, meine Zunge brannte. Hatte ich im Schlaf einen epileptischen Anfall gehabt und mir dabei auf die Zunge gebissen? War es orale Vergewaltigung? Hatte man mich unter Drogen gesetzt, während ich vergewaltigt wurde? Blutete ich aufgrund einer Verletzung von der Arbeit mit den Pferden? All diese Möglichkeiten machten es umso vieles schwieriger, die Wahr heit über den Missbrauch festzustellen und diese Verwirrung zu durchdringen. Es war frustrierend – und erschöpfend. Doch dieses Schlüsselerlebnis gab mir wenigstens Grund zur Hoffnung, dass ich vielleicht in der Lage sein würde, die Epilepsie hinter mich zu bringen, die mich immer noch von Zeit zu Zeit quälte.
    Damals, als ich mit Ganga zusammengelebt hatte, hatte ich ge lernt, wie ich die Anfälle kontrollieren konnte. Das war harte Arbeit gewesen, aber besser als das Dilantin, das meinen Körper schwerfällig machte und mein Gehirn benebelte. Gegen die Anweisungen des Arztes hatte ich Dilantin abgesetzt und angefangen, mich an meine Epilepsie heranzupirschen. Es hatte zwar Jahre gedauert, aber ich hatte es satt, immer im Opfermodus zu leben. Ich dachte, dass es eine Art Signal geben musste, das dem Anfall vorausging und das ich übersah, also begann ich danach Ausschau zu halten. Ich stellte fest, dass ich unmittelbar vor einem Anfall besonders ungeschickt und benommen war. Wenn jemand mit mir sprach, musste ich mich total darauf konzentrieren, die Wörter zu einem Satz zusammenzusetzen, und wenn ich das endlich geschafft hatte, war der Sprecher bereits beim nächsten Satz.
    Wenn ich benommen war, war ich am wenigsten einfallsreich. An fangs bekam ich Panik, wenn ich ein Anzeichen für einen Anfall wahrnahm: Oh mein Gott, er kommt . Irgendwann beschloss ich, die Dinge neu zu sehen: Kann ich ihn besiegen? Beim ersten Anzeichen dieses elektrischen Gewitters in meinem Kopf ließ ich alles stehen und liegen und zog die Energie aus meinem Kopf, indem ich tief at mete, meine Füße massierte oder herumlief. Ich trank literweise Kaffee, der mich auf eine Drehzahl hochjagte, die außerhalb der Reichweite der Epilepsie lag. Als ich das erste Mal erfolgreich einen Anfall eingedämmt hatte, machte ich gerade Yoga, als ich versehentlich gegen meinen Hinterkopf trat, genau dorthin, wo mein Schänder mich getroffen hatte, als ich ein kleines Mädchen gewesen war. Mein Körper versuchte, einen Anfall zu bekommen. Ich konnte spü ren, wie mein Wesen versuchte, aus meinem Körper zu springen, doch ich schnappte es mir wie Peter Pan, der seinen Schatten wieder an seinen Körper heranzieht. Es war ein intensiver Kampf, hin und her, hin und her, bis das elektrische Gewitter vorüberzog. Ich blieb bei Bewusstsein und hatte mich nicht gebissen. Ich hatte danach zwar immer wieder mal einen Anfall, doch ich bekam das Gefühl, dass es da einen Teil in meinem Gehirn gab, den ich festhalten konnte, wie eine stramme Spiralfeder, die so lange harmlos war, wie ich meinen Griff nicht locker ließ.
    Mit Dr. Netherton begann ich, diese Feder meiner Epilepsie zu lockern. Während wir meine Missbrauchserinnerungen erforschten, erlebte ich heftige körperliche Reaktionen, während die Emotionen mich aufwühlten. Dr. Netherton brachte mir bei, durch die Angst hindurchzuatmen. Er ermutigte mich, anhaltend quälende Gedan ken aufzuspüren, sodass wir sie während unserer Sitzungen erfor schen konnten. Wenn ich nicht aufhören konnte, Dinge wie Ich bin nur ein Schandfleck auf dieser Erde oder Ich wiege 61 Kilo, ich verdiene es, zu sterben zu denken, war das ein Zeichen, dass wir einer Sache auf der Spur waren. Dr. Netherton half mir, diese traumati­sierenden Gedanken mit den endlosen Diskussionen über meinen Wert und meine Wertlosigkeit in Verbindung zu setzen, die ich zufällig zwischen meinen Schändern mitangehört hatte. Ich begann zu begreifen, dass alle meine Überzeugungen, sowohl zu viel als auch nicht genug zu sein, von diesen Erlebnissen herrührten, als ich so klein und hilflos war. Jede Situation, die mich in diesen Geisteszustand brachte – Ich bin ein Schandfleck –, war ein Trigger, ein Auslöser. Es warf meinen großen, erwachsenen Körper in den ängstlichen Zustand dieses jungen, hilflosen, verängstigten kleinen Mädchens. In dieser geistigen Verfassung konnte ich auf alles und jeden um mich herum einschlagen. Ich musste erkennen, woher diese lähmende Überzeugung kam, und sie bis zu ihrem Ursprung

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